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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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seine Mitspieler zu sagen, »er verlor mindestens 10 000 Peseta.«
    Und der Ruf, diese Summen verspielt zu haben, sowie die Leichtigkeit, mit der er das Geld ausgab, verschaffte ihm unter seinen jetzigen Freunden die gebührende Achtung, da sie in ihm einen Anhänger und Förderer des Spieles sahen.
    Die neue Leidenschaft hatte den Torero in kürzester Zeit vollständig ergriffen. Die Spielwut beherrschte ihn derart,daß er zeitweise sogar die Frau vergaß, die doch für ihn das interessanteste Problem bedeutete. Mit der besten Gesellschaft Sevillas hasardieren zu können, sich als ebenbürtig und mit gleicher Vertraulichkeit, welche das Geldverleihen und die Aufregungen des Spieles schnell ermöglichen, von den vornehmsten Herren Sevillas behandelt zu sehen, das alles berauschte ihn und umgab ihn mit neuem Nimbus.
    Die Freunde des Vertreters fragten diesen, ob die Spielverluste Gallardo nicht zu Grunde richteten, da doch alles, was ihm sein Beruf einbrachte, im Spiel zerrann. Doch Don Jose lächelte nur mitleidig über solche Worte und trug dadurch nicht wenig dazu bei, die Achtung vor dem Torero zu erhöhen.
    Don Jose betrachtete die von aller Welt bewunderte Leichtigkeit, mit der Gallardo sein Geld verlor, als eine weitere Errungenschaft seines Schützlings. Ein Stierfechter konnte nicht so leben, wie die übrigen Leute, welche jeden Dollar umdrehen, ehe sie ihn ausgeben. Außerdem schmeichelte es ihm, als wäre es sein eigenes Verdienst, Gallardo in Kreisen verkehren zu sehen, welche für andere verschlossen blieben. »Er ist der Mann des Tages,« erwiderte er mit kampflustiger Miene den Nörglern, welche die neuen Gewohnheiten Gallardos bekrittelten, »er läuft nicht mit den Weibern herum oder sitzt, wie andere seines Berufes, in der Schenke. Er ist der Torero der Aristokratie, weil er es sein will und kann. Alles übrige ist nur neidisches Geschwätz.«
    Infolge seiner neuen Verpflichtungen besuchte Gallardo nicht nur den Klub, er verbrachte auch einige Nachmittage in der Gesellschaft der »Cuarenta y cinco« (Gesellschaft derFünfundvierzig), welche eine Art Senat der Stierfechterkünste vorstellte. Die Toreros erhielten nur selten Zutritt in die Salons dieser Vereinigung und so blieben die Herren ungestört, ihre Grundsätze und Regeln, nach denen sie die Stiergefechte beurteilten, festzusetzen.
    Während des Frühlings und des Sommers trafen sich die Klubmitglieder der »Fünfundvierzig« in der Halle ihres Hauses oder erwarteten, in Stühlen sitzend, Telegramme über den Ausgang der Stierkämpfe. Sie legten wenig Wert auf die Meinung der Presse, außerdem hatten sie ja die Nachrichten früher erfahren, ehe sie in die Blätter kamen. Gegen Abend langten die Nachrichten aus allen Städten der Halbinsel, wo Stiergefechte abgehalten wurden, ein und die Klubfreunde besprachen, nachdem sie in ernster Stille den Wortlaut der Depesche vernommen haben, unter allerlei Vermutungen den kurzen Inhalt des Gehörten.
    Der Vertreter Gallardos paßte mit seinem draufgängerischen und lärmendem Enthusiasmus nicht recht in den gemessenen Ton der Vereinigung hinein. Doch da er ein alter Freund war, sagten sie nichts und lächelten nur über seine Eigenheiten. Es war für diese Männer unmöglich, mit Don José über die Tüchtigkeit der einzelnen Stierkämpfer zu sprechen. Oft blickten sie, wenn sie Gallardo als tapferen, aber stillosen Draufgänger bezeichneten, furchtsam nach der Tür. »Pepe kommt«, sagten sie und die Unterhaltung brach ab. Und dann trat Pepe ein und schwenkte ein Telegramm über seinem Haupte.
    »Habt Ihr Nachricht aus Santander? Hier leset: ›Gallardo, 2 Degenstöße, 2 Stiere, beim zweiten das Ohr.‹ Nun, was sagt Ihr? Ein Kerl, wie man ihn nicht mehr findet.«
    Oft wies das Telegramm der »Fünfundvierzig« einen anderen Wortlaut auf als das seine, doch er ließ sich kaum herab, einen verachtungsvollen Blick hineinzuwerfen und brach sogleich in lärmende Kundgebungen aus: »Lüge, alles falsch. Nur mein Telegramm ist richtig.«
    Allein die anderen lachten über Don José, wobei sie mit dem Finger auf die Stirne deuteten, um seinen Spleen anzuzeigen, während sie gleichzeitig über den Torero und seinen Vertreter Scherze austauschten.
    Langsam gelang es Don José, Gallardo in die Gesellschaft der »Fünfundvierzig« einzuführen. Der Torero kam unter dem Vorwand, seinen Vertreter sprechen zu wollen und setzte sich schließlich zu jenen Herren, von denen viele nicht seine Freunde waren und deren

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