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Die Blutlinie

Die Blutlinie

Titel: Die Blutlinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyn
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heiß und unbeherrschbar. »Wichser!«
    »Sie haben einen Tag, Smoky«, erwidert er gleichmütig. »Danach stirbt eine weitere Hure. Oh, und Sie und Ihre Leute dürfen ebenfalls mit fortgesetztem Spaß rechnen.«
    Ich habe das Gefühl, dass er das Gespräch beenden will. »Warten Sie!«
    »Nein, ich denke nicht. Ich konnte nicht widerstehen, dieses eine Mal. Aber es ist riskant, wenn wir auf diesem Weg kommunizieren. Für mich, heißt das. Rechnen Sie nicht damit, dass es noch einmal geschieht. Das nächste Mal, wenn Sie meine Stimme hören, werde ich persönlich vor Ihnen stehen, und Sie werden schreien.« Eine kurze Pause. »Noch eine letzte Sache. Falls Agent Thorne stirbt, sollten Sie darüber nachdenken, ob Sie ihren Leichnam nicht einäschern lassen. Ansonsten könnte ich vielleicht versucht sein, sie auszugraben und … mit ihr zu spielen. Genau wie ich es mit der lieben Rosa getan habe.«
    Er legt auf, während seine Worte durch meine Knochen schneiden.
    »Was zur Hölle ist los mit dir?«, fährt James mich an. Die Wut in seiner Stimme ist ein Schock, und ich bin sprachlos, stehe da wie angewurzelt und starre ihn an. Ich bin wie betäubt von der Wucht des Hasses, den ich in seinen Augen sehe. Er zittert. Es kommt in Wellen über ihn.
    »Wovon redest du?«, frage ich ungläubig.
    »Du musstest ihn unbedingt verspotten, wie? Du konntest nicht widerstehen!« Seine Worte triefen vor Gift. »Er ist hinter uns her, und du musstest ihn noch wütender machen, noch mehr Benzin ins Feuer schütten. Genau wie immer. Du erzählst uns, wir wären unbesiegbar, und du erzählst diesen Kerlen das Gleiche, und es ist nichts als Schwachsinn.« Er redet sich immer mehr in Rage, die Worte sprudeln unkontrolliert aus ihm hervor.
    Ich kann ihn nur sprachlos anstarren.
    »Was denn, erinnerst du dich vielleicht nicht? Erinnerst du dich nicht, dass du schon einmal im Fernsehen gewesen bist, als wir Joseph Sands gejagt haben? Dass du vor laufender Kamera gesagt hast, er sei ein erbärmlicher Schlappschwanz? Dass du ihn verhöhnt und verspottet und gehofft hast, er würde den Köder schlucken?« Er wartet, mit flammenden Blicken, schnarrt weiter. »Er hat ihn geschluckt, verdammt, nicht wahr? Er hat ihn geschluckt und deine Familie umgebracht, und dich hat er ebenfalls erwischt, und beinahe hätte er dich auch noch umgebracht. Und jetzt ist dieser Psychopath wild entschlossen, das Gleiche mit uns allen zu tun, und du willst einfach nicht lernen! Keenan und Shantz sind tot – hast du denn überhaupt nichts kapiert? Muss Callie auch noch sterben, bis du es endlich begreifst?« Er beugt sich zu mir herab, starrt mir in die Augen. »Dass manchmal, wenn du die harte Superfrau spielst, andere Leute sterben?« Er wartet, und ich bekomme das Gefühl von einem Gummiband, das immer weiter gespannt wird, bis es reißt. Es ist die bebende Stille unmittelbar vor dem ausbrechenden Sturm. Er spricht in diese Stille hinein. »Hast du diese Lektion nicht gelernt, als dein Mann und deine Tochter getötet wurden?«
    Mein Unterkiefer sinkt herab, und von einer Sekunde zur anderen will ich mich auf ihn stürzen. Ihm eine Ohrfeige versetzen, nein, nicht eine, eine ganze Salve gemeiner Ohrfeigen, mit dem Handrücken voll ins Gesicht. Ihm die Zähne ausschlagen, die Nase brechen. Ich will es so sehr, dass ich es schmecken kann, wie Blut in meinem Mund. Zwei Dinge halten mich davon ab: Eines ist die nahezu augenblickliche Scham, die ich in seinen Augen aufflackern sehe. Das andere ist Bonnie. Sie steht neben James, reißt an seiner Hand, energisch.
    »Was … was ist denn?«, fragt er sie. Er klingt genauso benommen, wie ich mich fühle. Sie bedeutet ihm, sich zu ihr herunterzubeugen. Er kniet sich hin, und ich sehe ihm zu, während ich am ganzen Leib zittere und bebe.
    Sie gibt ihm die Ohrfeige an meiner Stelle, mit der flachen Hand auf die Wange. Und obwohl sie erst zehn Jahre alt ist und klein für ihr Alter, klingt es wie ein Peitschenknall im stillen Wartezimmer.
    James’ Augen weiten sich im Schock, sein Mund formt ein lautloses »O«, und er stolpert zurück, landet in sitzender Position auf dem Fußboden. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Sie sieht mich kurz an, nickt und kehrt zu ihrem Sitzplatz neben Elaina zurück.
    Alle sind still. Ich kann ihre reglose Bestürzung spüren. James steht langsam auf, die Hand an der Wange, die Augen erfüllt von Scham und Verblüffung.
    Ich will etwas sagen, doch einmal mehr geschehen zwei Dinge, bevor ich dazu

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