Die Bluterbin (German Edition)
Schwert.
Bernard achtete nicht auf ihn. Erneut versuchte er, an Robert heranzukommen, doch vier weitere Wachen schirmten die Gefangenen ab.
Dann wurden sie weggebracht. Zwei der Wachen liefen mit Knüppeln voran durch die Menschenmasse, die erschrocken zur Seite wich.
Elsa starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die Szene, die sich ihr bot. Sie verstand nicht, was das alles zu bedeuten hatte.
„Bitte hilf mir hier herunter“, sagte sie zu Jack. „Ich muss zu Marie.“
„Du kannst ihr doch nicht helfen und wirst dir nur Ärger einhandeln, wenn du ihr folgst“, weigerte sich Jack entschlossen. „Mein Herr wird schon wissen, was zu tun ist, doch zuerst müssen wir einmal diesem Gewühl entkommen.“ Albertus folgte den Wachen zum Bischofspalast, wo Radulfus schon ungeduldig auf ihn wartete. Der Bischof hatte ihn in Bezug auf die junge Frau gewarnt. Sie sähe aus wie die Madonna, sanft und unschuldig zugleich, und dennoch wäre sie der ideale Beweis für die hinterlistigen Machenschaften Satans.
Er hatte keinen Grund gehabt, an den Worten des Bischofs zu zweifeln. Frauen hatten schon immer eine ernst zu nehmende Gefahr für Männer dargestellt, die sie verführten, um sie auf die unmöglichsten Abwege zu bringen. Von klein an hatte er sie misstrauisch beobachtet und stets darauf geachtet, dass sie ihm nicht zu nah kamen. Er war gespannt auf die bevorstehende Verhandlung, aber vor allem darauf, ob Satan sein wahres Gesicht zeigen würde, wenn er bemerkte, dass er, Albertus, ihn erkannt hatte.
Als ein Diener Radulfus die Ankunft Albertus’ und der Gefangenen meldete, schickte dieser seine Dienerschaft bis auf einen Schreiber, der ihm sehr ergeben war, hinaus. Seine Nase begann aufgeregt zu zucken.
Zum zweiten Mal hatte Marie versucht, vor ihm zu fliehen, und daran war allein dieser junge Graf schuld. Warum sonst wäre sie zu ihm in die Kathedrale gekommen? Die verschiedensten Gedanken liefen durch sein krankes Hirn. Seine Hände waren plötzlich feucht, und er schwitzte am ganzen Körper.
Albertus’ glattes Gesicht wirkte dagegen kühl wie immer. Mit einem kurzen Blick auf Radulfus erfasste er die Unruhe, die im Inneren des Bischofs tobte, ließ sich jedoch nichts anmerken.
Radulfus streckte ihm seine Hand entgegen, und er beugte sein Knie, um einen ehrerbietigen Kuss auf den Bischofsring zu drücken.
„Ich bringe Euch die Gefangenen, Robert de Forez und Marie Machaut“, verkündete er glatt. „Sie warten draußen vor der Türe.“
„Dann schafft sie herein!“, befahl Radulfus. Er bemühte sich, seine Aufregung zu unterdrücken, doch es gelang ihm nicht. Das Zucken seiner Nase verriet ihn und verstärkte sich noch einmal mehr, als die Wachen Robert und Marie in den Audienzsaal führten.
„Ihr könnt draußen warten!“, ordnete Radulfus an.
Dann wandte er sich Marie zu, die hoch aufgerichtet vor ihm stand und keinerlei Angst vor ihm zu haben schien. Sie sah ihm direkt in die Augen, worauf Radulfus seinen Blick von ihr abwendete. Es gefiel ihm nicht, wie Albertus ihn lauernd beobachtete.
Er gab sich einen Ruck und zwang sich mit aller Kraft zur Ruhe. Trotzdem konnte er ein leises Zittern in seiner Stimme nicht verhindern.
„Ihr seid festgenommen, weil Ihr in dem Verdacht steht, unseren armen Bruder Gregor in der Kapelle ermordet zu haben“, erklärte er und ärgerte sich im gleichen Moment über sich selbst. Als Bischof von Bourges schuldete er den Gefangenen keine Erklärung.
„Wir haben nichts mit dem Mord zu tun, und das wisst Ihr ganz genau“, gab Robert bestimmt zur Antwort.
„Schweigt!“, fuhr Radulfus ihn an. „Ihr redet ab sofort nur noch, wenn Ihr gefragt werdet!“
Maries Anwesenheit brachte ihn total durcheinander. Immer wieder glitten seine Augen über ihre schmale, frauliche Gestalt, und er wünschte sich nichts anderes mehr, als endlich allein mit ihr zu sein. Doch dafür musste er erst Robert und Albertus fortschaffen. Für das, was er vorhatte, konnte er keine Zeugen gebrauchen.
„Wir werden sie später zu ihrer schändlichen Tat befragen“, gab er daher an und rief nach den Wachen.
„Schafft sie in den Nordturm!“, befahl er. Dann wandte er sich an Albertus.
„Ich habe noch wichtige Angelegenheiten zu erledigen, die keinen Aufschub dulden. Sobald ich damit fertig bin, werde ich den Tag der Verhandlung festlegen.“ Damit reichte er Albertus erneut seine ringgeschmückte Hand, als Zeichen dafür, dass er entlassen war. Gehorsam beugte sich Albertus vor und
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