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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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Knappen, durch das Wachtor. Enguerrands Bluthunde sprangen aufgeregt bellend um sie herum.
    Der Stallmeister hatte Robert ein besonders kräftiges und schnelles Reitpferd überlassen und Robert damit einen unschätzbaren Dienst erwiesen, denn jetzt konnte er gut mit den Rittern mithalten.
    Als sie die Stadt hinter sich gelassen hatten, zügelte Enguerrand sein Pferd. „Wir werden uns aufteilen. Jeweils vier von euch nehmen einen anderen Weg. Der Kerl weiß, dass wir ihn verfolgen, und wird sicher nicht den direkten Weg nach Bourges nehmen.“ Er erhob seine Stimme.
    „Wer ihn zurückbringt, erhält ein Goldstück.“
    Robert blieb bei Enguerrand, der es vorzog, mitten durch den Wald zu reiten. Furchtlos trieb er sein Pferd in vollem Galopp durch das Unterholz, und Robert konnte nicht umhin, ihn widerwillig zu bewundern. Er schien nicht die geringste Angst zu verspüren.
    Es dauerte nicht lange, bis die Hunde eine erste Spur gefunden hatten.
    Abseits des Weges stießen sie auf Pferdeäpfel. Den Hufspuren nach zu urteilen, die sich tief in den weichen Waldboden eingegraben hatten, handelte es sich dabei um ein einzelnes Pferd. Die Hunde nahmen seine Spur auf.
    Enguerrand behielt das scharfe Tempo bei, bis die Pferde ans Ende ihrer Kräfte gekommen waren. Erst dann ordnete er eine kurze Pause an und ließ die Pferde an einem der Bäche trinken. Doch gleich danach ging es wieder weiter.
    Robert genoss den scharfen Ritt, der ihn unwillkürlich an seine Kindheit denken ließ. Damals waren er und seine Freunde oft in endlosen, gespielten Verfolgungsjagden auf ihren Ponys durch den Wald gejagt. Seine Mutter war jedes Mal in großer Sorge um ihn gewesen, aber er war immer heil zurückgekommen und hatte die Jagd gewonnen.

33
    Otto kam nicht so schnell voran, wie er gehofft hatte, obwohl auch er nur die nötigsten Pausen einlegte. Aber sein Pferd musste immerhin zwei Personen tragen, und der Weg durch den Wald war zudem anstrengend. Mittlerweile schnaubte das Tier so erbärmlich, dass er gezwungen war anzuhalten, wenn er nicht riskieren wollte, dass es endgültig unter ihnen zusammenbrach. Also sah er sich nach einem Schlafplatz um und entdeckte nur wenig abseits des Weges eine Grasmulde, die von dichten Sträuchern umgeben war. Nachdem sie an einem kleinen Bach getrunken hatten, fesselte er Marie wie schon am Tag zuvor an Händen und Füßen und reichte ihr großzügig ein Stück trockenes Brot. Marie nahm es jedoch nicht an, sie war viel zu müde, um noch etwas zu sich zu nehmen, und rollte sich stattdessen, wie es ihre Gewohnheit war, sofort wie eine Katze auf dem Boden zusammen. Beinahe im gleichen Moment fielen ihr die Augen zu.
    Otto kaute zufrieden an seinem Brot. Auch wenn sie es noch nicht endgültig geschafft hatten, fühlte er sich sicher. Den ganzen Tag über hatten sie niemanden getroffen, und der Wald schien menschenleer. Abgesehen von einigen Tiergeräuschen war es still. Nur der Wind strich leise durch die Blätter.
    Feuchte Kälte zog von dem Waldboden hoch und ließ ihn seinen Umhang enger um sich herum ziehen. Den Stall in Brand zu setzen, war eine gute Idee von ihm gewesen, die ihm außerdem einen ordentlichen Vorsprung verschafft hatte. Dieser überhebliche Herr von Coucy hatte ihn unterschätzt. Sicher würde er jetzt vor Wut toben.
    Plötzlich hatte er die warnenden Worte seines Onkels im Ohr: „Unterschätze niemals einen Feind und lasse dich nach Möglichkeit nie aus Erregung zu etwas Unüberlegtem hinreißen“, hatte ihm dieser eingeprägt. „Dann kann dir auch nichts geschehen.“
    Der Bruder seines Vaters hatte ihn nach dem Tod seiner Eltern bei sich aufgenommen und ihn wie seinen eigenen Sohn großgezogen. Er hatte als Steinmetz zusammen mit ihm an der Kathedrale gearbeitet, bis zu dem Tag, an dem ihn ein Sturm vom Gerüst hinabgefegt hatte.
    Die Mönche hatten Otto zwar weiter zu essen gegeben und ihn auch weiter in einer der kleinen Handwerkshütten wohnen lassen. Nach einer gewissen Zeit hatte er es jedoch vorgezogen, seinen Onkel und die Mönche zu verlassen.
    Lange Zeit hatte er nicht mehr an die Vergangenheit gedacht, denn sie war vorbei und damit ohne jede Bedeutung für ihn.
    Ottos Augenlider wurden schwer, und es dauerte nicht lange, da war auch er eingeschlafen.
    Ein Geräusch ließ ihn hochschrecken. Verschlafen blickte er sich um und sah einen dunklen Schatten unter den Bäumen hindurchhuschen.
    Er kniff die Augen zusammen und versuchte vergeblich, die Dunkelheit zu

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