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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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wahre Blume, die aufgeblüht ist.« Martin strich ihr zärtlich über die Wange.
    Inikas Herz wurde zu Stein. Ja, vielleicht, aber sie war eine giftige Blume.
    Er zog sie sanft an sich und küsste zaghaft ihre Lippen. Sie ließ es geschehen, gab sich Mühe, ebenfalls irgendwie das Gefühlvon Zuneigung zu erwecken. Eine Stimme tief in ihrem Inneren befahl ihr, fortzurennen. Auch dieser Mann würde Dinge mit ihr machen, die sie nie, nie wieder erleben wollte. Aber sie durfte diesem Impuls nicht nachgeben, sie musste es geschehen lassen. Mit scheinbar unmenschlicher Kraft zwang sie sich, sich an ihn zu schmiegen. Sofort wurden seine Küsse fordernder und er legte ihr die Hand auf den Rücken. Dann zog er sie sanft auf den moosbewachsenen Boden. Inika wappnete sich innerlich gegen das, was jetzt geschehen würde. Er gab sich sichtlich Mühe, zärtlich zu ihr zu sein, dennoch gelang es Inika nur mit äußerster Anstrengung, den Schein zu waren. Sie empfand nichts als Ekel. Doch Martin tat ihr nicht weh, und sie war sogar ein bisschen überrascht, dass es nicht so schlimm war, wie sie erwartet hatte. Damit konnte sie leben.
    Was ihr allerdings wenig später einen schmerzhaften Stich versetzte, war die Tatsache, dass Bogos Sachen fort waren, als sie in die kleine Kammer kam, in der sie hausten. Er musste etwas gesehen haben. Andererseits war sie ihm so wenigstens keine Erklärung schuldig.

Kapitel 12
    D u darfst mit diesen Schuhen hier nicht herumlaufen.« Wiebold hatte Theresa, eines der Dienstmädchen von Misi Gesines Vater, angewiesen, sich um Karini zu kümmern. Ihre erste Tat hatte darin bestanden, Karini eine Dienstmädchenuniform zu geben. Karini war sich von Anfang an albern darin vorgekommen. Ein schwarzer Rock, eine schwarze Bluse und dazu eine weiße, gestärkte Schürze und ein kleines weißes Häubchen. Der Stoff der Uniform war fast noch kratziger als der des Wollkleides.
    Und dann hatten Theresa offensichtlich ihre Schuhe nicht gefallen. Karini hatte zuerst verlegen auf die derben Holzschuhe an ihren Füßen geblickt und dann fragend zu Theresa.
    »Die zerkratzen den ganzen Boden, dann lauf lieber wieder barfuß wie … wie ihr das da drüben im Urwald auch macht.«
    Karini hatte also die Holzschuhe ausgezogen und war barfuß hinter Theresa her in die untere Etage getappt, wo Misi Gesine mit ihrem Vater zu Tisch gesessen hatte. Karini hatte sich artig neben die Tür gestellt, wie sie es aus Surinam kannte. Misi Gesines Vater hatte sie beim Essen gemustert, und sein Blick war an ihren nackten Füßen hängen geblieben. »Gesine, was sind das nur für Sitten da drüben? Haben die den Negern denn gar keine Kultur beigebracht? Es tut mir so leid, mein Kind, dass ich dich mit diesem … diesem Hallodri habe gehen lassen. Ich hätte wissen müssen, dass Wim Vandenberg eine unzuverlässige, labile Person ist.«
    Karini hatte keine Ahnung, was Misi Gesine ihrem Vater erzählt hatte, war sich seit dieser Bemerkung aber sicher, dass sie die Geschichte zu ihren Gunsten ausgelegt hatte.
    In den ersten Tagen nach ihrer Rückkehr spielte Misi Gesine die Rolle der armen verlassenen Ehefrau, die ganz allein zurückgekehrt war aus einem Land voller Wilder, so virtuos, dass schon bald das gesamte Personal von ihrem großen Leid überzeugt war. Karini war irritiert, enthielt sich aber jeglicher Bemerkungen, auch wenn sie mit der Misi allein war.
    Karini fühlte sich in Amsterdam nicht nur allein, sondern zudem noch außerordentlich unsicher. Keine der ihr vertrauten Umgangsformen schien in diesem Land üblich. Selbst im Haushalt durfte sie nicht helfen. Sie hatte Theresa ihre Unterstützung angeboten, die hatte sie aber nur mit einem verzogenen Gesicht angesehen, als hätte Karini irgendeine ansteckende Krankheit. »Nein, das lass mal lieber«, hatte sie förmlich ausgespien.
    Misi Gesine ließ sich nach wie vor von Karini beim Ankleiden und beim Frisieren helfen. Ansonsten fühlte sich Karini wie ein schmuckes Beiwerk. Sie hatte zu stehen und zu warten.
    Nach wenigen Tagen hatte sich herumgesprochen, dass Misi Gesine wieder in der Stadt war. Immer mehr Karten und Einladungen trudelten ein, und Misi Gesine nahm jede einzelne in Begleitung von Karini wahr, die stets das wollene Kleid anziehen musste. Überall, wo sie ankamen, bestaunten die Leute Karini wie ein seltenes Tier. Kurz nach dem Jahreswechsel trat eine Frau sogar zu Beginn eines Kaffeekränzchens ganz dicht an Karini heran: »Oh, ein Mohrenmädchen«, stieß sie

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