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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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theatralisch die rechte Hand.
    „Kein Wort wird über meine Lippen kommen, ich schwöre es bei Gott und allen Heiligen.“ Neugierig geworden sah er den Freund an. „Jetzt redet schon, vielleicht kann ich Euch von Eurer Sorge befreien, und Ihr hört endlich auf herumzulaufen, als trüget Ihr die Schuld aller Sünder allein auf Eurem Buckel.“
    Roberts Mund verzog sich zu einem grimmigen Lächeln.
    „Lasst uns ein Stück gehen, hier haben die Wände Ohren.“
    „Ihr macht es aber spannend.“ Bernard platzte beinahe vor Neugier. Ungeduldig wartete er darauf, dass Robert zu reden begann.
    „Ihr habt mich einmal gefragt, ob es ein Mädchen in meinem Leben gibt, nun, es gibt tatsächlich eines, das mir sehr viel bedeutet.“
    Bernard zwinkerte ihm verständnisinnig zu.
    „Es ist nicht, wie Ihr denkt“, wies Robert ihn ein wenig verlegen zurecht. „Unsere Freundschaft ist frei von jeder Sünde.“
    Es gelang Bernard nur mit Mühe, ein Grinsen zu unterdrücken. Sein braver, verträumter Freund war noch unschuldiger als die unschuldigste Jungfrau in der Stadt. Es wurde Zeit, dass endlich einmal jemand einen richtigen Mann aus ihm machte. Seiner Meinung nach verbrachte Robert viel zu viel Zeit in der Bibliothek und in der Schreibstube und bekam vom Leben in der Stadt zu wenig mit.
    Eine hübsche Magd kam ihnen entgegen. Sie trug einen Korb nasser Wäsche am Arm, die sie am Gemeinschaftsbrunnen gewaschen hatte. Im Vorbeigehen warf sie Bernard einen bewundernden Blick zu, den er erfreut erwiderte.
    „Ich würde Euch gerne tragen helfen, meine Schöne, aber leider gibt es noch eine dringende Angelegenheit, die meine gesamte Aufmerksamkeit verlangt, vielleicht ein anderes Mal?“ Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln und genoss es sichtlich, dass sie unter seinem Blick errötete. Lächelnd sah er ihr nach, bis sie zwischen einer Schar ehrwürdiger Schwestern verschwand.
    Dann erst wandte er sich wieder Robert zu, der unwillig die Brauen hochgezogen hatte.
    „Ich bin eben anders als Ihr“, meinte er entschuldigend. „Doch redet nur weiter, ich bitte Euch.“
    Robert räusperte sich einige Male, bevor er fortfuhr:
    „Vor einiger Zeit hat König Ludwig der Kathedrale einen Besuch abgestattet.“
    „Davon habe ich gar nichts gehört“, unterbrach Bernard ihn aufgeregt. „Wie ist der König denn so? Glaubt Ihr, dass er ein guter Feldherr sein wird? Oder ist er so fromm, wie man sich erzählt, und es wäre besser, er würde in ein Kloster gehen, anstatt einen Kreuzzug zu führen?“ Er öffnete den Mund, um weitere Fragen zu stellen, doch Robert fiel ihm ins Wort. „Ich habe nur kurz mit ihm gesprochen, aber er schien mir ein außergewöhnlicher Mann zu sein. Doch hört endlich auf, mich ständig zu unterbrechen.“ Robert war stehen geblieben. Sein Blick richtete sich auf einen Punkt hinter Bernard.
    Sie befanden sich in der Judengasse, die nicht weit von Maries Elternhaus entfernt lag. Ohne dass es ihm bewusst geworden war, hatte er diesen Weg eingeschlagen. Einige Kinder rannten die Gasse hinauf, doch sie verbreiteten weniger Lärm, als man es sonst von Kindern gewohnt war. Überhaupt war es in der Umgebung der Juden sonderbar still und auch weniger schmutzig. Es gab keine Hühner und keine Schweine hier, weshalb die Straße auch von deren Exkrementen frei war. Ebenso kam hier niemand auf die Idee, seine Abfälle oder die eigenen Exkremente achtlos aus dem Fenster zu werfen, wie es allgemein üblich war.
    Die schlichten Steinhäuser wirkten trotz ihrer Größe unauffällig, aber auch ein wenig abweisend, was an den Fensteröffnungen lag, die so schmal waren, dass nicht einmal ein Kind durch sie hindurchschlüpfen konnte.
    Die Leute erzählten sich, dass alle Judenhäuser durch unterirdische Gänge miteinander verbunden wären, und obwohl niemand von ihnen diese angeblichen Geheimgänge jemals gesehen hatte, hielten sich die Gerüchte hartnäckig.
    Bernards Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, während er darauf wartete, dass Robert weitersprach. Aber der Freund schien mit seinen Gedanken weit fort zu sein, und so räusperte er sich einige Male, um dessen Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen.
    Roberts Gedanken waren währenddessen zu dem Tag zurückgewandert, an dem er dem König begegnet war, und er versuchte zu verstehen, was damals wirklich geschehen war. Er sah Marie auf dem kalten Boden der Kathedrale liegen und neben ihr König Ludwig mit seinem Seneschall und dem Bischof stehen.
    „Der König

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