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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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die Schultern. „Schade um das schöne Kind“, bemerkte er trocken. „Ich habe gar nicht gewusst, dass es hier solche Mädchen gibt.“
    Robert gab ihm keine Antwort. Nachdenklich starrte er auf die Tote. Ihr Gesicht kam ihm bekannt vor, doch er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wo er es schon einmal gesehen hatte. Einer der Männer zog ihr das Tuch wieder über den Kopf.
    „Ihr könnt losfahren“, brüllte er dem Schinder zu, ohne ihn dabei anzusehen. Aber der Schinder war es gewohnt, dass es normalerweise jeder anständige Bürger vermied, ihm offen in die Augen zu sehen. Er knallte mit der Peitsche, worauf sich sein Pferd wieder in Bewegung setzte und der Wagen rumpelnd davonfuhr.
    „Wenn ich nur wüsste, wo ich ihr Gesicht schon einmal gesehen habe“, überlegte Robert laut.
    Bernard schlug ihm fröhlich auf die Schulter.
    „Besucht Ihr vielleicht heimlich die Schenken der Stadt, ohne Eure Freunde an Euren Vergnügungen teilhaben zu lassen?“, scherzte er, ohne eine Antwort auf seine Frage zu erwarten. „Jetzt kommt endlich, ich habe Durst.“
    Er zog Robert mit sich in die Schenke, die von innen noch weniger einladend wirkte als von außen.
    Die beiden Männer, die die Leiche des Mädchens auf den Wagen geworfen hatten, saßen jetzt neben dem Kamin. Sie waren die einzigen Gäste, und der Wirt hatte ihnen gerade neuen Wein gebracht. Als die Türe geöffnet wurde, wandte er sich um und starrte den beiden vornehm gekleideten Jünglingen grimmig entgegen.
    „Wir haben geschlossen“, beschied er ihnen sehr unfreundlich.
    „Wir möchten nur einen Krug Wein trinken“, erwiderte Bernard ungerührt und warf einen Silberpfennig auf die verdreckte Theke. Dann ging er zusammen mit Robert an einen der Tische und setzte sich. Der Wirt gab nach. Er hatte keine Lust, sich wegen einiger Krüge Wein Ärger einzuhandeln, davon hatte er bereits genug. Sein bestes Mädchen war ermordet worden, und es würde nicht leicht sein, einen gleichwertigen Ersatz für sie zu finden.
    Leise fluchend füllte er zwei Krüge mit Wein und brachte sie an den Tisch. Bernard nahm einen großen Schluck, während Robert noch immer nachdenklich auf den fleckigen Tisch starrte. Plötzlich schlug er sich mit der Hand an die Stirn. „Jetzt weiß ich, wo ich das Mädchen schon einmal gesehen habe“, stieß er aufgeregt hervor.
    „Welches Mädchen?“ Bernard nahm noch einen großen Schluck aus seinem Krug.
    „Das Mädchen, das die beiden da drüben eben herausgetragen haben.“ Die Männer am Kamin wandten neugierig ihre Köpfe, und auch der Wirt trat schlurfend näher.
    Bernard stand auf.
    „Nicht hier“, wisperte er warnend. „Lasst uns draußen weiterreden.“
    Robert sah ihn verständnislos an. Er begriff nicht, warum Bernard es auf einmal so eilig hatte.
    Doch schon baute sich der Wirt drohend vor ihrem Tisch auf. Er packte Bernard am Arm.
    „ Nicht so eilig, Bürschchen. Erst erzählt ihr mir, was ihr über meine arme Constance wisst. Kennt ihr etwa ihren Mörder, den feinen Mönch? Oder steckt ihr gar mit ihm unter einer Decke?“ Grimmig beugte er sich vor. Sein fauliger Atem schlug Bernard ins Gesicht, das sich angewidert verzog.
    Angeekelt wandte er seinen Kopf und befreite sich mit einem Ruck aus dem Griff des Wirtes, den er um einen halben Kopf überragte.
    „Wagt es nicht, mich noch einmal anzufassen, Ihr würdet es sonst bereuen“, schrie er wütend.
    Der Wirt schien nicht sonderlich beeindruckt. Auf eine knappe Bewegung seines Kopfes sprangen die beiden Männer am Kamin auf und stellten sich links und rechts neben ihn. In der Hand des Kleineren blitzte eine Klinge auf.
    „Hier erteile ich die Befehle, junger Herr, und ich will jetzt wissen, wer dieser Mönch ist, der meine Constance ermordet hat.“
    Bernard funkelte den Wirt wütend an. Dann warf er den beiden Männern einen abschätzenden Blick zu. Ihre dunklen Umhänge starrten vor Dreck, und sie sahen nicht so aus, als würden sie einem ehrlichen Handwerk nachgehen. Sie waren eindeutig betrunken und nicht annähernd so kräftig wie er. Besonders der Größere von ihnen, mit den verfilzten Haaren, hatte bereits Mühe, das Gleichgewicht zu wahren, und wankte leicht, während er ihn aus glasigen Augen anglotzte. Er würde kein Problem mit ihnen haben. Robert bräuchte nur den Schenkenwirt zu übernehmen, dem er an Kraft und Schnelligkeit bei Weitem überlegen war. Um das Messer machte er sich keine Gedanken. Er würde es dem Kleineren aus der Hand schlagen, noch

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