Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
Vom Netzwerk:
darüber verfügen dürfen. Karl hatte dann einen großen Teil des Geldes in die Firma ihres Onkels investiert, und so war es für beide Männer ein lohnendes Geschäft gewesen.
    Jean riss sie aus ihren Gedanken. »Auf jeden Fall hat dein Onkel anscheinend den Anteil aus deinem Vermögen in seine Firma investiert, und jetzt schreibt der Notar, dass dein Cousin dir deinen Anteil gerne wieder übergeben würde.«
    Julie war sprachlos. Damit hatte sie nicht gerechnet. Ihr Cousin? Wim, ja, sie erinnerte sich gut an ihn. Er war etwas jünger als sie selbst und der Einzige der ganzen Familie, den sie damals gemocht hatte. Seine beiden größeren Schwestern waren unausstehliche Biester gewesen und seine Mutter eine herrische Matrone. Wim hingegen hatte sich ihr gegenüber immer korrekt verhalten, er hatte sie sogar am Tag ihrer Abreise noch am Hafen von Amsterdam gewarnt und ihr erzählt, dass Karl und ihr Onkel die Ehe ausschließlich des Geldes wegen arrangiert hatten. Damals hatte sie ihm nicht recht glauben wollen. Sie war überzeugt gewesen, Karl hätte sie tatsächlich aus Liebe geheiratet. Ein fataler Trugschluss, wie sie schon wenige Wochen später eingestehen musste. Diese Ehe hatte eine Menge Leid in ihr Leben gebracht und auch, wenn das Kapitel weit zurücklag, würden die Narben auf ihrer Seele sie doch ihr Leben lang daran erinnern.
    Ihr Entschluss stand fest. »Ich will nichts von dem Geld meines Onkels!«
    Sie wusste, dass Jean ihren Standpunkt kannte und teilte, umso erstaunter war sie jetzt, die folgenden Worte aus seinem Mund zu hören: »Julie, ich kann das verstehen, aber … ich meine, der Plantage geht es noch nicht so gut, das weißt du, und … und vielleicht könnte uns das ein wenig helfen.«
    Sie bedachte ihn mit einem zärtlichen Blick. Er kämpfte wie ein Löwe um die Plantage, und in Geldangelegenheiten kannte er sich als Buchhalter hervorragend aus. Aber dieses Geld würde sie nicht annehmen.
    »Nein. Wir haben es bis hierher ohne Hilfe geschafft, und wir werden es auch jetzt schaffen. Ich will nichts von dem Geld. So es sich denn überhaupt um Geld handelt, vielleicht erbe ich ja auch nur Schulden. Zuzutrauen wäre es der Familie meines Onkels, dass sie selbst jetzt noch versucht, mich für irgendetwas zu benutzen. Früher war es mein Erbe … vielleicht wäre ich heute wieder als Sündenbock geeignet.«
    Jean schien skeptisch. »Ich weiß nicht … In dem Brief steht nichts Genaueres. Sie bitten dich, nach Amsterdam zu kommen, um das persönlich zu regeln.«
    Julie zuckte zusammen. »Das geht doch nicht! Jean, wie sollte ich das denn machen? Mit dem Baby und … nein! Schreib ihnen zurück, dass wir uns für die Nachricht bedanken, aber keine Möglichkeit sehen, in die Niederlande zu reisen, und dass wir auch kein Interesse haben, dort irgendein Erbe oder irgendwelche Anteile anzunehmen.«
    »Aber, Julie, vielleicht sollten wird doch …?«
    Julie warf ihm einen bösen Blick zu. »Wirklich Jean – nicht für Tausende von Gulden möchte ich mit dieser Familie wieder etwas zu tun haben.«
    Er seufzte noch einmal, ließ es dann aber auf sich beruhen. »In Ordnung.«
    Dass sich in den Niederlanden jemand mit dieser Antwort aus Surinam nicht zufriedengeben würde, das ahnten weder Julie noch Jean.

Kapitel 22
    I nika stand am Waschzuber und schob immer wieder die fadenscheinigen Laken über das Waschbrett. Ihre Finger waren aufgeweicht von der Seifenlauge, und ihr rann der Schweiß von der Stirn. Doch diese Arbeit hatte etwas Befreiendes, sie konnte ihre Gedanken ruhen lassen und konzentrierte sich nur auf die gleichmäßigen Bewegungen ihrer Arme.
    Sie wusste nicht genau, wie lange sie jetzt schon auf Berg en Dal war, ein paar Tage, eine Woche? Oder gar länger? Sie hatte auf dem Boot irgendwann die Besinnung verloren und war erst in der kleinen Krankenstation der Plantage wieder aufgewacht. Schwester Daria hatte sie vorsichtig wieder auf die Beine gebracht und immer und immer wieder betont, welch großes Glück sie gehabt hatte, dass man sie noch rechtzeitig gefunden hatte.
    »Du wärest fast verdurstet, Mädchen. Wie konntest du nur so töricht sein?« Schwester Daria hatte zudem dafür gesorgt, dass niemand Anstalten machte, Inika fortzuschicken. Inika ahnte auch den Grund dafür: Sie war in einem frischen Hemd aufgewacht, und wenn Schwester Daria sie umgezogen hatte, während sie bewusstlos gewesen war, dann hatte sie auch die vielen, fast schwarzen Blutergüsse auf Inikas Körper

Weitere Kostenlose Bücher