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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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entfernt hatte, blieb Gallardo in der Mitte des Zimmers stehen und blickte, während er das Gleichgewicht zu halten suchte, voll Bewunderung umher, als würde er dieses Museum seines Ruhmes das erstemal betreten.
    »Großartig, wunderbar,« murmelte er, »dieser prächtige Bursche, das bin ich, dort ebenfalls und dort wieder, nurich allein ... Und doch gibt es Leute, die ... Verdammt sollen sie sein ... Ich bin der erste unter meinesgleichen. Don Jose sagte es und er spricht die Wahrheit«.
    Er warf seinen Hut auf den Diwan, stützte sich dann schwankend mit den Händen auf den Schreibtisch und starrte auf das gewaltige Stierhaupt, welches die gegenüberliegende Wand einnahm.
    »Holla, gute Nacht, mein Bursche, was machst du da? Muh, muh muh.«
    Er begrüßte ihn mit der kindischen Nachahmung des Gebrülles der Stiere. Er erkannte ihn nicht und konnte sich auch nicht erinnern, warum dieses zottige Haupt mit seinen drohenden Hörnern dort oben hing. Doch langsam kehrte sein Gedächtnis zurück. »Ich kenne dich ... Ich erinnere mich ganz gut an das, was ich deinetwegen ausstehen mußte. Die Leute pfiffen und warfen mir Flaschen nach. Und du freutest dich, du Hund ...«
    Sein trunkener Blick glaubte ein höhnisches Nicken des glänzenden Schädels und das Funkeln der gläsernen Augen zu sehen, als ob sein alter Feind diese Worte bekräftigte.
    Da fühlte der Trunkene, der bis jetzt lachend und gutmütig geblieben war, wie bei der Erinnerung an diesen mißlichen Tag der Zorn in ihm aufstieg. »Was, du lachst noch immer?« ... Diese heimtückischen, falschen Bestien waren Schuld, daß ein Mann wie er beschimpft und ausgelacht wurde. Ah, wie Gallardo sie haßte. Voll Wut trafen seine Blicke die gläsernen Augen des gehörnten Kopfes. »Was, du lachst noch, du Hundesohn? Zum Teufel mit dir!«
    Im Banne eines Wutanfalles lehnte er sich über den Tisch, streckte die Arme aus und öffnete die Lade. Dann richtete er sich auf und hob eine Hand bis zum Schädel des Stieres ...
    Zwei Revolverschüsse krachten. Ein Glasauge sprang in Splitter und in der Stirne der Bestie klaffte, umgeben von versengten Haaren, ein rundes schwarzes Loch.

VIII
    Mitten im Frühling schlug plötzlich die Temperatur mit jener extremen Heftigkeit um, wie es beim unbeständigen und verrückten Klima Madrids oft der Fall ist.
    Es war kalt. Vom grauen Himmel strömte heftiger Regen herab, in den sich Schnee und Hagel mischte. Seit zwei Wochen waren die Stierkämpfe ausgefallen. Die Veranstaltung des Sonntags sollte am nächsten schönen Tag stattfinden. Der Unternehmer, die Angestellten des Platzes und die zahllosen Anhänger, welche diese Unterbrechung selbstverständlich in keine rosige Laune versetzte, spähten mit der Ängstlichkeit des Bauern, der für seine Ernte fürchtet, zum Himmel empor. Ein lichter Fleck oder das Funkeln eines Sternes, den sie um Mitternacht bei der Heimkehr aus ihrem Kaffeehaus sahen, gab ihnen neue Hoffnung.
    »Es heitert sich aus. Übermorgen ist Stierkampf.«
    Aber die Wolken verdichteten sich, die graue Decke, aus der unaufhörlicher Regen herabfloß, blieb unverändert und alle Freunde der Stierfechtkunst empörten sich über dieses Wetter, welches dem Nationalfest den Krieg angesagt zu haben schien... Unwirtliches Land! Sogar Stierkämpfe wurden allmählich unmöglich.
    Gallardo hatte zwei Wochen erzwungener Ruhe. Seine Leute beklagten sich über diese aufgedrungene Untätigkeit.In jeder anderen Stadt Spaniens hätten die Toreros diese Verzögerung ruhig hingenommen. Doch das Leben in Madrid kostete sie viel Geld, und wenn sie den Ertrag für diese zwei Stiergefechte auf die Hand bekamen, war der ganze Lohn bereits auf die Kosten ihres Aufenthaltes daraufgegangen.
    Auch Gallardo war in der Einsamkeit seines Hotels voll böser Laune, jedoch weniger wegen des schlechten Wetters als über sein Mißgeschick.
    Sein erstes Auftreten in Madrid war sehr kläglich gewesen. Das Publikum nahm eine andere Haltung ihm gegenüber ein. Er hatte noch unerschütterliche Anhänger, die ihn verteidigten, aber sie, die vor einem Jahre laut und herausfordernd waren, zeigten jetzt eine gewisse Gedrücktheit, und wenn sie Gelegenheit hatten, ihm zu applaudieren, taten sie es nur schüchtern. Doch wie kühn waren seine Feinde geworden, wie ungerecht verhielt sich die große Masse des Publikums, welches Gefahren und Aufregungen zu sehen wünschte, ihm gegenüber. Was man bei anderen Toreros duldete, blieb ihm verwehrt. Sie hatten ihn immer

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