Die Bluterbin (German Edition)
sonst wirst du nur unglücklich und verzweifelt werden. Stattdessen darfst du die Hoffnung niemals aufgeben, denn sie ist es, die uns alle Missstände in diesem Leben ertragen lässt.“
Drei Monate später fand die Hochzeit wie geplant statt.
Verwandte Fürsten und Grafen trafen mitsamt ihrem Gefolge schon mehrere Tage vorher auf der Burg ein, darunter die Grafen von Nevers, Auxerre und Tonnerre. Ihnen folgten die befreundeten Adelsfamilien, und auch Bernard ließ es sich nicht nehmen, an diesem Tag mit dabei zu sein.
Er hatte soeben sein Trivium beendet und konnte es kaum noch erwarten, seine Schwertleite zu erhalten, um endlich an den überall im Land stattfindenden Turnieren teilnehmen zu können. Seine jungenhaften Züge waren männlicher geworden, und er sah noch besser aus, als Robert ihn in Erinnerung hatte.
Die Blicke der Frauen folgten ihm, als er vom Pferd sprang und auf Robert zulief, um ihn zu begrüßen. Lachend fiel er dem Freund um den Hals und zog ihn dann sogleich energisch zu einem Mauervorsprung im hinteren Teil des Innenhofes.
„Ich konnte es kaum erwarten, Euch wiederzusehen“, sprudelte es aus ihm heraus. „Jetzt erzählt schon. Wie ist es Euch ergangen, und wo ist Marie? Radulfus hat getobt, als er Eure Flucht entdeckt hat, und natürlich auch mich verdächtigt, etwas damit zu tun gehabt zu haben.“
Die Erinnerung daran ließ ihn zufrieden und voller Stolz grinsen.
„Zum Glück ist mir damals in der Kathedrale jedoch noch rechtzeitig eingefallen, dass uns die Novizen zuvor zusammen gesehen hatten. Deshalb bin ich gleich nach unserem Abenteuer über die Mauer geklettert und in meine Schenke gegangen. Und so haben der Wirt und einige andere Gäste am nächsten Tag bezeugt, dass ich den ganzen Abend im Wirtshaus verbracht habe, und Radulfus konnte mir nichts anhaben.“ Er versetzte Robert einen leichten Stoß.
„Jetzt macht es nicht so spannend. Ich will alles wissen und werde erst Ruhe geben, wenn Ihr mir alles erzählt habt.“
Robert musste lachen, obwohl ihm wirklich nicht danach zumute war. Aber es tat gut, den Freund aus seiner Studienzeit wiederzusehen. War es tatsächlich erst ein Jahr her, seitdem sie Marie aus dem Kerker des Bischofs befreit und aus Bourges geflohen waren?
Vielleicht würde ihm Bernard ja ein zweites Mal helfen und hätte eine Idee, wie sie Marie aus den Händen des Herrn von Coucy befreien konnten.
Er räusperte sich und erzählte Bernard alles, was seit ihrer Trennung geschehen war.
„Marie befindet sich immer noch auf der Burg von Coucy, und ich werde in zwei Tagen Philippa heiraten müssen, weil der Vater meiner Braut das Lösegeld für meine Freilassung gezahlt hat.“ Seine Stirn legte sich dabei in tiefe Falten.
„Ich würde alles tun, um Marie zu befreien, ich liebe sie und habe das Gefühl, dass ein Teil von mir bei ihr geblieben ist. Ich fühle mich, als wäre ich nur noch ein halber Mensch. Ach, es ist alles so hoffnungslos“, winkte er zuletzt mit einer Geste seiner Hand ab und begann auf und ab zu gehen.
„Oder wisst Ihr etwas, das ich tun könnte und bislang noch nicht versucht habe?“
Bernard hatte voller Spannung Roberts Worten gelauscht und ihn, entgegen seiner sonstigen Art, kein einziges Mal unterbrochen.
„Ich werde darüber nachdenken“, versprach er voller Ernst. „Doch ihr müsst mir ein wenig Zeit lassen, die ganze Geschichte scheint mir tatsächlich ziemlich kompliziert zu sein.“
Tröstend legte er seinen Arm um Roberts Schulter.
„Uns wird schon etwas einfallen. In jedem Fall wäre es aber wichtig, eine Vertrauensperson auf der Burg zu haben, die Euch auf dem Laufenden hält. Denn aufgrund Eurer Schilderung sehe ich nur eine Chance, um Marie zu befreien: Es muss zu einer Zeit geschehen, in der sich Enguerrand gerade nicht auf der Burg befindet. Nur dann hätte man genügend Zeit, um Marie in Sicherheit zu bringen. Aber wenn dieser Enguerrand so streitlustig ist, wie Ihr behauptet, wird die nächste Fehde mit einem seiner Nachbarn wohl nicht lange auf sich warten lassen.
Doch wie wollt Ihr die Reise Eurem Vater erklären? Immerhin werdet Ihr dann schon verheiratet sein, und Euer Vater, Eure Frau und Euer zukünftiger Schwiegervater, denen gegenüber Ihr Verpflichtungen habt, werden nicht sehr begeistert sein, wenn Ihr Euch aus diesem Grund auf und davon macht.“
Roberts Miene hatte sich bei Bernards letzten Worten zusehends verdüstert, und Bernard beeilte sich nun, ihn zu beruhigen, indem er schnell wieder
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