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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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ein Schatten vor die Sonne. Und mit ihm kamen die Erinnerungen. Karini blinzelte und erkannte, als sich ihre Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, Misi Erika, die sich nun über sie beugte. »Karini, meine Güte? Was ist denn passiert?«
    Karini war froh, sie zu sehen. Sie setzte sich auf und nahm dankbar ein Glas Wasser entgegen. Dann sah sie, dass auch Masra Wim an ihr Bett trat. Er sagte nichts, sein besorgter Blick aber sprach Bände.
    Misi Erika setzte sich auf die Bettkante und nahm KarinisHand. »Und jetzt erzählst du uns, was passiert ist und warum … warum du so aussiehst.«
    Karini ließ sie gewähren, die Nähe tat ihr gut. Wie von selbst begann sie zu sprechen. Sie hörte ihre eigene Stimme wie aus weiter Ferne, die von all dem berichtete, was passiert war: von dem sich stetig verschlimmernden Zustand der beiden Kranken, von ihrer Beobachtung, als Masra Pieter Sarina ein Mittel verabreicht hatte, von Masra Pieters Schlägen und von seinen Drohungen; von ihrer nächtlichen Flucht nach Rozenburg und schließlich davon, dass ihre Mutter sie jetzt in die Stadt geschickt hatte. Das Wissen um ihren leiblichen Vater behielt sie für sich. Es lastete wie ein großer schwarzer Fleck auf ihrer Seele, und sie wusste noch nicht, wie sie damit umgehen sollte.
    Als sie geendet hatte, herrschte einige Minuten vollkommene Stille. Misi Erika war sichtlich betroffen und streichelte immer wieder Karinis Hand.
    Masra Wim begann, unruhig im Zimmer auf und ab zu gehen. »Wir hätten nicht fortgehen dürfen. Vielleicht wäre das alles dann nicht passiert!«
    »Wim, mach dir doch keine Vorwürfe!« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Wir müssen mit Gesine reden. Die Papiere sind unterzeichnet, sie wollte so schnell wie möglich zurück auf die Plantage und zu Pieter. Dabei ist es doch wohl mehr als eindeutig, dass er nur auf ihr Geld aus ist! Und nach allem, was er jetzt getan hat … Wir können Gesine nicht in ihr Unglück rennen lassen. Sie bringt sich in Lebensgefahr!«
    »Sie wird uns kaum glauben. Die Geschichte ist ja schon fast zu abenteuerlich.«
    »Aber Karini wird sie glauben. Man braucht sich das Mädchen ja nur anzusehen.« Misi Erika wandte sich an Karini. »Glaubst du, dass du es schaffst, das Ganze noch einmal zu erzählen?«
    Karini nickte. Sie wollte ja auch nicht, dass Misi Gesine etwas geschah.
    Wenige Stunden später standen sie vor dem Haus, in dem Misi Gesine in der Stadt untergekommen war. Karini war sehr erschöpft, und sie fühlte sich ein bisschen, als würde sie alles nur träumen. Ein Hausmädchen mit gestärkter Schürze und weißem Häubchen öffnete die Tür.
    »Wir möchten zu Frau … Vandenberg.« Masra Wim zögerte kurz, als bereite es ihm Schwierigkeiten, Misi Gesine beim Namen zu nennen.
    »Wim? Ich denke, in dieser Situation schickt es sich nicht, sich gegenseitig zu besuchen«, erklang sofort Misi Gesines hochmütige Stimme aus einem Nebenraum.
    »Doch, es schickt sich«, sagte Misi Erika und zog Karini an der Hand in das Haus, am verdatterten Hausmädchen vorbei in den Raum, aus dem Misi Gesines Stimme erklungen war. Misi Gesine sprang auf.
    »Was erlauben Sie sich …«, rief sie entrüstet, verstummte aber, als ihr Blick auf Karini fiel. »Karini? Mädchen … was ist denn mit dir passiert?« Sie schlug sich die Hand vor den Mund und warf Misi Erika und Masra Wim einen fragenden Blick zu.
    »Sie sollten sich anhören, was Karini zu berichten hat. Es gibt Entwicklungen … die nicht sehr erfreulich sind.«
    Karini erzählte zum zweiten Mal an diesem Tag von den Geschehnissen, die ihr fast schon wie ein ferner Traum vorkamen. Doch die schmerzenden blauen Male in ihrem Gesicht sprachen eine andere Sprache, und sie hielt schließlich erschöpft inne.
    Eine Weile sprach niemand ein Wort. Misi Gesine war sichtlich erschüttert, sie starrte ins Leere und schüttelte hin und wieder den Kopf.
    Dann stand sie plötzlich mit einem Ruck auf, strich ihr Kleid glatt und atmete einmal tief durch. »Danke, dass ihr mich benachrichtigt habt.« Ihr Blick ruhte eine Weile auf Karini, die überrascht war, so viel Mitgefühl darin zu lesen. Dann verändertesich der Gesichtsausdruck der Misi und sie ließ ihren Blick zu Masra Wim wandern. »Dieses Land … ich denke, es ist das Beste, wenn ich nach Europa zurückkehre.« Sie zögerte einen Moment, und ihre Gesichtszüge wurden hart. »Für alle das Beste …«, fügte sie schließlich hinzu und Karini meinte, einen drohenden Ton in ihrer

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