Die Blutgruft
hohen Kiste, die ihm zugleich als Stütze diente. Was sich in dieser Kiste befand, wusste er nicht. Sie schien irgendwann vergessen worden zu sein, denn das Holz zeigte bereits die braune Farbe einer leichten Fäulnis.
Zum Glück war ihm noch eingefallen, im Büro anzurufen. Er hatte auch kurz mit Douglas gesprochen und hatte ihm eigentlich noch mehr sagen wollen, doch leider war es nicht mehr dazu gekommen, denn er hatte dieses leise Lachen gehört. Die Person in der Dunkelheit hatte er nicht gesehen.
Aber er wusste sehr genau, wer da gelacht hatte. Es war Jessica Flemming gewesen.
Sie war also da. Irgendwo in der Nähe. Sie hatte ihr Versprechen gehalten.
Und sie würde kommen, das stand für Rifkin fest. Sie würde ihn zu finden wissen, sich auf ihn stürzen und zubeißen. Sein Blut war für sie verdammt wichtig. Vampire bekamen davon nie genug. Davon ging er einfach aus.
Der Sheriff hockte auf dem Boden. Die Beine hatte er angewinkelt. Das Handy steckte wieder in seiner linken Brusttasche. Dafür hatte er seine Waffe gezogen. In jeder Kammer der Trommel steckte eine Kugel. Diesmal wollte er auf das Gesicht der Person zielen, das hatte er sich fest vorgenommen. Er glaubte daran, einen Vampir vernichten zu können, wenn er ihm eine Kugel in den Kopf schoss.
Während und nach dem Anruf war es etwas hektisch gewesen. Allmählich schaffte er es, sich zu beruhigen. Er musste cooler werden. Die Voraussetzungen waren gegeben. Er hatte im Office angerufen und bekannt gegeben, wo er sich aufhielt. Alles Weitere war Sache der Kollegen aus dem Norden.
Es war wieder still geworden. Und diese Stille hatte etwas Unheimliches. Er fühlte sich unwohl. Auf der Haut hatte sich Schweiß gebildet, und auch seine Handflächen waren feucht geworden.
Die sitzende Haltung war nicht eben das, was er brauchte. Deshalb drückte er sich so leise wie möglich in die Höhe und stemmte sich an der rauen Wand der Kiste ab.
Es ging ihm etwas besser, als er auf den Beinen stand. Viel erkennen konnte er nicht, weil ihm auf der linken Seite die hohe Kiste die Sicht nahm.
Nach vorn schaute er in die Dunkelheit hinein. Das war auch nicht sein Fall. Er traute sich zudem nicht, die Lampe einzuschalten, und so gab es für ihn nur eine Möglichkeit. Er bewegte sich auf möglichst leisen Sohlen auf den Rand der großen Kiste zu, um dann um die Ecke schauen zu können.
Don Rifkin wusste selbst nicht, ob er sich diese Person herbeisehnen sollte oder nicht. In ihm bewegten sich zwei Welten. Auf der einen Seite wollte er gern eine Entscheidung herbeiführen, auf der anderen fürchtete er sich davor, denn er hatte nicht vergessen, was in der Wohnung der Witwe Prudomme passiert war. Das hing ihm noch immer nach und würde auch noch lange andauern.
Der Sheriff hatte seinen Atem unter Kontrolle bekommen. Als er stehen blieb, dachte er daran, wie relativ die Zeit sein konnte. Ihm kam die Spanne nach dem Anruf schon irrsinnig lang vor, und trotzdem stimmte das nicht, sonst wären die Helfer längst erschienen.
Er traute sich nicht, um die Ecke der Kiste in die Dunkelheit zu schauen. Es war zunächst wichtig, nur zu lauschen. Möglicherweise machte sich seine Gegnerin bemerkbar. Wenn er herausfand, wo sie sich ungefähr befand, ging es ihm besser.
Auf seinem Rücken lag eine klebrige Kälte. Sie stammte von der Schweißschicht, die einfach nicht weichen wollte. Er spürte auch die eisigen Kügelchen, die über die Haut rannen und musste über die Augen wischen.
Obwohl er äußerlich ruhig wirkte, hatte er die letzte Bewegung hektisch durchgeführt.
Einen letzten Blick warf er nach rechts. Dort befand sich das Eingangstor der Halle. Es bestand aus Metall. Rifkin hatte es nicht geschafft, es zu öffnen. Aber in das Tor integriert war eine normale Tür. Und die hatte er nach einigem Zerren öffnen können.
Vor der Halle parkte der Streifenwagen. Er hätte hinlaufen und wegfahren können. Es sah alles so einfach aus. Er spielte wirklich mit dem Gedanken, es zu tun, andererseits wollte er nicht feige sein und die Gestalt der Jessica Flemming zumindest sehen.
Er lugte um die Kistenecke.
Die Halle lag vor ihm.
Unter der Decke schwebte das Licht als schwacher heller Schein. Für ihn waren die Fenster nicht mehr als Ritzen. Wenn in der Halle gearbeitet worden war, dann hatten die normalen Lampen gebrannt, doch das lag lange zurück. Wahrscheinlich war der Strom abgestellt worden.
Rifkin erschrak über sich selbst, als er nach vorn ging. Er war irgendwie
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