Die blutige Arena
versehen. Am Sattelbogen lag auf einer prächtigen Decke, deren Quasten zu beiden Seiten des Pferdes herabhingen, ein graues Jackett mit schwarzem Besatz und rotem Futter.Die zwei Reiter setzten sich in Bewegung und überall, wo man sie sah, rief man ihnen Grüße zu, während die Frauen mit den Händen winkten.
In der Straße, in welcher Doña Sol in einem der herrschaftlichen Häuser wohnte, trafen sie andere Gäste, welche den Torero mit Herzlichkeit begrüßten und sich freuten, dass er den Ausflug mitmache. Der Marquis kam aus dem Hause und stieg gleich zu Pferde. »Noch immer nicht da! Ja, die Frauen, sie können nicht pünktlich sein. Er sagte dies mit seinem gewöhnlichen Ernst, als würde er ein Orakel verkünden. Er war ein großer, knochiger Mann mit weißem Backenbart und treuherzig blickenden Augen. Höflich und gemessen in seinen Worten, imponierend in seinen Gebärden, sparsam mit seinem Lächeln, war der Marquis de Moraima der große Herr vergangener Tage. Da er dem Stadtleben nichts abgewinnen konnte, verbrachte er fast das ganze Jahr bei seinen Hirten, welche er mit kameradschaftlicher Freundlichkeit behandelte. Er hatte mangels an Übung fast das Schreiben vergessen. Doch wenn man von Rindern, Stieren, Pferden oder andern landwirtschaftlichen Fragen sprach, dann belebten sich seine Augen mit dem Interesse des Kenners.
Er stellte sich sogleich zu Gallardo, mit dem er über die kommende Saison sprach.
Doña Sol erschien. Sie hielt mit einer Hand ihren Rock und zeigte so die Schäfte ihrer hohen Reitstiefel. Sie trug ein Herrenhemd mit roter Krawatte, Jackett und Weste aus violettem Samt und einen Samt Hut, der graziös auf ihrem Lockenkopfe saß.
Trotz ihrer vollen Formen stieg sie leicht zu Pferde,dann begrüßte sie die Freunde und entschuldigte sich wegen ihres Zögerns, während ihre Blicke zu Gallardo schweiften. Don José wollte Juan vorstellen, doch Doña Sol kam ihm zuvor und näherte sich dem Torero. Dieser fühlte sich durch die Nähe dieser Frau verwirrt. Was sollte er nur sagen?
Er sah, daß sie ihm die Rechte zum Gruße entgegenstreckte, und in der Hast seiner Verlegenheit umspannte er sie mit seiner harten Hand, welche gewohnt war, Stiere niederzustrecken. Doch die weißen, rosigen Finger schlossen sich, statt unter diesem brutalen Drucke, der einer anderen einen Schmerzensschrei entlockt hätte, nachzugeben, fest in seine Faust und befreiten sich dann ohne Mühe aus dieser Klammer.
»Ich danke Ihnen für Ihr Kommen und freue mich, Sie kennen zu lernen.«
Gallardo, der in seiner Verwirrung die Notwendigkeit fühlte, etwas zu sagen, stotterte, als würde er einen Bekannten begrüßen, seine gewöhnliche Formel: »Danke. Und wie geht es zu Hause?«
Doña Sols diskretes Lächeln blieb im Getümmel des Aufbruchs unbemerkt. Sie setzte sich an die Spitze des Zuges, der ihr wie eine Eskorte folgte. Gallardo hielt sich rückwärts, ohne seine Verwirrung unterdrücken zu können, und mit dem beschämenden Gefühl, eine Dummheit gemacht zu haben.
Als sie sich Tablada näherten, sahen sie vor der Umzäunung, welche die Weide von dem Gehege der Herden trennte, eine schwarze Masse von Leuten und Wagen.
Der Guadalquivir floß hinter Tablada vorüber. Gegenüber erhob sich San Juan de Aznalfarache, überragt vonden Ruinen eines alten Schlosses, unter welchem sich die Häuser weiß von dem Grün der Olivenpflanzungen abhoben. Auf der anderen Seite des weiten Horizontes sah man vor dem blauen, von Schäferwolken durchsetzten Hintergrund das Häusermeer von Sevilla mit der wuchtigen Masse seiner Kathedrale aufsteigen.
Die Treiber drängten sich durch die Menge. Die Neugierde, welche die Launen der Doña Sol erregte, hatte fast alle Damen der Stadt herausgelockt. Die Freundinnen begrüßten sie aus ihren Wagen und fanden sie in ihrem Sportkostüm ganz reizend. Ihre Verwandten, die Töchter des Marquis und Bekannte, welche ihre Männer begleiteten, empfahlen ihr Vorsicht.
Die Treiber betraten das Gehege und wurden von den Zurufen der Menge, welche dem Schauspiel von draußen zusah, begrüßt. Als die Pferde die Herden der Stiere erblickten, wollten sie sich den Händen der Männer, welche sie führten, entreißen, sie begannen auszuschlagen und unter dem festen Griff, der sie hielt, zu wiehern.
In der Mitte des Geheges drängten sich die Stiere zusammen. Einige grasten ruhig, andere standen unbeweglich auf dem grünen Teppich der frühlingsjungen Wiese. Andere wieder näherten sich dem Flusse.
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