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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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und schnell den Löffel mit dem Gewehre vertauschte. Er plauderte mit seinen Tischgenossen, ohne aber in seiner Aufmerksamkeit bei der Beobachtung der Umgebung nachzulassen. Nach dem Essen nahm er von Potaje noch ein Glas, das letzte wie er sagte, und blieb dann, das Kinn auf die Hand gestützt, träumend unter der Wirkung des Weines und des genossenen Mahles sitzen.
    Gallardo bot ihm eine Havanna an.
    »Danke, Herr Juan, ich rauche nicht, doch werde ich sie für einen Kameraden aufheben, der das Rauchen lieber hat als das Essen. Es ist ein Bursche, der Pech hatte und mir hilft, wenn ich viel zu tun habe.«
    Er steckte die Zigarre unter seine Bluse und die Erinnerung an seinen Gefährten, der in diesem Augenblicke sicher weit weg war, ließ ihn mit wilder Freude lächeln. Der Wein hatte den Plumitas angeregt, sein Gesicht war ein anderes geworden. Die Augen schimmerten in einem metallischen, beunruhigenden Glanze, das feiste Gesicht zogsich zu einem Grinsen zusammen, welches den gewöhnlichen Ausdruck der Güte zurückzudrängen schien. Er zeigte den Wunsch zu sprechen, sich seiner Taten zu rühmen und die Gastfreundschaft dadurch zu belohnen, dass er seine Wohltäter durch seine Erzählungen unterhielt.
    »Sie werden schon davon gehört haben, was ich vergangenen Monat auf der Straße von Fregenal aufführte? Wirklich, Sie wissen nichts davon? ... Ich legte mich mit einem Gefährten in einen Hinterhalt, um die Postkutsche zu erwarten und einem Reichen eine Lehre zu geben, an die er sieh zeitlebens erinnern sollte. Ich hatte von ihm 100 Duros für einen Armen verlangt und er schrieb sogleich an den Statthalter von Sevilla, brachte die ganze Gegend bis nach Madrid in Bewegung, so dass man mich mehr denn je hetzte. Außerdem verlangte er, dass man meine Frau einsperrte, als ob sie wüßte, wo ich zu fangen wäre ... Der Judas traute sich vor Angst nicht aus seiner Stadt heraus. Doch inzwischen verschwand ich und ging auf Reisen, eine der Reisen, von denen ich vorher erzählte. Unser Mann gewann Vertrauen und ging eines Tages in Geschäften nach Sevilla, wo er außerdem noch die Behörden gegen mich aufhetzen wollte. Ich wartete auf die Postkutsche und sie kam. Mein Gefährte hielt den Kutscher an und ich steckte den Kopf und den Gewehrlauf durch die Tür. Da kreischten Frauen, Kinder weinten und Männer wurden vor Angst stumm. Ich erklärte den Anwesenden: Mit Ihnen habe ich nichts zu tun, beruhigen Sie sich, meine Damen, guten Tag meine Herren und glückliche Reise. Nur der Fettwanst dort möge sich herausbemühen.« Und unser Mann, der sich beinahe unterden Kitteln der Weiber verkroch, mußte aussteigen. Er war weiß, als hätte er einen Aderlaß gehabt, und torkelte wie ein Betrunkener. Die Kutsche entfernte sich und wir blieben allein mitten auf der Straße. »Höre, ich bin Plumitas und will dir einen Denkzettel hinterlassen.« Ich gab ihm einen, aber so, daß er noch 24 Stunden lebte und den Gendarmen sagen konnte, daß es der Plumitas war, der ihn getötet hatte. So gab es keinen Irrtum und andere konnten sich der Tat nicht rühmen.«
    Dona Sol hörte bleichen Gesichtes und mit vor Schreck geöffneten Lippen zu, während ihre Augen in einem seltsamen Feuer erglänzten. Gallardos Gesicht dagegen wurde düster, da ihn diese blutige Erzählung anwiderte.
    »Jeder versteht sein Handwerk, Señor Juan«, sagte der Räuber, als erriete er die Gedanken des Torero. »Wir zwei leben vom Töten. Ihr tötet Stiere und ich Menschen. Nur seid Ihr reich, Ihr findet Ruhm und schöne Frauen, ich dagegen bin nicht selten toll vor Hunger und werde, wenn ich mich nicht vorsehe, eines Tages mit durchlöchertem Körper auf einem Felde liegen, wo mich die Raben fressen. Mir bringt das Gewerbe nichts ein, Señor Juan. Ihr wißt, wohin Ihr den Stier zu treffen habt, daß er zu Boden kommt. Auch ich weiß, wohin ich zu zielen habe, daß einer gleich weg ist oder noch einige Wochen voll Raserei an den Plumitas denkt, der jedermann ungeschoren lassen will, während er sich derer zu entledigen weiß, die ihm gegenübertreten.«
    Doña Sol fühlte wieder die Neugier, die Zahl seiner Mordtaten zu wissen.
    »Wieviel Leute habt Ihr schon getötet?«
    »Sie werden noch Ihre Sympathie für mich verlieren, Gräfin, doch da Sie darauf bestehen, glaube ich, daß es wohl so 30 bis 35 sein dürften. Ich weiß es nicht genau. Wer denkt bei diesem Leben auch daran, Buch zu führen. .. Doch ich bin ein Unglücklicher, ein Ausgestoßener. Die Schuld

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