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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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auf Enguerrand zu sprechen kam.
    „Seht es doch einmal so, dass die hohen Sicherheitsvorkehrungen dieses Tyrannen auch etwas Gutes haben. Denn genauso wenig, wie es jemandem gelingt, von der Burg zu fliehen, gelingt es ihm auch, dort hineinzukommen. Jedenfalls ist Marie so lange vor Radulfus sicher, wie sie sich auf der Festung befindet. Denn der wird, sobald er merkt, dass Otto nicht mehr zurückkehren wird, neue Wege suchen, um an sie heranzukommen. Ich glaube jedenfalls nicht, dass er so schnell aufgeben wird.“
    Bernard erhob sich.
    „Lasst uns einen Becher Wein trinken, das hebt die Stimmung. Außerdem ist meine Kehle schon ganz trocken, und mit trockener Kehle kann ich nicht denken.“
    Die Unbekümmertheit seines Freundes machte Robert neuen Mut. Und während er Bernard in den Saal folgte, der mit lauter lachenden und trinkenden Menschen gefüllt war, grübelte er bereits darüber nach, wer von den Burgbewohnern als Informant für sie in Frage kommen würde.
    Gilles konnte genauso wenig lesen und schreiben wie der Stallmeister, und wem sonst konnte er auf der Burg noch trauen? Bernard unterbrach seine Überlegungen.
    „Jetzt hört auf, so griesgrämig in Euren Becher zu starren, und lasst uns lieber unser Wiedersehen feiern.“ Er beugte sich zu Robert hinüber und legte ihm vertraulich den Arm um die Schulter.
    „Ich habe gehört, dass Eure Braut wunderschön sein soll, und bin schon ganz gespannt darauf, sie morgen zu sehen.“ Philippa war ohne jeden Zweifel eine außergewöhnlich schöne Braut.
    Sie trug ein rotes, golddurchwirktes Gewand, das an den Ärmeln und am Mieder überreich mit den gleichen Perlen besetzt war, die auch die Brautkrone verzierten. Goldene Locken fielen ihr aus der kunstvoll hochgesteckten Frisur bis auf die Schultern herab und umrahmten ihr schmales Gesicht. Sie war klein und zierlich, und Robert überragte sie um Haupteslänge.
    Als Robert ihr in die tiefblauen, leicht schräg stehenden Augen sah, versetzte ihm ihr Anblick jedoch unwillkürlich einen Stich. Eigentlich sollte Marie und nicht Philippa in diesem Moment neben ihm stehen, dachte er traurig, während er seine Braut höflich begrüßte.
    Philippa lächelte ihn ein wenig verlegen an. Sie war erst fünfzehn Jahre alt, und man hatte sie ebenso wenig wie Robert gefragt, ob sie mit der Heirat einverstanden war.
    Als sie ihren Bräutigam jetzt allerdings zum ersten Mal sah, war sie erleichtert. Sein gut geschnittenes Gesicht strahlte Vertrauen aus, und auch seine ernsthafte Nachdenklichkeit gefiel ihr. Die Heilige Jungfrau hatte ihre flehenden Gebete erhört, und sie war überzeugt davon, einen guten Ehemann zu bekommen.
    Nach der Trauung in der Burgkapelle wurde ein großes Festmahl gegeben, das für die Dauer von drei Tagen und Nächten angesetzt worden war.
    Schweigend saß Robert neben Philippa und trank aus Verzweiflung einen Becher Wein nach dem anderen. Immer wieder sah er Marie vor sich, und die bevorstehende Hochzeitsnacht kam ihm wie ein Verrat an ihr vor.
    Gegen Mitternacht blieb ihm jedoch nichts anderes übrig, als sich mit Philippa ins Brautgemach zu begeben. Schwankend erhob er sich und stützte sich unter dem lauten Beifall der Gäste auf einen Diener, der ihn und Philippa die Treppe des Wohnturmes hoch und bis in ihr Gemach begleitete.
    Der Diener half ihm auch noch beim Auskleiden und zog sich dann zurück.
    Schließlich war er mit Philippa allein.
    Verlegen starrte sie auf das breite, mit einem roten Baldachin umspannte Bett, das von nun an ihre gemeinsame Schlafstätte sein würde.
    „Ich gefalle Euch nicht“, bemerkte sie mit gesenktem Blick. Ihre Stimme klang so verzagt, dass Robert nicht anders konnte, als sie zu trösten: „Es hat nichts mit Euch zu tun. Ihr seid wunderschön, und ich verspreche Euch, dass ich mich bemühen werde, Euch ein guter Ehemann zu sein“, versprach er ihr.
    „Auch ich werde mich bemühen, Euch eine gute Ehefrau zu sein“, erwiderte Philippa voller Ernst und bot ihm darauf ihren Mund zum Kuss.
    Robert hielt sein Wort. In den nächsten Tagen verhielt er sich Philippa gegenüber höflich und respektvoll, ging ihr ansonsten aber aus dem Weg, wann immer er konnte.
    Nach der Hochzeitsnacht hatte er sie nie wieder berührt. Er tat alles, was man von ihm verlangte, darüber hinaus vergrub er sich jedoch jede freie Minute in seine Studien.
    Die Scham darüber, sein Marie gegebenes Wort gebrochen zu haben, belastete ihn schwer, und so suchte er jeden Morgen die Kapelle auf und

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