Die Blutgruft
Diese Person müssen wir finden, und ich habe keinen Verdacht, wer dahinter stecken könnte. Wie sieht es mit dir aus?«
Diesmal musste ich lachen. »Eine Antwort willst du doch nicht im Ernst haben.«
»Sicher, John. Du weißt selbst, dass Vampire keine Grenzen kennen. Oder hat sich dein spezieller Blutsauger-Freund Mallmann schon jemals darum gekümmert?«
»Das nicht. Aber es muss nicht heißen, dass er hinter dieser Sache steckt.«
»So etwas habe ich auch nicht gesagt. Nur sollte man es in Erwägung ziehen, finde ich.«
»Keine Sorge, das tue ich schon.«
Unser Gespräch brach ab. Suko hatte den BMW vor einer Ampel stoppen müssen. Der Querverkehr lief vorbei. Sogar die Autos kamen mir hier heller vor als anderswo. In dieser Stadt kamen die Urlaubsgedanken automatisch. Es gab keine Hochhäuser, die dem Himmel entgegenstrebten. Alles wirkte sehr überschaubar. Die Sonne hatte alles hell werden lassen. Kleinere Häuser, manche Fassaden bunt angemalt, verschiedene Höhen, oft Holz als Baumaterial und weiß gestrichen, sorgten immer wieder für eine maritime Atmosphäre.
Wir rollten über die Kreuzung hinweg. Danach in eine Seitenstraße, in der es keine Geschäfte gab. Dafür Bauten, die recht amtlich aussahen und alle irgendwie gleich wirkten.
Das Büro des Sheriffs lag am Ende der Straße. Dort wurden die Häuser wieder niedriger. Es gab eine bessere Sicht, sodass uns auch die langen Überlandleitungen auffielen. Auch das Wasser schimmerte in der Ferne. Es sah aus wie ein bläulicher Teppich, auf dem die Inseln wie Flicken wirkten.
Ich war froh, den Wagen verlassen zu können und trat gern hinein in die laue Frühlingsluft, die auch vom Aroma der Blüten durchzogen war, trotz der leicht frischen Brise und des salzigen Geschmacks, die sie mitbrachte.
Ein Schild wies darauf hin, wen der Besucher fand, wenn er die Tür aufstieß, die in das einstöckige Gebäude hineinführte. Es hätte auch in England stehen können, denn es bestand aus rotbraunen Backsteinen. Allerdings waren die zur Straße hin liegenden Fenster vergittert. Da hatte wohl mal ab und zu jemand versucht, auf etwas unkonventionelle Art und Weise zu fliehen.
Die Tür war nicht geschlossen. Sie stand sogar sperrangelweit auf. Ein Keil hielt sie fest. Wir schauten auf den Rücken einer Reinemachefrau, die dabei war, den Boden zu schrubben. Uns hörte sie nicht. Dafür die Musik aus einem Walkman, dessen Bügel sich über ihren Kopf spannte und das fahle Haar eindrückte.
Sie erschrak, als wir an ihr vorbeigingen und nur mit den Zehenspitzen auftraten.
Rasch streifte sie das Gerät ab. »He, der Chief ist nicht da.«
Abe Douglas, der schon an der Tür zum Office stand, drehte sich um. »Das wissen Sie genau?«
»Klar, sonst hätte ich es Ihnen nicht gesagt.« Die Frau wischte ihre Hände an einer Schürze ab.
»Ist überhaupt jemand hier?«
»Jeff Corner, der Deputy.«
»Danke.«
Abe war ein höflicher Mensch. Er klopfte, dann traten wir ein und sahen uns in einem recht geräumigen Büro um, das noch eine zweite Tür hatte. Hinter dem Schreibtisch malte sie sich ab. Vor dem Schreibtisch aber saß ein Mann, der dabei war, seine Waffe zu reinigen. Für einen Moment kam ich mir vor, wie in den Wilden Westen versetzt.
Als er uns sah, ließ er das ölige Tuch sinken und schaute uns neugierig an. Jeff Corner war ein knochiger Typ um die 35. Sein dünnes dunkelbraunes Haar war nach hinten gekämmt, um die kahlen Stellen auf seinem Kopf zu verdecken. Ein langes Gesicht, Bartschatten auf den Wangen und ein breiter Mund mit dicken Lippen. Seine Augen sahen irgendwie traurig aus, und das Lächeln wirkte leicht aufgesetzt.
»He, ihr kommt gleich in Mannschaftsstärke?«
»Wir sind nur zu dritt«, sagte der G-man. Er zeigte seinen Ausweis. »Sie sind Jeff Corner?«
»Ja, bin ich. Und ich halte hier die Stellung. Der Chief ist nämlich nicht da.«
»Was mich wundert.«
»Wieso?«
»Er wusste, dass wir kommen.«
»Das weiß ich auch. Und deshalb habe ich seinen Job übernommen.«
Der G-man ging nicht näher darauf ein. Er stellte uns vor. Wir reichten Corner nicht die Hand, denn an ihr klebte noch der dünne Film aus Waffenöl.
Da es nicht genügend Stühle gab, blieben wir stehen. Suko und ich lehnten an der Wand. Douglas hatte sich vor dem Schreibtisch aufgebaut und seine Hände gegen das Holz gestützt.
»Dafür, dass der Chief verschwunden ist, muss es einen Grund geben. Sagen Sie ihn uns.«
»Er fuhr weg.«
»Das bringt uns nicht
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