Die blutige Arena
andere, die echte Blonde. Das Blond dieser Haare, die sich da um ihn herumwanden, war falsch und bedeckte eine grobe, durch chemische Essenzen verhärtete Haut. Die Lippen rochen nach parfümiertem Fett, ihre Körper schienen ihm hart wie Stein zu sein. Durch ihre Parfüms erriet er den ursprünglichen Geruch der niedrigen Herkunft. Ah, die andere ...
Ohne zu wissen wie, fand er sich plötzlich im Garten unter dem nächtlichen Schweigen der Bäume, deren Laubwie Silber im Mondenschein glänzte. Die Fenster des hellbeleuchteten Saales glühten wie offene Höllenschlünde, vor welchen, Dämonen gleich, schwarze Schatten hin- und herhuschten. Eine Frau zog ihn am Arm und Gallardo ließ sich, ohne sie anzusehen, wegführen, während seine Gedanken weit, weit fort waren.
Nach einer Stunde kehrte er in den Speisesaal zurück. Seine Gefährtin, deren Augen feindselig funkelten, sprach mit ihren Freundinnen. Diese lachten und zeigten ihn mit einer geringschätzigen Bewegung den übrigen Männern, welche ebenfalls spöttische Bemerkungen machten ... Oh Spanien, Land der Enttäuschungen, wo alles, selbst das Herz der Helden, nur ein Trug ist.
Gallardo trank immer mehr. Die Frauen, welche ihn früher mit ihren Liebkosungen überhäuft hatten, wandten sich nun den anderen zu.
Der Torero war eben im Begriff, auf einer Bank einzuschlafen, als ihm einer seiner Freunde den Vorschlag machte, ihn im Wagen heimzuführen. Er mußte nämlich früher zu Hause sein, ehe sich seine Mutter erhob, um wie alle Tage in die Frühmesse zu gehen.
Die Nachtluft konnte die Trunkenheit Gallardos nicht zerstreuen. Als ihn der Freund in seiner Straße absetzte, ging der Torero schwankenden Schrittes bis zum Hause. Bei der Tür blieb er stehen, hielt sich mit beiden Händen an der Wand und ließ das Haupt auf seinen Arm sinken, als würde er das Gewicht seiner Gedanken nicht ertragen können.
Er hatte seine Freunde, das Souper in der Eritana, unddie drei Frauen, die sich um ihn gestritten hatten, ganz vergessen. Etwas anderes war in seinem Gedächtnis geblieben... jedoch ganz unbestimmt und nur an einem Faden haftend. Jetzt beschäftigten sich seine Gedanken durch einen jener Sprünge, wie die Trunkenheit sie liebt, mit den Stierkämpfen. Er war der erste seiner Zunft, versicherten ihm sein Vertreter und alle Freunde, so war es auch wirklich der Fall. Er wollte seinen Gegnern das nächstemal schon zeigen, was er leisten könne. Letztes Mal hatte er Pech gehabt, das Glück war ihm abhold gewesen.
Und im Bewußtsein der gewaltigen Kraft, die ihm die Trunkenheit in diesem Augenblicke verlieh, betrachtete er alle Stiere wie schwache Ziegen, die er mit einem Schlage seiner Hand niederschlagen konnte.
Der letzte Mißerfolg zählte nicht, denn, wie der Nacional sagte: »Auch der beste Sänger kann einmal umschmeißen«.
Und dieser Ausspruch, den ehrwürdige Vertreter der Stierfechtkunst in den Tagen des Mißerfolges zu wiederholen pflegten, erfüllte ihn plötzlich mit unwiderstehlicher Lust zu singen und mit seiner Stimme die schweigende Straße zu erfüllen.
So begann er, ohne den Kopf von den Armen zu heben, ein Lied seiner eigenen Erfindung. Es war ein Lobgesang auf seine Verdienste. »Ich bin Gallardo und mutiger als Gott«, und da er keine Steigerung auf diesen ersten Vers fand, wiederholte er mit rauher und eintöniger Stimme die gleichen Worte, die das Schweigen der Straße unterbrachen und das laute Gebell eines Hundes hervorriefen.
Das Erbe seines Vaters erwachte in ihm: Die Sangeslust,welche seinerzeit auch den Flickschuster Juan zu seinen nächtlichen Ständchen begeistert hatte.
Die Türe des Hauses öffnete sich und Garabato streckte noch ganz verschlafen den Kopf heraus, um nach dem Trunkenen zu sehen, dessen Stimme ihm bekannt vorgekommen war.
»Ah, du bist's,« sagte der Torero, »warte, bis ich die letzte Strophe gesungen habe.«
Und er wiederholte das eintönige Loblied auf den Preis seiner Tüchtigkeit, bis er sich endlich entschloß, ins Haus zu gehen.
Er wollte sich nicht zu Bette legen. Da er seinen Zustand fühlte, schob er den Augenblick hinaus, in das Zimmer zu treten, wo ihn Carmen, die gleichfalls wach war, erwartete.
»Geh nur schlafen, Garabato, ich habe hier noch viel zu tun.«
Er wußte nicht was, aber es zog ihn in sein Zimmer, wo all die Bilder mit ihrem aufdringlichen Schmuck und den Erinnerungen an frühere Stierkämpfe seinen Ruhm verkündeten.
Als die Birnen des Lüsters erglühten und der Diener sich
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