Die Blut-Loge
ein paar Strafzettel nicht bezahlt.“
Leon ließ es sich nicht nehmen, zur Feier des Tages noch zwei Gläser Champagner zu bestellen. Die beiden Geschwister prosteten sich verschwörerisch zu. Sie würden von nun an in Kontakt bleiben. Das stand fest.
Damals konnten sie beide nicht ahnen, dass das Schicksal weit mehr mit ihnen vorhatte.
* * *
Einen Jerome Summers gab es nicht und hatte es in ganz Hamburg nicht gegeben. Lauras erste Ermittlungen liefen ins Leere. Aber das musste nicht unbedingt etwas bedeuten. Für kurze Zeit keimte der Gedanke in ihr auf, nochmals ihren Chef um Hilfe zu bitten, aber das widersprach ihrem angeborenen Ehrgeiz. Nein, das hier waren ihre persönlichen Recherchen. Stattdessen bat sie ihren Bruder Leon, ein privates Treffen mit diesem mysteriösen Jerome arrangieren, um sich selbst ein Bild zu machen. Dieser stimmte begeistert zu. „Wir treffen uns am besten im Sky nächsten Freitagabend, Jerome und ich müssen erst am Samstag auftreten. Dort gibt es fantastische Cocktails“, schwärmte Leon.
Als beide Männer aus dem Aufzug traten und in das noble Restaurant hoch über den Dächern von Hamburg gingen, zogen sie fast alle Blicke der anwesenden Gäste auf sich. Obwohl sie beide fast gleich groß waren, umgab den dunkelhaarigen und wieder ganz in Schwarz gekleideten Jerome eine geheimnisvolle Aura. Diese wurde noch betont durch die streng zurückgekämmten Haare, die im Nacken zu einem kurzen Pferdeschwarz gebunden waren, der von einer breiten Silberspange gehalten wurde.
Als er Laura genau gegenüber saß, blickte diese in zwei mitternachtsblaue Augen, die sie in sein ganz eigenes Universum hineinzuziehen drohten. Leon hatte dem Kollegen seine Schwester kurz vorgestellt. Nach dem ersten gemeinsamen Drink verabschiedete Leon sich hastig unter einem Vorwand und ließ die beiden allein zurück. Das war die Gelegenheit für Laura, einige Fragen an ihr Gegenüber zu stellen.
„Ist Jerome eigentlich Ihr richtiger Name?“, wollte sie fast beiläufig wissen.
„Nein, getauft wurde ich auf den Namen Giacomo“, gab Jerome mit einem frechen Grinsen zur Antwort. Er hatte gerade in Lauras Gedanken gelesen, dass diese den Vornamen unwillkürlich mit dem legendären Casanova verband. „Schon gut, ich weiß, was Sie denken“, fuhr er amüsiert fort.
Laura schluckte ihre Bemerkung herunter. Sie fühlte sich plötzlich gar nicht mehr so wohl in ihrer Haut als selbst ernannte Detektivin. Als der Kellner nach ihren Wünschen fragte, winkte sie ihn irritiert fort. Sie hatte plötzlich keinen Hunger mehr.
Jerome ließ sich dagegen nicht aus dem Konzept bringen und plauderte munter weiter: „Ich respektiere Frauen, aber ich brauche keine Beziehung. Sie sind für mich eher eine Art – Notwendigkeit.“
Laura wusste zunächst nicht, was sie auf diese Bemerkung erwidern sollte. Eine so unverblümte Feststellung hatte sie nicht erwartet.
„Okay, sie benutzen also Frauen“, stellte sie zynisch fest. Hatte sie es doch gleich gewusst!
Jerome nickte selbstbewusst. Ihm gefiel dieses Geplänkel. „In gewisser Weise, ja!“
Spontan ergriff er ihre Hand, die auf dem Tisch neben ihrem halbleeren Cocktailglas lag, noch bevor sie diese zurückziehen konnte. Er hielt sie sanft aber bestimmt fest. Mit dem Daumen strich er mehrmals sanft über den Puls an ihrem Handgelenk und ein leichtes, elektrisierendes Kribbeln kroch in Laura hoch. Sie begann innerlich zu zittern. Ihr Herz klopfte bis zum Hals.
„Sie investieren doch auch keine Gefühle, oder? Sie glauben nicht an die Liebe und haben es nie getan“, flüsterte er zu ihr hinüber gebeugt. Sollte Leon etwa geplaudert haben? Laura wurde immer unruhiger. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und hätte unverzüglich das Lokal verlassen. Andererseits genoss sie die Gegenwart dieses seltsamen Mannes. Endlich gelang es ihr, ihre Hand aus der seinen zu ziehen, dabei stürzte ihr Glas um und der Rest des Drinks verteilte sich über das weiße Tischtuch. Peinlich berührt stellte die junge Frau fest, dass die Blicke einiger anderer Gäste bereits auf ihnen ruhten.
„Ich habe keinerlei Interesse an Ihnen“, zischte sie ihm zu. „Ich wollte nur meinem Bruder einen Gefallen tun.“ Dabei wischte sie hektisch mit ihrer Serviette ein paar Cocktailspritzer von ihrem Rock.
Jerome lehnte sich schmunzelnd zurück und verschränkte die Arme. „Oh, so ist das also. Sie wollten die Kupplerin spielen.“
„Ja, genau, Leon fühlt sich sehr zu Ihnen
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