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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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waghalsig, als einen Verächter jeder Gefahr gesehen und so wollten sie ihn immer haben, bis der Tod seine Laufbahn abschnitt. Er war ein Selbstmörder gewesen, der sich am Anfang mit dem Schicksal gespielt hatte, als er sich einen Namen schaffen mußte, und nun konnten sich die Leute mit seiner Vorsicht nicht abfinden. Er erntete nur Vorwürfe wegen seines behutsamen Vorgehens. Streckte er nicht die Muleta dicht vor dem Stiere aus, ertönte schon Protest, daß er sich nicht näher traue. Und tat er nur einen Schritt nach rückwärts,so entfesselte diese Vorsichtsmaßregel gleich einen Sturm von niederträchtigen Insulten.
    Sein Verhalten in der Osterveranstaltung von Sevilla schien die Runde durch ganz Spanien gemacht zu haben. Seine Feinde rächten sich nun für die langen Jahre ihres Neides. Die Berufsgefährten, welche er durch die Notwendigkeit, Ähnliches zu leisten, in alle möglichen Gefahren gebracht hatte, verbreiteten nun mit Ausdrücken versteckter Ausfälle die Kunde vom Niedergang Gallardos: Sein Mut sei zu Ende, die letzte Corrida habe ihn vorsichtig gemacht. Und das Publikum richtete, beeinflußt durch diese Nachrichten, gleich beim Auftreten Gallardos die Aufmerksamkeit auf ihn und war schon vorher entschlossen, alles, was er tat, für schlecht zu finden, während es früher auch seine Fehler bejubelt hatte.
    Der für das Volk so charakteristische Wankelmut trug das seinige dazu bei, diese Meinung zu bestärken. Man war müde geworden, den Mut Gallardos zu bewundern und freute sich nun, seine Furcht oder seine Zurückhaltung zu kritisieren. Man fand, daß er sich dem Stiere nie genug genähert habe, man tadelte jede Bewegung, kurz, er hatte eine undurchdringliche Mauer von Vorurteilen gegen sich.
    Gallardo, welcher infolge des schlechten Wetters eine Ruhepause hatte, erwartete ungeduldig sein nächstes Auftreten mit dem Vorsatz, sich durch irgend eine kühne Tat auszuzeichnen. Seine Eigenliebe war durch die Spötteleien seiner Feinde stark verletzt worden, und wenn er mit dem Makel eines Mißerfolges von Madrid schied, war er für die Provinz erledigt. Er wollte seine Nerven bezwingen unddas Gefühl der Angst, welches ihn vor den Stieren erfaßte und sie größer und schrecklicher erscheinen ließ, überwinden. Sein Vertreter erzählte ihm von einem sehr vorteilhaften Vertrag für Amerika. Nein, er ging jetzt nicht über das Meer, Er mußte hier noch beweisen, daß er der Alte geblieben war. Hernach konnte man es noch immer überlegen, ob sich die Reise lohnte oder nicht.
    Mit der Beflissenheit eines Mannes, der seine Popularität schwinden sieht, verabsäumte es Gallardo nicht, sich so viel als möglich in Erinnerung zu bringen. Er besuchte das Kaffee Ingles, wo sich alle Freunde der andalusischen Stierfechter trafen und verhinderte so durch seine Gegenwart, daß die schonungslose Kritik seinen Namen heruntersetzte. Er selbst begann mit lächelnder und bescheidener Miene das Gespräch und entwaffnete die Tadler durch seine Unterwürfigkeit.
    »Ja, ich weiß, daß ich nicht gerade hervorragend war, doch Sie werden bei der nächsten Corrida schon sehen, . . da werde ich mein Möglichstes tun.«
    Wenn er am Abend durch das Zentrum von Madrid ging, ließ er sich von jungen Burschen ansprechen, welche plaudernd herumstanden und ihn als »Meister« oder »Señor Juan« begrüßten. Viele brachten zögernd, mit hungriger Miene die Bitte um einige Pesetas vor. Immerhin waren sie gut gekleidet, trugen eine zuversichtliche Haltung zur Schau und protzten mit falschem Schmuck.
    Einige waren ehrenwerte Gesellen, die sich der Torerolaufbahn widmen wollten, um ihrer Familie mehr als den kärglichen Lohn eines Arbeiters zu bringen. Andere wieder, welche weniger auf sich hielten, lebten von dem Gelde treuerFreundinnen, welche sich preisgaben, um einen Burschen zu unterstützen, der, wie er versicherte, einmal eine Berühmtheit sein würde.
    Unter diesen »Stierfechtern«, die der Mißerfolg verbitterte und Lässigkeit oder Furcht nicht aufkommen ließ, gab es große Leute, die sich allgemeiner Achtung erfreuten. Einer, der vor den Stieren davonlief, wurde wegen der Leichtigkeit, mit der er das Messer zog, gefürchtet. Ein anderer war im Zuchthaus gewesen, weil er einen Mann durch einen Faustschlag getötet hatte. Einige, welche gefällige Manieren hatten, gut gekleidet und rasiert waren, biederten sich an Gallardo an und begleiteten ihn überall hin, da sie hofften, eingeladen zu werden. Andere wieder, deren stolze

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