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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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Hauptsache war, zu leben und die Ruhe seiner Familie zu sichern, das Geld so wie andere Stierfechter zu verdienen, indem er schön vorsichtig war und allen Tollkühnheiten,die früher oder später zum Tode führten, bedachtsam aus dem Wege ging.
    In den folgenden Tagen fühlte er das Bedürfnis, sich zu zeigen, und seine Freunde in den Kaffeehäusern und in den Klubs der Sierpesstraße aufzusuchen. Er glaubte, wenn er durch seine Gegenwart die bösen Kritiker zu einem höflichen Schweigen veranlaßte, die Kommentare über seinen Mißerfolg vermeiden zu können. Er verbrachte ganze Abende in Gesellschaft jener kleinen Leute, die er seit langem verachtet hatte, um die Freundschaft der Reichen zu gewinnen. Dann ging er in den Klub der »Fünfundvierzig«, wo sein Vertreter durch die Kraft seiner Stimme und seiner Gestikulationen den Ruhm Gallardos verteidigte.
    Braver Don José. Sein Enthusiasmus war unerschütterlich, er glaubte bombenfest, daß sein Torero immer der bleiben mußte, für den er ihn hielt. Nicht eine Kritik, nicht ein Tadel kam wegen dieses Mißerfolges über seine Lippen. Im Gegenteil, er nahm es auf sich, ihn zu entschuldigen, wobei er ihm noch gute Ratschläge gab.
    Das Spiel tröstete Gallardo und ließ ihn an andere Dinge denken. Er setzte sich mit neuer Leidenschaft an den grünen Tisch und verlor daselbst sein Geld im Kreise jener jungen Lebewelt, die über seinen Mißerfolg hinwegging, weil er ein eleganter Torero war. Eines Abends speisten sie mit einigen fremden Damen, Bekanntschaften dieser Herren aus Paris, in der Eritana. Die Frauen waren nach Sevilla gekommen, um die Feste der Karwoche und den Stierkampf zu sehen, außerdem wollten sie die pittoresken Seiten des Landes kennen lernen. Ihre Schönheit war schon etwas verblüht undwurde durch Kunst und Eleganz gehoben. Die jungen Leute des Klubs umschwärmten sie, da sie durch den Zauber des Fremdartigen angezogen wurden und ihre Bemühungen, ihnen durch ihren Reichtum den Aufenthalt zu verschönern, keine Zurückweisung erfuhren. Die Gäste wollten einen berühmten Torero kennen lernen, jenen Gallardo, dessen Bild sie so oft in den Zeitungen und auf Zündholzschachteln betrachtet hatten. Statt ihn in der Arena zu sehen, war es ihr Wunsch, seine Bekanntschaft im Kreise ihrer Freunde zu machen.
    Die Reunion fand im großen Speisesaal der Eritana statt, in einem Salon, der inmitten eines Gartens stand und eine ziemlich klägliche Nachahmung der Alhambra war. Man trank unter stürmischer Beredsamkeit auf die Größe des Vaterlandes, die Frauen tanzten den Tango und in den Ecken hörte man zwischen Becherklang und Flaschenklirren ein sinnliches Frauenlachen oder erstickte Küsse.
    Gallardo wurde von den drei Frauen wie ein Halbgott empfangen. Sie vergaßen ganz auf ihre Freunde, verschlangen ihn mit den Augen und stritten sich um die Ehre, neben ihm sitzen zu können. Sie erinnerten ihn an Doña Sol, die er fast vergessen hatte, an diese Frau mit dem Goldhaar, dem eleganten Auftreten und diesem berückenden Duft, der ihrem verführerischen Körper entströmte und ihn in einen Rausch der Wollust versenkt hatte.
    Die Gegenwart seiner Kameraden trug noch dazu bei, die Erinnerung lebhafter werden zu lassen. Alle waren Freunde der Doña Sol, einige gehörten sogar ihrer Familie an und er hatte sie sozusagen als Verwandte betrachtet ...
    Sie aßen und tranken mit jener wilden Unmäßigkeitnächtlicher Feste, deren Wahlspruch »Genießen« ist. In einer Ecke des Salons spielten Zigeuner auf ihren Gitarren melancholische Lieder. Eine der Frauen sprang mit der Begeisterung der Anfängerin auf den Tisch und begann schwerfällig die Hüften zu bewegen, um die spanischen Tänze nachzumachen und ihre Fortschritte, die sie in einigen Tagen unter der Leitung eines Sevillanischen Lehrers gemacht hatte, bewundern zu lassen.
    Die Herren verspotteten ihre Schwerfälligkeit, betrachteten aber mit gierigen Augen die Linien ihres Körpers. Sie dagegen nahm, voll Stolz auf ihre Kunst, diese unverständlichen Zurufe für Beifall auf und setzte den Tanz fort, wobei sie noch die Arme in steifer, gezwungener Haltung über den Kopf hob.
    Nach Mitternacht waren alle betrunken. Die Frauen, welche jede Zurückhaltung abgelegt hatten, umschmeichelten den Torero mit ihrer Bewunderung. Er ließ sich teilnamslos die Liebkosungen ihrer Hände gefallen, während ihm ihre Lippen heiße Küsse auf Wangen und Hals drückten. Er war betrunken, aber seine Trunkenheit war traurig. Ah, die

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