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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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das Reichtum und Namen ermöglicht: zu töten. Ich fand keine Gelegenheit, Torero zu werden. Mein Dorf liegt im Gebirge und hat kein entsprechendes Vieh, außerdem bin ich schwer und nicht geschickt genug ... Deshalb töte ich Personen. Das ist das Beste, was ein Armer tun kann, um Achtung und freien Weg zu finden.«
    Der Nacional, welcher bisher mit tiefem Ernst den Worten des Banditen gelauscht hatte, glaubte nun seinerseits sprechen zu müssen.
    »Was der Arme braucht, ist Bildung. Er soll lesen und schreiben lernen ...«
    Diese Worte des Nacional lösten bei allen, welche seine fixe Idee kannten, ein lautes Gelächter aus.
    »Du hast deinen Beitrag geleistet, Kamerad,« sagte Potaje, »laß den Plumitas fortfahren, denn was er sagt, ist gut.«
    Wegwerfend antwortete der Räuber auf diesen Zuruf des Banderillo, den er wegen seiner Vorsicht nicht sehr einschätzte:
    »Ich kann lesen und schreiben, doch wozu dient mir das? Als ich noch in meinem Dorfe lebte, da brauchte ich es, um mich hervorzutun, um mein Los weniger hart zu empfinden. Der Arme braucht Gerechtigkeit ... Man gebe ihm, was er nötig hat, und wenn man es ihm verweigert, so soll er es sich nehmen. Er muß ein Wolf werden und Furcht um sich verbreiten. Ist er aber feig und kraftlos, stellt sich sogar das gutmütige Schaf gegen ihn.«
    Potaje, der schon betrunken war, brüllte den Worten des Räubers begeistert Beifall. Er verstand seine Rede nichtmehr recht, doch durch den Nebel seiner Trunkenheit glaubte er, die Quintessenz der selbstverständlichsten Wahrheit zu hören.
    »Ihr habt gesehen, was es für Leute gibt«, sprach der Bandit weiter. »Die Welt ist in zwei Gruppen geteilt: Hier Ausbeuter, dort Ausgebeutete. Ich lasse mich nicht schinden, ich bin zu etwas Höherem geboren, da ich mein Mannesgefühl habe, und niemanden fürchte.
    »Auch ich, Señor Juan, habe das Gleiche durchgemacht wie Ihr, ich bin von unten hinaufgestiegen, doch Euer Weg war besser als der meinige.« Er schaute den Torero einen Augenblick an und fügte dann mit dem Ausdruck der Überzeugung hinzu:
    »Ich glaube, daß wir beide etwas zu spät auf die Welt gekommen sind. Was hätten wir zwei zu anderen Zeiten und in einer anderen Welt für Taten ausgeführt. Ihr würdet nicht Stiere töten und ich brauchte mich nicht wie ein wildes Tier durch Wälder und Gebirge jagen lassen. Wir würden Statthalter, Großmogule oder sonst derartiges jenseits der Meere geworden sein. Habt Ihr nicht von einem gewissen Pizarro gehört, Señor Juan?«
    Der Gefragte machte eine unbestimmte Bewegung, da er seine Unkenntnis des Namens, den er das erstemal hörte, nicht eingestehen wollte.
    »Die Gräfin weiß es wohl besser als ich und wird mir verzeihen, wenn ich etwas Falsches sage. Ich las diese Geschichte, als ich noch Küster war und in den alten Romanen herumgestöbert habe, die unser Pfarrer hatte ... Also Pizarro war ein armer Teufel wie wir und ging miteiner Handvoll Burschen, die gerade soviel zu verlieren hatten wie er, in ein Land, ich sage Euch, ein wahres Paradies. Sie hatten, ich weiß nicht, wieviele Kämpfe mit den Eingeborenen zu bestehen und wurden schließlich die Herren des Landes, plünderten die Schätze der Könige und der Niedrigste füllte sein Haus bis zum Dache mit Gold an. Jeder wurde Marquis, General oder sonst eine große Persönlichkeit. Und den anderen ging es ebenso. Stellt Euch vor, Señor Juan, wenn wir damals gelebt hätten. Was hätte es uns für Mühe gekostet, mit noch so ein paar Kerlen, wie wir, ebensoviel oder noch mehr als Pizarro auszuführen?«
    Und alle Männer, welche schweigend, mit vor Erregung glänzenden Augen dieser Wundergeschichte lauschten, nickten zustimmend.
    »Ich wiederhole, daß wir zu spät geboren wurden, Señor Juan. Der Weg ist den Armen versperrt. Der Spanier weiß nicht, was er tun soll. Er kann nirgends mehr hingehen. Was noch in der Welt übrig war, um sich aufzuhelfen, haben die Engländer und die Franzosen eingesteckt. Die Tür ist verschlossen und wir Männer der Tat müssen innerhalb dieser engen Grenzen versauern und alle Verwünschungen einstecken, wenn wir unser Schicksal selbst bestimmen wollen. Während ich damals in Amerika oder einem anderen Weltteile sicher König oder Statthalter geworden wäre, muß ich hier als Bettler und Räuber durch das Land ziehen. Ihr seid ein tapferer Mann und müßt Stiere töten, was Euch zwar Ruhm und Ehren einbringt, doch weiß ich, daß viele Herren den Beruf des Toreros als niedriges

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