Die Blume von Surinam
Arbeiter glichen.
»Herzlich willkommen.« Julie ließ es sich nicht nehmen, ihre Freundin trotz der anhaltenden Hitze des Tages persönlich am Ufer zu begrüßen. Erika und die Kinder wirkten müde und erschöpft. Sie waren verschwitzt, da das Boot am Heck nicht mit einem Segeltuch überspannt war und die kleine Reisegesellschaft somit während der letzten Stunden in der prallen Sonne gesessen hatte. Erikas Gesicht und Hände waren krebsrot.
Julie seufzte, als sie ihre Freundin in die Arme schloss. Sie freute sich sehr, sie zu sehen. »Erika, wie schön, dass du hier bist!Warum habt ihr denn ein offenes Boot genommen?«, fragte Julie, obwohl sie die Antwort kannte. Mietboote waren teuer, und Erika hatte nach wie vor nicht viel Geld.
»Ach, das ging schon.« Erika betastete vorsichtig ihre roten Wangen.
»Ja, das sehe ich. Komm, ich lass dir von Liv gleich eine Salbe mischen.« Julie führte Erika in Richtung Haus.
Die Kinder tappten mit schüchternen Schritten hinterher. Als Julie, Erika und Hanni die vordere Veranda erreichten, bemerkten sie, dass die Kinder ihnen nicht gefolgt waren. Sie standen auf dem Weg aus hellem Muschelsand und beäugten neugierig einen Gegenstand zu ihren Füßen.
»Kinder?« Julie ging zurück. Sie lachte, als sie sah, was sie aufgehalten hatte, und hockte sich amüsiert hin. »Das ist nur eine Schildkröte. Keine Sorge, sie tut euch nichts.« Dabei tätschelte sie Monks den Panzer, der wie versteinert auf seinen kurzen Beinen auf dem Weg stand. »Sie heißt Monks«, erklärte sie, »und wohnt hier im Garten unter den Büschen. Wenn ihr möchtet, dürft ihr sie morgen einmal füttern.«
Die Kinder machten große Augen. Julie wunderte sich zum wiederholten Male, wie wenig diese Kinder in der Stadt von der Natur um sich herum mitbekamen. Eine Schildkröte, so dachte sie, war für ein surinamisches Kind doch nichts Außergewöhnliches.
»Und nun kommt, ihr habt bestimmt Hunger und Durst.« Julie geleitete die Kinder um das Haus herum, wo Liv im Schatten der Bäume bereits einen langen Tisch aufgebaut hatte.
Nachdem die Kinder Platz genommen hatten und Erika sie ermahnt hatte, artig zu sein, was Julie angesichts ihrer verschüchterten Blicke für überflüssig hielt, gingen die beiden Frauen und Hanni in das Plantagenhaus. Im Esszimmer hatte Sarina den Tisch gedeckt und Getränke bereitgestellt.
»Oh – ihr habt ja auch indische Kontraktarbeiter aufgenommen«, sagte Erika erstaunt, als sie Sarina in ihrem bunten Sari sah.
»Ja, Jean hielt es für das Beste. Wir hatten Probleme, weil so viele der ehemaligen Sklaven nun eigene Wege gehen wollen.« Julie geleitete Erika in den kühlen Raum.
»Sind zwei der Kinder, die mit dir gekommen sind, auch indischer Herkunft?«
»Ja, die beiden sind nach der Ankunft eines Schiffes im Hafen gestrandet. Die Armen, erst so eine lange Reise und dann auch noch die Eltern verloren … ich frage mich, wann man die Transportbedingungen für Arbeiter endlich verbessern wird.«
Julie nickte zustimmend und hob ihren Kopf in Richtung Sarina, die gerade den Raum verließ. »Sie hat auch ihr Kind verloren.«
Einen Moment schwiegen die Freundinnen bedrückt. Beide wussten, wie grausam der Verlust eines geliebten Menschen war.
»Und, gibt es Neuigkeiten aus der Stadt?«, wechselte Julie das Thema.
Erika lächelte. »Du willst doch nur wissen, ob ich deine Jungen noch besucht habe, bevor ich aufgebrochen bin. Ja, ihnen geht es gut. Keine Sorge. Kiri kümmert sich bestens um die beiden.«
Julie war ehrlich erleichtert.
»Allerdings …«
»Allerdings was?« Julie spürte, wie sie sofort von einer tiefen Besorgnis befallen wurde.
»Nichts Schlimmes, Juliette.« Erika tätschelte ihrer Freundin beruhigend die Hand. »Kiri deutete nur an, dass … Martin momentan etwas schwierig sei.«
Julie seufzte. »Ja, es war schon bei ihrem letzten Besuch hier nicht einfach. Ich weiß nicht, was ich machen soll, er …« Sie flüsterte fast, als sie die Erkenntnis zum ersten Mal aussprach, »er wird seinem Vater immer ähnlicher.«
Kapitel 12
K arini erreichte atemlos den Schulhof von Masra Henry und Masra Martin. Gerade noch rechtzeitig, denn die ersten Schüler kamen bereits aus dem Gebäude. Sie hatte sich eilen müssen. Über ihre eigenen Aufgaben, die sie noch zu erledigen gehabt hatte, hatte sie fast die Pause vergessen. Nun, da sie selbst nicht mehr zur Schule ging, beauftragte ihre Mutter sie zunehmend mit allerlei Dingen im Haushalt. Karini schmerzte
Weitere Kostenlose Bücher