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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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bei den Worten ihrer Mutter in ihrem Herzen spürte, sprach eine deutliche Sprache.

Kapitel 4
    I nika war es zunächst unangenehm gewesen, von den beiden jungen Masras des Hauses so viel Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber Misi Juliette schien nichts dagegen zu haben und hatte sie sogar ermutigt, sich in die Gesellschaft der beiden zu begeben.
    Ihre Mutter war sogar sehr deutlich geworden: »Wir arbeiten hier, und wenn die jungen Masras deine Gesellschaft wünschen, ist es deine Aufgabe, diesem Wunsch zu entsprechen. Und wenn du dabei noch etwas lernst, umso besser. Trotzdem darfst du deine Pflichten nicht vernachlässigen.«
    Und so freute sich Inika schließlich auch über die Abwechslung. Die anderen Aufgaben, die ihr zugeteilt waren, bereiteten ihr keine große Freude, und bald genoss sie jede Stunde, die sie bei den Jungen verbringen durfte. »Sie bringen mir jeden Tag ein paar neue Wörter bei«, erzählte sie stolz ihrer Mutter. Diese nickte zwar wohlwollend, aber an ihrem Blick sah Inika sofort, dass sie Bedenken hegte.
    »Vielleicht solltest du dich auch einmal an Karini halten«, gab Sarina zu bedenken. »Du weißt, dass die Sprache der Weißen anders ist als die der Schwarzen, und auch mit ihnen müssen wir sprechen. Also solltest du auch diese lernen.«
    Inika gefiel die Wendung, die das Gespräch genommen hatte, ganz und gar nicht. »Aber Misi Juliette hat auch gesagt, dass es gut ist, dass ich die Sprache lerne, und überhaupt können Masra Henry und Masra Martin mir viel mehr beibringen, als die Negerin in der Dorfschule. Und ich muss doch nicht taki-taki lernen,sondern richtiges Niederländisch.« Sie hörte selbst, wie trotzig ihre Stimme klang, dennoch meinte sie jedes ihrer Worte ernst. Sie wollte gar nicht mit den Schwarzen sprechen, also brauchte sie auch kein taki-taki . Sie wollte mit den Weißen reden, es ihnen recht machen, um bei ihnen Ansehen zu erlangen. Denn eines hatte Inika schon verstanden: Als Schwarzer war man wenig in diesem Land, als Inder noch weniger. Die Weißen aber, die hatten alles und die durften alles. Und das wollte sie auch, und wenn sie schon keine Weiße werden konnte, dann wollte sie wenigstens deren Sprache und Sitten so gut kennen, dass sie sich in deren Welt zurechtfand. Denn eines wusste sie ganz genau: Als Hausmädchen, das nach Fisch roch, wollte sie nicht ihre Zeit in diesem Land verbringen. Die Stimme ihrer Mutter riss sie aus ihren Gedanken. Sie klang ärgerlich.
    »Ach was, alles was du wissen musst, kannst du auch in der Dorfschule lernen. Dein Vater wird noch böse, wenn du nur mit den Masras faulenzt. Du bist kein Kind mehr, du musst arbeiten.« Inika spürte den Blick ihrer Mutter auf sich, wagte aber nicht, sie anzuschauen. »Sie sind nicht wie wir, Inika, und sie sind auch nicht unsere Freunde. Wir sind ihre Angestellten, und so sollten wir uns auch verhalten«, fügte sie etwas sanfter hinzu.
    Inika war nicht gewillt, sich auf diese Diskussion einzulassen. »In ein paar Wochen kehren Masra Henry und Masra Martin in die Stadt zurück, dann werde ich wieder jeden Tag fleißig arbeiten«, versuchte sie ihre Mutter zu beschwichtigen. Bis dahin war es ja noch eine Weile. Und sie wusste, dass ein Gespräch mit ihrer Mutter darüber sinnlos war. Sarina tat immer nur, was ihr gesagt wurde, entweder von ihrem Mann oder von der Misi, sie kannte es nicht anders. Ihren eigenen Willen, den hatte Sarina lange zuvor in Indien bereits verloren. Inika aber hatte beschlossen, dass genau das ihr nicht passieren würde.
    Eines späten Nachmittags im Oktober eilte Inika in den Garten vor dem Plantagenhaus, wo sie mit den beiden Masras verabredet war. Aber es war niemand zu sehen, wahrscheinlich saßen die beiden Jungen noch im Haus bei ihrem Lehrer. Ach, was hätte Inika darum gegeben, auch in das große Plantagenhaus gehen zu können oder vielleicht sogar am Hausunterricht teilzunehmen! Ihr blieb nichts, als draußen zu warten. Sie wanderte durch den Garten und beobachtete die kleinen Vögel, die zu dieser Tageszeit hervorkamen und die üppigen Blüten der Büsche und Blumen umflatterten. Kolibris hießen sie, das hatte ihr Masra Henry erklärt, als sich einmal einer der Vögel dem bunten Tuch auf ihrem Haar genähert hatte.
    »Er denkt wohl auch, dass du eine surinamische Blume bist«, hatte Masra Henry geflüstert und Inika dabei mit einem seltsam verklärten Blick angesehen. Sie hatte zu Boden geschaut und nicht gewusst, was sie sagen sollte. So eine Schmeichelei hatte

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