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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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gehen.
    »Lebt wohl, auf Wiedersehen!« Mit diesen Worten gab der Bandit seinem Pferde die Sporen und jagte aus dem Hofe. Gallardo war froh, ihn draußen zu haben. Dann betrachtete er Doña Sol, welche unbeweglich dastand und demReiter nachstarrte. »Was für eine Frau!« murmelte der Torero ganz mutlos, »welch ein tolles Weib!« Wäre der Plumitas nicht ein Mörder gewesen und zerlumpt und schmutzig dahergekommen, wäre sie mit ihm gegangen, um mit diesem Beherrscher der Straße die Sensationen zu verkosten, die ihr der Stierkämpfer nicht mehr gewähren konnte.

VI
    »Ich kann es nicht glauben, Sebastian. Wie kann ein Mann wie du, der Frau und Kinder hat, sich zu solchen Kuppeleien hergeben ... Wohin sind denn deine Grundsätze und deine Religion gekommen?«
    Der Nacional, auf den die Entrüstung der Mutter Juans und die Tränen Carmens, welche leise in ein Taschentuch hineinweinte, starken Eindruck machten, verteidigte sich nur schwach. Aber bei den letzten Worten richtete er sich mit fast priesterlicher Würde auf.
    »Frau Angustias, laßt meine Ansichten in Ruhe, ich war auf La Rinconada, weil mein Herr es mir befahl. Wisset Ihr, was eine Cuadrilla ist? Dasselbe wie ein Heer: Disziplin und Gehorsam. Der Torero befiehlt und ich folge. Wir müssen so gehorchen, wie seinerzeit die Diener der Inquisition.«
    »Schwindler,« schrie Frau Angustias, »schöne Ausreden, deine Inquisition. Vor allem hast du diese arme Frau getötet, welche den ganzen Tag wie eine mater dolorosa weint. Dir ist es aber lieber, die Streiche deines Herrn zu verdecken, weil er dir zu essen gibt.«
    »Ihr habt es gesagt, Frau Angustias, Juan gibt mir zu essen. Und da ich mein Brot von ihm empfange, muß ich ihm gehorchen ... versetzet Euch doch in meine Lage. MeinHerr sagt mir, ich solle nach La Rinconada gehen. Gut. Ferner, daß wir mit einer sehr schönen Dame im Automobil hinausfahren. Was soll ich da machen? Der Herr will es so. Außerdem war er ja nicht allein. Der Potaje ging auch mit und er ist trotz seines bäuerlichen Aussehens ein ehrenwerter Mann.«
    Die Mutter des Torero geriet über diese Entschuldigung in noch größeren Zorn.
    »Was, Potaje? Das ist der größte Lump, den Juan, wenn er nur auf Anstand hielte, nicht in seiner Cuadrilla behalten dürfte. Sprich mir nicht von diesem Säufer, der seine Frau prügelt und seine Kinder verhungern läßt.«
    »Gut, weg mit Potaje ... Ich sage, daß ich jene Dame sah. Und was ist dabei? Sie ist keine Straßendirne, sondern die Nichte des Marquis, eine Bewunderin des Herrn. Und Ihr wißt, daß die Toreros mit solchen Leuten gar freundlich sein müssen. Wir leben ja vom Publikum. Was ist also Schlechtes dabei? Und dann noch dazu im Hof. Sie sprachen sich mit ›Sie‹ an, jedes schlief in seinem eigenen Zimmer, nicht ein schlechter Blick, nicht ein schlechtes Wort, Anstand zu jeder Stunde. Und wenn der Potaje kommt, wird er sagen ...«
    Aber Carmen unterbrach ihn mit böser, vom Schluchzen unterbrochener Stimme:
    »Das alles geschah in meinem Hause, in unserem Hofe! Sie schlief außerdem noch in meinem Bett! Ich wußte alles und war ruhig. Aber er! In ganz Sevilla ist kein Mann, der sich so etwas traut.«
    Der Nacional sprach mit klugen und gütigen Worten auf sie ein:
    »Beruhigt Euch, Frau Carmen, auch das hat nichts zu sagen. Es war nur ein Besuch einer Frau, welche Euren Mann bewundert und sehen wollte, wie er eigentlich seine Ferien verbringt. Diese Damen, welche durch ihre Erziehung zu halben Fremden geworden sind, stecken immer voll Launen. Wenn ihr erst die Französinnen gesehen hättet, als wir in Nimes und Arles waren.«
    Doch ohne auf die beruhigenden Worte des Nacional zu achten, setzte Carmen ihre Anklagen fort, während Frau Angustias in dem Lehnstuhle, den sie ganz ausfüllte, wie eine Rachegöttin dasaß, die Augenbrauen runzelte und sich zu neuen Vorwürfen anschickte.
    »Schweige, Sebastian, und lüge nicht. Ich weiß alles. Ein schamloses Beginnen, diese Reise nach La Rinconada, ein wahres Zigeunerlager! Man erzählt sogar, daß der Räuber Plumitas mit euch war.«
    Diese Worte gaben dem Nacional einen Riß. Er glaubte, einen schäbigen Reiter mit speckigem Filzhut in den Hof kommen zu sehen, er sah ihn absteigen und mit dem Gewehr auf ihn zielen. Dann war ihm, als kämen Gendarmen, er glaubte Fragen zu hören und Hände zu sehen, welche schrieben, und dann ging die ganze Cuadrilla in ihrer Galakleidung ins Gefängnis. Da mußte er ganz energisch leugnen und die alte

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