Die Blutgraefin
hingebracht?«
Statt zu antworten, trat Maria an ihm vorbei und streckte die Hand
aus, um den Hengst zu streicheln. Das Tier warf den Kopf in den
Nacken, stampfte mit den Vorderhufen auf und versuchte, nach ihr
zu beißen. Maria zog die Hand hastig zurück und wandte sich mit
einem angedeuteten Achselzucken wieder zu ihm um.
»Lass uns nicht streiten«, sagte sie. »Elenja hat mir erzählt, dass du
ganz aufgeregt warst und allein in den Wald gelaufen bist.« Sie legte
fragend den Kopf auf die Seite. »Es ist wegen der Eule, nicht wahr?«
Andrej musterte sie überrascht.
»Elenja hat mir erzählt, dass ihr dem Vogel begegnet seid«, sagte
sie.
»Das stimmt«, antwortete Andrej zögernd. Was wusste Maria von
der Eule?
»Das Tier gehört Blanche«, sagte Maria, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Du hättest mich fragen können.«
»Blanche?«, wiederholte Andrej überrascht. »Die Eule gehört
ihm?«
»Sie ist sein Auge und sein Ohr«, bestätigte Maria. »Ich glaube, er
ist auf eigentümliche Weise mit ihr verbunden.«
»Du glaubst?«, wiederholte Andrej zweifelnd.
»Er spricht nicht gerne über sie«, antwortete Maria.
»Wie über so vieles, nicht wahr?«, fragte Andrej.
Maria überging die Bemerkung. »Lass uns nicht streiten«, wiederholte sie. »Schon gar nicht über ein dummes Tier. Wenn du sie hier
gesucht hast, dann war deine Mühe jedenfalls umsonst. Sie kommt
niemals hierher. Sie meidet die Nähe der Menschen.«
»Genau wie ihr Herr.«
Er sah Maria an, dass sie sich über diese Bemerkung ärgerte. Möglicherweise zu Recht. Andrej war sich darüber im Klaren, dass man
sein Benehmen durchaus als Eifersucht deuten konnte. Doch dazu
hatte er nicht das mindeste Recht.
Ohne Blanche wäre Maria schon vor einem halben Jahrhundert gestorben. Außerdem hatte sie ihm glaubhaft versichert, dass zwischen
ihr und dem Weißhaarigen niemals etwas gewesen war. Nein. Er
hatte keinen Grund, eifersüchtig zu sein.
Um von seinen Gedanken abzulenken, zog er den Mantel enger um
die Schultern und fröstelte übertrieben. »Hat Elenja getan, worum ich
sie gebeten habe, und einen Topf mit Glühwein auf den Herd gesetzt?«, fragte er.
»Genug, um darin zu baden«, antwortete Maria. »Komm.« Sie ergriff ihn am Arm und zog ihn lachend mit sich zur Tür. Das Pferd
scheute leicht, als sie an ihm vorübergingen. Andrejs schlechtes Gewissen meldete sich, das Tier abermals hungrig in der Kälte zurückzulassen, aber Maria zog ihn hastig mit sich hinaus ins Freie. Kaum
hatten sie das Gebäude verlassen, da verlor das unheimliche graue
Licht seine Macht, und ihr Haar flammte wieder leuchtend auf.
Maria ließ seine Hand los, rannte ein paar Schritte und klaubte im
Laufen eine Hand voll Schnee auf, die sie zu einem Schneeball zusammenpresste und über die Schulter zurückwarf, ohne auch nur den
Kopf zu drehen. Trotzdem landete das eisige Geschoss zielsicher in
Andrejs Gesicht und nahm ihm für einen Moment den Atem.
Andrej blieb stehen, spuckte sonderbar bitter schmeckenden Schnee
aus und fuhr sich mit dem Handrücken durch das Gesicht.
»Na warte«, grollte er. »Das hat noch keiner ungestraft mit mir gemacht!«
»So?«, fragte Maria und warf einen zweiten, deutlich größeren
Schneeball, der mit solcher Wucht in seinem Gesicht explodierte,
dass er einen halben Schritt zurücktaumelte, um sein Gleichgewicht
zu wahren. Im nächsten Moment ließ er sich auf ein Knie fallen, um
seinerseits einen Schneeball zusammenzuraffen und nach Maria zu
werfen.
Sie wich dem Wurfgeschoss ohne die geringste Mühe aus und revanchierte sich mit einem ganzen Hagel von Schneebällen, von denen nur die wenigsten ihr Ziel verfehlten. Im nächsten Moment war
eine wilde Schneeballschlacht im Gange.
Andrej versuchte zunächst noch, Maria zu schonen, zum einen, weil
sie eine Frau war, zum anderen, weil Maria eben seine geliebte Maria
war, aber diese Rücksicht wurde ihm nicht gedankt. Er selbst traf so
gut wie nie, während sie einen wahren Schauer aus Schneebällen auf
ihn herunterprasseln ließ, von denen mehr als einer einen Eisklumpen oder einen kleinen Stein enthielt, sodass Andrej bald der Kopf
schwirrte und er sogar aus einer kleinen Platzwunde an der Schläfe
blutete. Das hielt Maria allerdings nicht davon ab, ihn immer heftiger
und härter zu attackieren. Schließlich reichte es ihm. Er ließ auch den
letzten Rest von Rücksicht fahren und warf so hart und gezielt zurück, wie er nur konnte.
Maria bewegte sich dermaßen
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