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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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Ziel.
    »Wach auf. Wir müssten gleich da sein.« Dany weckte Karini am Nachmittag, sie war durch das sanfte Schaukeln des Bootes eingenickt. Karini schreckte hoch und spähte zum Ufer. In der Tat zeigte sich kurz darauf die Spitze des kleinen Kirchturmesüber den Baumkronen, er wirkte vom Fluss aus wie ein mahnender Finger. Dann kamen die weißen Gebäude mit ihren blaugrauen Dächern zum Vorschein. Karini staunte. Berg en Dal war größer, als sie gedacht hatte. Kurz darauf sah sie eine Schar Kinder laut lärmend zum Flussufer eilen, um die Ankömmlinge zu begrüßen. Vermutlich dachten sie, es würde sich um fahrende Händler handeln.
    Karini war mulmig zumute, schließlich würde sie gleich einigen blanken erklären müssen, warum sie hier waren. Aber sie schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter. Hier ging es nicht um sie, sondern um Inika. Wenn sie hier war, musste Karini sie finden.
    Hinter der Kinderschar erschien jetzt eine Frau, die unverkennbar eine Schwesterntracht trug, bestehend aus einer grauen Kittelschürze, einer karierten Bluse mit weißem Kragen sowie einer weißen Haube.
    »Hallo, möchtet ihr etwas verkaufen?« Der Blick aus ihren Augen war warm, ihre Stimme freundlich.
    »Nein«, Karini eilte sich, aus dem Boot zu klettern, es schien ihr unpassend, ihr Anliegen vom Wasser aus vorzubringen. Außerdem wollte sie, und nicht ihr Vater, sprechen, wusste sie doch, dass weiße Frauen schwarzen Männern häufig misstrauten.
    »Misi … Schwester … Mevrouw …« Ihr fehlte das Wissen um die passende Anrede. Kurzerhand knickste sie höflich und versuchte es mit einem freundlichen Lächeln.
    Die Frau in der Schwesterntracht lächelte zurück. »Was kann ich dann für euch tun, braucht ihr ein Lager? Wollt ihr Rast machen?«
    »Nein, mein … unser Masra schickt uns. Wir kommen von der Plantage Rozenburg, wo …«, Karini fühlte sich hilflos und dumm. »Da waren Gäste, die von der Mission kamen und hierher reisen wollten … wir … mein Masra vermisst seitdem ein Mädchen«, stammelte sie.
    »Ein Mädchen?« Die Frau schien nachzudenken. Dann sagte sie sanft: »Komm mit. Ich weiß jemanden, der dir vielleicht helfen kann.«
    Karini folgte der Frau erleichtert den Steg hinunter. Ihr Vater winkte ihr aufmunternd zu, während die Ruderer das Boot vertäuten und dann in Richtung des Arbeiterdorfes gingen. Als Karini mit der Schwester auf die Gebäude der Plantage zuging, sah sie, dass sich hinter der Plantage eine Bergkuppe erhob. Sie mussten also sehr weit im Hinterland sein, denn nur dort gab es Berge, hatte ihr Vater ihr immer erzählt. Nebel schien sich an den Hängen der Erhebung zu fangen, und die Bäume ringsherum waren dicht behangen mit Moosen und Flechten. Dass sich der Boden auf solch eine Höhe erheben konnte, flößte Karini unwillkürlich Respekt ein. Ihr war nun klar, warum die Plantage Berg en Dal hieß. Karini fühlte sich winzig, und dennoch beschützt, am Fuße dieses Kolosses.
    Die Schwester schien ihre Bewunderung bemerkt zu haben. »Das ist unser Blauer Berg«, sagte sie und warf selbst kurz einen andächtigen Blick darauf.
    Auf der Veranda vor dem Missionshaus stand eine weitere Schwester und legte große weiße Laken zusammen.
    »Schwester Daria?«
    Die Frau ließ das Laken sinken. »Ja?«
    »Das Mädchen hier«, die Frau schob Karini vor, »sucht ein anderes Mädchen, das auf einer Plantage abhandengekommen ist.«
    Karini beobachtete Schwester Daria genau und sah sofort, dass die Schwester etwas wusste. Aber wie sollte sie diesen Frauen erklären, was vorgefallen war?
    »Komm mal her. Wie ist dein Name?«, sagte Schwester Daria jetzt. Auch ihre Stimme war freundlich.
    »Karini, Karini Rozenberg von der Plantage Rozenburg.«
    »Rozenburg, hm? Und warum sucht ihr dieses Mädchen? Ist es weggelaufen?«
    »Ja … nein … es gab einen Streit … mit ihrem … Mann«, stammelte Karini.
    »Mit ihrem Mann?« Schwester Daria schien entsetzt.
    In diesem Moment trat Inika mit einem Korb voller weißer Laken um die Hausecke.
    »Inika!«, rief Karini erleichtert.
    Inika schaute erschrocken auf, ließ dann aber den Korb fallen und rannte davon.
    Karini zögerte nicht eine Sekunde, sie rannte ihr nach und spürte die Blicke der beiden verdutzten Schwestern in ihrem Rücken.
    Karini folgte Inika in rasendem Tempo bis ins Hüttendorf, wo diese zwischen den Gebäuden verschwand. Karini verlangsamte die Geschwindigkeit und sah sich suchend um. Plötzlich hörte sie einen Schrei, und

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