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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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durchdringen.
    Plötzlich tauchten zwischen den dichten Sträuchern zwei schwach glimmende gelbe Punkte auf, die langsam näher kamen.
    Vor Schreck hielt er den Atem an. Bisher hatte er sich vor nichts und niemandem gefürchtet, nicht einmal vor dem Teufel selbst, aber das hier war etwas anderes. Irgendetwas hob sich kaum wahrnehmbar von dem dunklen Unterholz ab.
    Es beobachtete ihn.
    Unwillkürlich wollte er nach seinem Messer greifen, als ihm auf einmal einfiel, dass ihm dieses von den drei Gaunern beim Überfall auf ihn ja gestohlen worden war.
    Seine Nackenhaare stellten sich auf. Er wagte nicht, sich zu bewegen, und klammerte sich verzweifelt an den Gedanken, dass dieses dunkle Etwas, was immer es auch war, sicher bald wieder dahin verschwinden würde, woher es gekommen war.
    Vielleicht bildete er sich das Ganze aber auch nur ein, und es beobachtete ihn überhaupt nicht.
    Atemlos vor Spannung wartete er ab.
    Sein Pferd scharrte unruhig mit den Hufen.
    Dann, auf einmal, waren die gelben Punkte wieder so schnell verschwunden, wie sie zuvor erschienen waren. Erleichtert atmete Otto auf. Er erhob sich, um Marie zu wecken, als er hinter sich plötzlich ein drohendes Knurren vernahm.
    Das Pferd schnaubte ängstlich. Wölfe, schoss es Otto durch den Kopf. Mit zitternden Händen band er Marie los und vermied dabei jede schnelle Bewegung. Vorsichtig hob er den schweren Sattel aufs Pferd und zog den Sattelgurt fest.
    Das Knurren wurde lauter. Er zwang sich, nicht nach hinten zu sehen, und half Marie auf den Rücken des Pferdes, bevor er sich selbst nach oben schwang. Mit aller Kraft drückte er dem Tier die Fersen in die Seite, sodass es in vollem Galopp durch die Sträucher schoss.
    Er bückte sich unter einem niedrig hängenden Ast hindurch und glaubte schon, den Wölfen entkommen zu sein, als zwei dunkle Schatten vor ihm auf dem Weg erschienen. Das Pferd scheute, stoppte in vollem Galopp, und es fehlte nicht viel, und Otto wäre zusammen mit Marie über den gesenkten Kopf des Tieres geflogen. Doch es gelang ihm im letzten Moment, sich an der dichten Mähne des Pferdes festzukrallen.
    Neben ihm tauchten vier weitere Schatten auf und beobachteten leise knurrend jede seiner Bewegungen.
    „Damit hast du wohl nicht gerechnet?“, ertönte da eine höhnische Stimme hinter ihm.
    Der Schreck fuhr Otto in die Glieder. Er wusste sofort, wem die Stimme gehörte, und ihm war augenblicklich klar, dass er nicht von Wölfen, sondern von Jagdhunden umzingelt worden war.
    „Packt ihn und hängt ihn an den nächsten Baum“, befahl Enguerrand.
    „Niemand stiehlt dem Herrn von Coucy ungestraft etwas“, brüllte er triumphierend.
    Bevor Otto überhaupt reagieren konnte, hatten ihn schon zwei Ritter gepackt und ihm einen Strick um den Hals gelegt, dessen anderes Ende sie um den dicken Ast einer Eiche schlangen. Danach hoben sie ihn aufs Pferd und versetzten dem Tier einen so heftigen Schlag, dass es erschrocken und laut wiehernd davonsprang.
    Otto fiel ins Bodenlose.
    Seine Augen quollen ihm aus den Höhlen, als das Seil sich enger zog und ihm unbarmherzig die Luft abschnürte. Es war ein gespenstisches Bild.
    Marie wandte ihren Blick ab, und und ihre Lippen formten sich zu einem lautlosen Gebet.
    Eine Weile suchten Ottos Beine noch verzweifelt und zappelnd nach einem Halt, dann lief ein letztes Zucken durch seinen Körper. Er war tot.
    Robert interessierte sich indessen nicht weiter für Ottos Schicksal. Überglücklich sprang er vom Pferd, lief zu Marie und drückte sie so fest an sich, als ob er sie nie wieder loslassen wollte. Marie barg ihren Kopf an seiner Brust, während sie still vor sich hin weinte.
    Enguerrand öffnete seine Trinkflasche und nahm einen großen Schluck daraus, bevor er sie großzügig an seine Gefährten weiterreichte. Er war mit sich und der Welt vollkommen zufrieden.
    „Wir reiten zurück“, befahl er. Robert setzte Marie hinter sich aufs Pferd und machte sich gemeinsam mit den anderen wieder auf den Rückweg. Gegen Mittag erreichten sie die Burg, wo die Nachricht über ihre Ankunft rasend schnell die Runde machte.
    Als Robert Marie schließlich in die Küche begleitete, unterbrachen dort alle Mägde und Knechte ihre Arbeit.
    Erwartungsvolle Stille breitete sich in dem großen Raum aus, die nur vom Knistern des Feuers unterbrochen wurde. Aller Augen waren auf Robert gerichtet, in der Hoffnung auf eine spannende Geschichte.
    Adiva lief auf Marie zu und fasste sie bei der Hand. Sie war erleichtert, dass die

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