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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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herumschwammen, beruhigte Inika nicht gerade.
    Inika war sich, wie die anderen Kinder auch, von Anfang an unsicher gewesen, wie sie sich der weißen Misi gegenüber verhalten sollte. Und dann waren sie hier begrüßt worden, als wäre es ganz alltäglich, dass eine Schar fremder Kinder an einer Plantage von einem Boot stieg. Aber das wusste Inika ganz genau: Es war eben nicht alltäglich. Und deshalb war sie misstrauisch, was sie wohl erwartete. Sie und Bogo hatten sich in der Stadt und im Kinderhaus gut eingelebt, vertrugen das Essen und verstanden mittlerweile viele Worte der neuen Sprache, wobei Inika sich damit leichter tat als ihr Begleiter, der überhaupt nicht sprach. Und nun sollten sie wieder einige Wochen an einem ganz anderen Ort verbringen. Auf dieser Plantage.
    Die jüngeren Kinder schienen ihre Bedenken nicht zu teilen. Sie redeten wild durcheinander und konnten vor Aufregung kaum still sitzen, als sie an einem großen Tisch Platz nehmen sollten, um zu essen. Eine schwarze Frau trug den Kindern nun das Essen auf, Misi Erika war mit Misi Juliette und Misi Hanni in das Plantagenhaus gegangen. Inika versuchte, die fünf kleineren Kinder am Tisch ruhigzuhalten. Und hatte damit alle Hände voll zu tun.
    Als sie nach dem Essen von Misi Erika in ein kleines Haus hinter dem großen Plantagengebäude geführt wurden, sahen sich die Kinder mit großen Augen um. Das Kinderhaus in der Stadt war ein schönes Haus mit Zimmern, in denen jeweils zwei bis vier Kinder wohnten. Hier aber schienen die Zimmer noch größer zu sein, und die Betten darin ließen die Kinder an einen Traum glauben. Es waren nicht, wie im Kinderhaus, einfache Gestelle, aus Latten zusammengezimmert, sondern richtige Betten aus weiß gestrichenem Holz.
    Ja, sie dürften darin schlafen, erklärte Misi Erika, aber sie sollten sich bitte vorher die Füße waschen. Diese Ermahnung wiederum hätte sie sich sparen können, denn gerade die schwarzen Kinder wuschen sich abends immer die Füße. Denn eines lernten sie hier vom ersten Lebenstag an: Abendliches Füßewaschen schützte vor Fieber. Inika hingehen hatte das noch nie gehört, befolgte diese Anweisung aber auch, zumal es gegen die allgegenwärtigen Sandflöhe half, die unablässig versuchten, sich in die Haut und unter die Zehennägel zu setzen. Ob diese das besagte Fieber übertrugen, das wollte sie lieber nicht herausfinden.
    Nachdem sie gemeinsam die Kleinen in die Betten gebracht hatten und Misi Erika sich wieder in das Plantagenhaus begebenhatte, ging Inika auf das Zimmer, in dem sie und Bogo schlafen sollten. Bogo stand etwas verloren in der Mitte des Raumes und starrte schüchtern auf seine Füße, Inika aber schritt bedächtig durch den schönen, großen Raum und betrachtete alle Möbel und Gegenstände genau. Wie schön das alles war, wie neu! Es gefiel ihr hier. Sie fühlte sich ein bisschen wie eine kleine Maharani in einem Palast. Ihre Gedanken wanderten zu ihren Eltern. Ob sie auch so gut untergebracht waren? Vielleicht stimmte es ja, was ihr Vater gesagt hatte, vielleicht war es gar nicht so schlecht auf den Plantagen. Die Häuser waren jedenfalls groß und geräumig, das musste Inika zugeben, möglicherweise lebten hier sogar die Arbeiter etwas bequemer als die Arbeiter in Indien auf den Teeplantagen. Ihre Eltern hatten wohl recht gehabt damit, dass es ihnen in diesem Land besser ergehen würde als in der Heimat. Sie hoffte nur, dass ihre Mutter wieder gesund war.
    Als sie aus dem Fenster schaute, sah sie den Wirtschaftshof der Plantage im Licht der untergehenden Sonne. Gegenüber, hinter den Küchengärten, die mittig auf dem Hof lagen und von gepflegten, weißen Wegen durchzogen waren, lagen Stallungen. Drei Pferde, deren Fell im Licht des Abends glänzte, standen am Zaun und spitzten die Ohren in Richtung des Plantagenhauses.
    Dort, auf der hinteren Veranda, tauchten nun Misi Juliette und ein Mann auf. Er war hochgewachsen und hatte blondes Haar. Wohl der Masra Jean, von dem Misi Erika erzählt hatte. Beide gingen nebeneinander zum Gatter der Pferde, die leise wieherten und unruhig mit den Vorderhufen scharrten. Inika beobachtete die Pferde genau. Sie mochte diese edlen Tiere und hatte früher in Indien schon immer die vollblütigen Reitpferde der Engländer bewundert. Zwar hatten auch im Dorf einige Pferde besessen, aber diese waren Arbeitstiere und durchweg kleiner und struppiger gewesen als die englischen Pferde.
    Die Misi und der Masra waren am Gatter der Pferde angekommen

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