Die Bluterbin (German Edition)
Kammer, kehrte aber wenig später mit einem schimmernden grünen Gewand aus Samt zurück, das einer Königin würdig gewesen wäre. Sie half Marie, es anzulegen. Das Gewand hatte lange, an den Händen weiter werdende Ärmel und einen tiefen Ausschnitt, der einen Teil des Brustansatzes freiließ.
Marie ließ alles schweigend über sich ergehen, und während ihr die Zofe das Haar so lange mit einem beinernen Kamm kämmte, bis es glänzte, wanderten ihre Gedanken zu Robert. Sie liebte ihn mehr als alles andere auf der Welt, mehr als sie sagen konnte und mehr als sie jemals gedacht hatte, einen Menschen lieben zu können.
Furchtlos hatte er den Herrn von Coucy begleitet, um sie aus Ottos Fängen zu befreien und zu retten. Er war gekommen.
Sie sah sein Gesicht vor sich, und Zärtlichkeit erfüllte sie. Gab es ein größeres Glück, als so bedingungslos von einem Menschen geliebt zu werden? Keine Frau konnte sich einen besseren Mann wünschen als ihn.
Er hatte alles aufgegeben, nur um sie zu beschützen, und wollte sie, eine Bürgerliche, sogar heiraten.
Bei dem Gedanken daran begannen ihre Wangen zu glühen, und sie sah schöner aus denn je.
Die Zofe schenkte ihr immer wieder bewundernde Blicke, während sie ihr mit geübten Händen eine prächtig bestickte Haube am Haar feststeckte, doch Marie bemerkte es nicht.
„Ich bin fertig“, beschied sie Marie zuletzt und war zufrieden mit ihrer Arbeit. „Wir können jetzt gehen.“
Mit klopfendem Herzen folgte Marie ihr in den Saal.
Dort erwartete sie Robert an der Tür. Als er sie auf sich zukommen sah, verschlug es ihm beinahe den Atem. Er glaubte sie noch nie so schön gesehen zu haben wie an diesem Abend, und wie die Zofe vor ihm musste er sie immer wieder ansehen.
Die meisten der Gäste hatten bereits ihren Platz eingenommen, und der Hofmarschall wies ihnen einen Platz direkt neben Enguerrand zu. Bewundernde Blicke folgten Marie, die in ihrem Kleid tatsächlich wie eine Königin aussah. Ihre graziösen Bewegungen und ihre helle Haut zogen sowohl die Männer wie auch die Frauen an der Festtafel des Herrn von Coucy in ihren Bann, was Robert nicht entging.
Aufgeregtes Getuschel war überall zu vernehmen. Einige der adligen Damen warfen Marie neidische Blicke zu, während die Männer ihr voller Wohlwollen nachsahen.
Die beiden Ritter, die gemeinsam mit Robert an der Verfolgungsjagd teilgenommen hatten, saßen ihnen direkt gegenüber.
„Ruhe“, brüllte Enguerrand. Die Gespräche verstummten.
„Gestern Abend hat einer der Bastarde des Bischofs von Bourges meine Ställe angezündet und mir die Jungfrau zu meiner Rechten gestohlen.“
Alle Blicke wanderten zu Marie.
Er legte eine Pause ein, um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen. Erwartungsvolles Gemurmel erfüllte den Raum, das er mit einer herrischen Bewegung zum Schweigen brachte.
„Doch schon heute hat er seine gerechte Strafe erhalten, und die Krähen hacken ihm bereits die Augen aus.“ Seine Stimme wurde lauter.
„Und so wie ihm wird es jedem Dieb ergehen, der es wagt, den Herrn von Coucy zu bestehlen“, brüllte er abschließend, worauf die Ritter, Fürsten und Barone lautstark Beifall klatschten. Sie erhoben ihre Trinkbecher und tranken Enguerrand zu.
Die Frau, die neben Marie saß, beugte sich ein wenig zu ihr hinüber. Ihr blondes Haar war zu einem kunstvollen Knoten hochgesteckt und mit Perlen verziert, und ihr blaues Gewand unterstrich das Blau ihrer Augen auf wunderbare Weise. Auch wenn sie nicht mehr ganz jung war, sah sie in Maries Augen immer noch wunderschön aus.
„Ihr solltet Euch vor Enguerrand in Acht nehmen“, flüsterte ihr die Dame nunmehr zu. „Seht mich an und nehmt mich als warnendes Beispiel. Ein halbes Jahr lang war ich seine Konkubine, und er hat mich mit Geschenken überschüttet. Jetzt kann ich schon froh sein, wenn er mich überhaupt noch in seiner Nähe duldet, aber obwohl dem so ist, wird er mich dennoch niemals gehen lassen. Wahrscheinlich wird es nicht mehr lange dauern, bis er mich an einen seiner sabbernden zahnlosen Freunde weiterreicht. Dann werde ich ihm auch noch dankbar dafür sein müssen, nicht als Dienstmagd geendet zu sein.“ Sie trank ihren Becher in einem Zug leer.
„Ich habe zu spät erkannt, dass er niemanden gehen lässt. Er hat eine krankhafte Angst davor, verlassen zu werden und seine Macht über jemanden zu verlieren. Habt Ihr jemals seine Frau, die Gräfin Catherine, zu Gesicht bekommen? Nun, wahrscheinlich nicht. Er hat sie nämlich
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