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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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Stelle schaffte.
    Carmen war in ihren Forderungen um vieles heftiger, da sie die schonenden Umschreibungen des Vertreters nicht zu beobachten brauchte. Er sollte sich doch endlich zurückziehen und »sich den Stierfechterzopf abschneiden lassen«, wie die Toreros sagten, um sein Leben ruhig auf La Rinconada oder im Schoße seiner Familie zu verbringen, denn hier fände er die einzigen Personen, die ihn wirklich um seiner selbst willen liebten. Sie konnte kaum schlafen und hatte mehr Furcht, als in den ersten Jahren ihrer Ehe, wo die Stiergefechte gewissermaßen Stücke ihres Lebens waren, die Angst und zitterndes Warten aus ihrem friedlichen Dasein herausrissen. Ihre Ahnung sagte ihr mit dem Instinkte der Frau, die in ihren Befürchtungen selten fehl geht, daß ihm etwas Gefährliches zustoßen werde. Sie konnte nicht mehr schlafen, sie dachte mit Grauen an die durch schreckliche Vorstellungen verschärften ruhelosen Nachtstunden.
    Dann zog Gallardos Frau in ihren Briefen auf das Publikum los. Welch undankbare Menge, die sich nicht mehr daran erinnerte, was er früher geleistet hatte, als er sich stärker fühlte. Es waren Bösewichte, die ihn nur zu ihrem Vergnügen in den Tod hetzen wollten, als ob sie überhaupt nicht auf der Welt wäre und er keine Mutter hätte. »Juan, ich und die Mutter bitten dich darum, ziehdich zurück. Wozu noch weiter auftreten? Wir haben genug zum Leben und es tut mir weh, daß diese Leute, die dir alle nicht gleichkommen, dich beschimpfen. Wenn dir wieder etwas passieren sollte, ich glaube, daß ich wahnsinnig würde.«
    Gallardo dachte nach diesen Briefen lange hin und her. Er sollte aufhören? Welche Torheit! Weiberreden! So etwas konnte man unter dem Impuls der Liebe zwar leicht sagen, die Ausführung war aber unmöglich. Sich mit 30 Jahren zurückzuziehen! Wie würden seine Feinde lachen. Er hatte kein Recht auszuspringen, solange er noch gerade Glieder besaß und seine Hand den Degen führen konnte. So einen Vorschlag hatte man auch nie gehört. Das Geld war nicht allein alles. Ruhm und Berufsstolz sprachen auch ein gewichtiges Wort. Was würden seine vielen Tausend Parteigänger sagen, die ihn alle bewunderten? Was sollten sie den Feinden entgegnen, wenn ihnen diese ins Gesicht sagten, daß Gallardo sich aus Furcht zurückgezogen habe?
    Außerdem mußte sich der Torero überlegen, ob ihm sein Vermögen diesen Schritt erlaubte. Er war reich und auch nicht. Seine soziale Stellung hatte sich nicht gefestigt. Was er besaß, stammte aus den ersten Jahren seiner Ehe, als er sein größtes Vergnügen darin fand, Carmen und seine Mutter mit der Nachricht neuer Erwerbungen zu überraschen. Später hatte er viel Geld verdient, doch seine neue Existenz hatte große Summen verschlungen. Er spielte viel und führte ein kostspieliges Leben. Einige Grundstücke, die er an La Rinconada angekauft hatte, um den Besitz abzurunden, waren mit dem von Don José und anderen Freundenentliehenen Gelde angekauft worden. Infolge seiner Spielverluste hatte er bei vielen Anhängern in der Provinz Schulden. Er war reich, wenn er sich aber zurückzog und so das Einkommen aus den Stierkämpfen – die ihm zwölf- bis dreizehntausend Pesetas jährlich eintrugen – verlor, dann mußte er sich darauf beschränken, um seine Schulden zu bezahlen, als Gutsbesitzer von dem Ertrag von La Rinconada zu leben, zu sparen und selbst alle Arbeiten zu überwachen, da der Hof unter der Verwaltung fremder Hände kaum einen Nutzen abgeworfen hatte!
    Die Aussicht als Bauer zu leben, sich einzuschränken und mit dem Mangel zu kämpfen, ließ Gallardo, der selbstbewußt, prunkliebend und verschwenderisch war, dem der Beifall der großen Menge ein Lebensbedürfnis schien, zurückschaudern. Der Reichtum war für ihn etwas Dehnbares und in dem Maße gewachsen, als er in seiner Laufbahn vorwärts kam, ohne sich aber je mit der Grenze seiner Bedürfnisse zu decken. Unter anderen Voraussetzungen hätte er sich mit einem kleinen Teile seines jetzigen Besitzes für reich halten können ... Doch jetzt war er fast arm, wenn er seinen Beruf aufgab ... In diesem Falle müßte er dann auf seine Havannazigarren, die er so großmütig verteilte, und auf die teueren andalusischen Weine verzichten. Er müßte seine Freigebigkeit einschränken und könnte dann nicht mehr seine Freunde in den Kaffeehäusern und Schenken bewirten. Dann hieß es, auf den Schwarm der Parasiten und Schmeichler verzichten, die sich um ihn drängten und ihn mit ihren

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