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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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gesehen. Sie hatten nie darüber geredet, und der Gedanke daran war Inika furchtbar peinlich, aber insgeheim war sie froh, nichts erklären zu müssen.
    Schwester Daria kümmerte sich sofort intensiv um sie, sodass sie schon nach kurzer Zeit wieder aufstehen konnte, ohne zu schwanken. Dann wies sie ihr eine Hängematte in der Hütte derDienstmädchen der Mission zu und gab Anweisung, sie leichte Arbeit verrichten zu lassen, ohne sie zu überanstrengen.
    Berg en Dal war im Grunde genommen eine große Holzplantage, die aber so weit im Hinterland am Surinamfluss lag, dass sie als eine der letzten größeren Ansiedlungen galt. Und so war Berg en Dal mehr als eine Plantage mit Herrenhaus und Arbeiterdorf. Hier gab es auch eine Missionsstation, die von den Herrnhutern geleitet wurde, eine hölzerne Kirche und eine Krankenstation. Schwester Daria hatte Inika am Krankenbett erzählt, dass es flussaufwärts nur noch wenige Plantagen und einen Militärposten namens Victoria gab. Das Land gehörte aber ab hier überwiegend den Saramaccanern, einem Maroon-Stamm. Und genau aus diesem Grund war Berg en Dal auch als Missionsstation ausgewählt worden.
    Inika wusste nicht viel über die Maroons. Karini hatte ihr einmal erklärt, dass die Maroons von entflohenen Sklaven abstammten, die dann im Regenwald eigene Dörfer gegründet hatten. Aber warum die Maroons im Wald lebten und warum das Verhältnis zwischen den Weißen und den Maroons so schwierig war, wusste Inika nicht genau. Hier auf Berg en Dal fühlte Inika sich aber zunächst einmal sicher. Die Station lag weit von der Plantage Rozenburg entfernt, hier würde man sie so schnell nicht finden, so hoffte Inika jedenfalls. Aber sie musste sich etwas einfallen lassen. Irgendwann würde jemand wissen wollen, wo sie herkam, und sie vielleicht sogar zurückschicken. Bis dahin würde sie versuchen, möglichst wenig aufzufallen und artig die ihr aufgetragenen Arbeiten zu verrichten.

Kapitel 23
    D er Masra hatte ihrem Vater und den Männern auf dem Boot die Anweisung gegeben, so schnell zu fahren, wie es nur ging. So bemühten sich die Männer nach Kräften und legten am ersten Tag bereits ein gutes Stück des Weges zurück.
    Abends ließen sie das Boot auf einer großen Sandbank im Fluss auflaufen, um dort die Nacht zu verbringen. Zwar gab es in der Umgebung sicher auch gefährliche Tiere, die unter Umständen den Weg bis hierher durch den Fluss finden konnten, aber es war immer noch deutlich sicherer, auf der Sandbank zu nächtigen als am Ufer, mit dem Wald im Rücken. Nie steuerten die Schwarzen Plantagen an, wie die blanken es auf Reisen taten.
    Karini lag im noch warmen Sand und starrte durch die Gaze, die sie über ihr Lager gespannt hatte, in den Nachthimmel. Diese sollte sie nicht nur vor den Stechmücken schützen, hier draußen gab es auch Vampire  – kleine, schnelle Fledermäuse, die sich gerne an Schlafenden labten. Man merkte ihren Biss erst, wenn es zu spät war, und aus irgendeinem Grund versiegte das Blut nicht so schnell. Alle Reisenden hatten Angst vor diesen Tieren, waren doch viele Menschen nach einem Biss mysteriösen Krankheiten erlegen.
    Die Männer hatten in weiser Voraussicht Holz mitgenommen und damit nun ein Feuer entzündet, denn auf der Sandbank gab es keinen Baum und keinen Strauch. Besorgt hatte sich einer der Männer, Mapito, nach Karinis Befinden erkundigt. Sie kannte die Männer, solange sie denken konnte, und keiner von ihnen hätte zugelassen, dass ihr etwas zustieß. Karini genoss es,mit ihrem Vater unterwegs zu sein, auch wenn der Anlass ein trauriger war.
    Karinis Gedanken wanderten zu Julius. Wo er jetzt wohl war? Vielleicht auf einem dansi? Sie hatte sich nicht von ihm verabschieden können, hoffte jedoch, dass er, wenn sie sich eines Tages wiedersahen, verstehen würde, warum sie so plötzlich zur Plantage aufgebrochen war. Aber es würde wohl noch Monate dauern, bis sie zurück in die Stadt käme. Sie war sich inzwischen ihrer Gefühle auch nicht mehr ganz sicher, vor allem nach Masra Martins nächtlichem Geständnis. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Natürlich war sie ein bisschen verliebt in Julius, und Masra Martin war eher wie ein großer Bruder für sie. Aber irgendetwas zog sie zu Masra Martin hin. Er wusste immer, was er wollte, und setzte seinen Willen meist durch. Aber sie hatte auch Angst vor ihm, seine Äußerungen und sein Verhalten waren nicht selten verachtend. Andererseits … Es nutzte nichts, sie würde

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