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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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sie mit ihnen sozusagen als Kamerad leben wollte. Doch einige überschritten die Grenzen, verlangten diese Vertraulichkeit auch für andere Dinge und wurden sogar handgreiflich. Es gab Ohrfeigen und noch mehr. Dieses Weib versteht es, sich zu verteidigen, sie handhabt den Säbel, boxt wie ein englischer Matrose und kennt außerdem die Kniffe des Jiu-Jitsu. Seither hat sie Ruhe, doch dafür auch umsomehr Feinde, welche gerade nicht schöne Dinge von ihr erzählen. Einige erklären alles für Lüge, andere stellen sie wieder als leichtfertig hin.«
    Nach der Behauptung des Vertreters war Doña Sol von ihrem Aufenthalt in Sevilla begeistert. Nach ihrem langen Verweilen in kalten und nebligen Ländern bewunderte sie den ewig blauen Himmel, den frühlingsfrischen Boden und pries das Leben in diesem so pittoresken Lande. Sie zeigte ihre Begeisterung ganz offen und schien vergessen zu haben, daß sie in Sevilla geboren war. Sie erklärte, den Frühling im Auslande und den Winter in Spanien verbringen zu wollen. Sie war des Lebens in Palästen und an Höfen überdrüssig. Sie hatte es durchgesetzt, in einen Klub aufgenommen zu werden und die Weinrechnung für ihre Klubfreunde kostete ein Heidengeld. Einigemale in der Woche lud sie Gitarrespieler und Tänzerinnen ein. Alles, was in Sevilla tanzen und singen konnte, traf sich bei ihr. Die Lehrer und alle Verwandten, sogar die entferntesten durften mitkommen.»Die Gäste werden mit Oliven, Würsten und Wein bewirtet. Doña Sol sitzt wie eine Königin in diesem Kreise und läßt sich alle Tänze unseres Landes vorzeigen. Sie sagt, daß sie das gleiche Vergnügen empfinde, wie jener König, dessen Namen ich vergessen habe, der sich im Theater allein die Oper vorspielen ließ. Ihre Lakaien, welche sie mitgebracht hat, warten den Tänzerinnen große Tabletts mit Wein auf und die Frauen zupfen die Bedienten am Bart oder werfen ihnen die Olivenkerne an den Kopf. Jetzt lernt Doña Sol die Gitarre spielen, jeden Morgen kommt ein alter Zigeuner zu ihr, und wenn ihre Besucher sie nicht mit der Gitarre antreffen, hält sie eine Orange in der Hand. Was hat sie schon seit ihrer Ankunft an Orangen gegessen und sie hat noch immer nicht genug ...«
    So erzählte Don José seinem Torero die Eigenheiten der Doña Sol.
    Vier Tage nach dem Zusammentreffen in der Kirche setzte sich Don José mit einer geheimnisvollen Miene zu Gallardo, den er im Kaffeehause getroffen hatte.
    »Kerl, du bist ein Glückspilz. Weißt du, wer mit mir über dich gesprochen hat?« Und er neigte sich zum Ohr des Torero und sagte leise: »Doña Sol«. Sie habe ihn über seinen Torero ausgefragt und den Wunsch geäußert, ihn kennen zu lernen. Er sei ein so origineller Bursche, ein echter Spanier. »Sie sagte, daß sie dich öfters in der Arena gesehen habe. Sie war ganz begeistert von dir und erklärte, daß du ein tüchtiger Bursche seiest.« Gallardo lächelte bescheiden und schlug die Augen nieder, dabei aber streckte er sich im Bewußtsein seiner Schönheit, als ob er die Verwirklichungder versteckten Andeutungen seines Gefährten nicht für unmöglich halten würde.
    »Doch darfst du dir keine Illusionen machen, Juanillo«, fuhr jener fort, »Doña Sol bringt dir als Torero das gleiche Interesse entgegen wie ihrem alten Zigeuner, der sie im Gitarrespiel unterrichtet. Sie will Lokalkolorit und sonst nichts. ›Bringen sie ihn übermorgen nach Tablada‹, sagte sie mir. Der Marquis gibt nämlich ein Stiertreiben, um seiner Nichte ein Vergnügen zu bereiten. Auch ich bin dazu eingeladen.«
    Zwei Tage später begab sich Don José mit seinem Schützling zum Feste der Doña Sol. Der Torero hatte das alte bizarre Kostüm angelegt, das seinem Stande früher eigen war, ehe die moderne Zeit ihn hierin mit den andern Sterblichen auf gleiche Stufe gestellt hatte. Ein breiter Samthut bedeckte seinen Kopf und wurde durch ein Sturmband unter dem Kinn festgehalten. Der Hemdkragen war mit zwei Brillantknöpfen geschlossen und zwei andere größere blitzten im Brustteile des faltenreichen Vorhemdes. Das kurze Jäckchen und die Weste waren aus rotem Samt mit schwarzen Knopflöchern und mit dunklen Quasten besetzt. Er trug eine Schärpe aus roter Seide, eng anliegende Kniehosen mit dunklen Nähten zeigten die kräftigen und schöngeformten Beine des Stierkämpfers. Die braunen Gamaschen trugen in den Öffnungen Lederfransen, die Schuhe, welche zur Hälfte in den hohen, arabischen Steigbügeln steckten, waren mit silbernen Sporen

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