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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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mich, ohne ein Wort zu sagen, verlassen?«
    Und während sich seine Augen mit Tränen füllten, krampfte er die Finger aneinander.
    »Nicht so weiter, Gallardo! Was ich tat, war gut für Sie. Kennen Sie mich noch nicht genügend? Denken Sie noch immer an jene Zeit zurück? Wenn ich ein Mann wäre, würde ich Frauen meines Charakters fliehen. Der Unglückliche, der sich in mich verliebt, begeht Selbstmord.«
    »Doch warum haben Sie mich verlassen?«, fragte Gallardo wieder.
    »Ich langweilte mich. Spreche ich deutlich genug? Wenn sich eine Person langweilt, hat sie, glaube ich, das Recht, sich zu zerstreuen.«
    »Doch ich liebe Sie mit aller Glut meines Herzens«, rief der Torero mit so echt dramatischem Ausdruck aus, daß er selbst über sich gelacht hätte, wenn er sich hätte hören können.
    »Ich liebe Sie mit aller Glut meines Herzens«, wiederholte Doña Sol und ahmte seinen Ton und Gebärden nach. »Und was soll ich damit? Ah, diese Egoisten von Männern, die sich von der Menge bewundert sehen und glauben, daß alles nur für sie da ist... ›Ich liebe dich‹, und das genügt, daß auch du mich lieben mußt. Oh nein, ich liebe Sie nicht, Gallardo. Sie sind ein Bekannter, mehr nicht. Was in Sevilla geschah, das war ein Traum, eine tolle Laune, an die ich nicht mehr denke und die Sie vergessen müssen.«
    Der Torero erhob sich und ging ihr mit ausgestreckten Armen entgegen. Er wußte in seiner Unbeholfenheit nicht,was er sagen wollte, da er die Wirkungslosigkeit seiner Worte dieser Frau gegenüber erriet. Er überließ, seinem Impuls nachgebend, die Erfüllung seiner Wünsche und Hoffnungen der Tat, denn er wollte die Frau an sich reißen und dadurch die Kälte, die sie jetzt trennte, überwinden.
    »Doña Sol«, bat er und streckte die Arme nach ihr aus.
    Doch sie zerriß mit einem Schlag ihrer beweglichen Rechten die Umschlingung des Torero. Ein Blitz des Stolzes und des Zornes flog über ihre Augen und sie richtete sich angriffslustig auf, als würde sie eine Beleidigung abwehren wollen.
    »Genug, Gallardo! Wenn Sie so fortfahren, sind Sie nicht mehr mein Freund und ich weise Ihnen die Türe.«
    Der Torero ließ in seinem Beginnen ab und blieb beschämt und gedemütigt stehen. So verging ein langes Schweigen, bis endlich Doña Sol mit Gallardo Mitleid empfand.
    »Seien Sie doch vernünftig«, sagte sie, »wozu sich an Dinge erinnern, die nicht mehr möglich sind? Weshalb denken Sie noch an mich? Sie haben Ihre Frau, welche, wie man mir gesagt hat, schön und lieb ist und Ihnen treu zur Seite steht. Denken Sie doch daran, daß es in Sevilla Mädchen mit der Mantilla und Blumen in den Haaren gibt, Frauen, welche mir einst so gefallen haben und die es sicher als Glück betrachten würden, von Gallardo geliebt zu werden ... Mit mir ist es aus. Das schmerzt Sie natürlich in Ihrer Eigenliebe, da Sie als berühmter Mann an leichte Erfolge gewöhnt sind. Doch es ist so: Wir sind Freunde und nichts mehr. Ich bin anders geworden. Ich langweilemich und was hinter mir liegt, ist vorbei. Die Illusionen dauern bei mir nicht lange und verschwinden, ohne Spuren zu hinterlassen. Ich bin eher zu beklagen, glauben Sie mir das.«
    Ihr Blick, der etwas wie Mitgefühl zu verraten schien, haftete mit einer Neugierde auf dem Torero, als würde sie dessen Fehler und sein bauernhaftes Äußere aus der Nähe beurteilen wollen.
    »Ich denke an Dinge, die Sie nicht verstehen würden. Sie kommen mir jetzt ganz anders vor. Der Gallardo in Sevilla war ein anderer als Sie hier. Sind Sie derselbe? Ich bezweifle es nicht, aber für mich sind Sie ein anderer geworden. Wie soll ich es Ihnen erklären? In London kannte ich einen Raja. Wissen Sie, was ein Raja ist?«
    Gallardo schüttelte, über seine Unwissenheit errötend, den Kopf.
    »Es ist ein indischer Fürst.«
    Und sie erinnerte sich an den hindostanischen Magnaten, an sein kupferfarbenes Gesicht mit dem schwarzen Schnurrbart, an seinen weißen Turban, der einen großen, leuchtenden Diamanten über der Stirne trug, an die weiße, wallende Umhüllung seines Körpers, die dem Kelchblatt einer Blume glich.
    »Er war schön, jung, er betete mich mit seinen großen, träumerischen Augen an und ich spottete seiner, wenn er mir auf englisch seine orientalischen Schmeicheleien sagte ... Er zitterte vor Kälte, hustete infolge des Nebels, er ging herum wie ein Vogel im Regen und seine Hüllen schauten fast wie nasse Flügel aus. Wenn er mir von Liebe sprach und mich mit seinen Gazellenaugen

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