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Die Blutlinie

Die Blutlinie

Titel: Die Blutlinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyn
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mit zittriger Hand eine Träne aus dem Auge. »Mit alledem bin ich zurechtgekommen. Es hat eine Weile gedauert, aber ich bin damit zurechtgekommen.« Eine Träne, die ich übersehen habe, rollt über meine Wange. Ich verklammere die Hände ineinander, bis sie schmerzen. »Doch das hier – nein. Nein, auf keinen Fall. Das ist zu viel. Nicht Callie. Also, hier ist mein Vorschlag. Hörst du zu?« Ich höre das Elend und das Flehen in meiner Stimme. »Lass sie am Leben, und du kannst mit mir machen, was du willst. Alles. Mich blenden. Mich verkrüppeln. Mich an Krebs erkranken lassen. Mein Haus niederbrennen. Mich unehrenhaft aus dem FBI werfen. Mich wahnsinnig werden lassen. Mich töten. Aber lass sie am Leben. Bitte, bitte, lass sie am Leben.«
    Meine Stimme versagt endgültig, und irgendetwas in mir zerbricht. Vor Schmerz krümme ich mich vor, muss mich mit den Händen abstützen. Ich hocke auf allen vieren, und ich sehe, wie meine Tränen auf den Fliesenboden der Kapelle tropfen. »Willst du, dass ich vor dir krieche?«, flüstere ich. »Willst du, dass irgendjemand, dass zehn andere kommen und mich noch einmal vergewaltigen und aufschlitzen? Meinetwegen. Hauptsache, du lässt Callie am Leben.«
    Ich erhalte keine Antwort, nicht einmal die Spur einer Antwort. Es ist mir egal. Ich habe keine Antwort erwartet. Ich musste es einfach nur sagen. Wie man es auch nennen mag – zu Gott oder zu Allah beten oder ein Ziel formulieren, gleichgültig, wie. Ich musste mit dem Universum reden, damit es Callie verschont. Ich musste zeigen, dass ich bereit bin, alles aufzugeben, alles und jedes, um meine Freundin zu retten.
    Nur für den Fall, dass es irgendetwas bewirken kann.
     
    Ich kehre aus der Kapelle in das Wartezimmer zurück. Ich habe mir genug Zeit genommen, um mich wieder ein wenig zu sammeln, doch ich fühle mich noch immer geschockt und verwirrt und niedergeschlagen. Ich weiß, dass ich jetzt für meine Leute da sein muss. Das ist meine Aufgabe, meine Pflicht. Das, was ein Anführer tut.
    »Habt ihr schon irgendetwas gehört?«, frage ich. Ich bin stolz auf mich. Meine Stimme ist fest.
    »Noch nicht«, antwortet Alan düster.
    Ich sehe sie reihum an. James blickt grimmig drein. Leo marschiert auf und ab, auf und ab. Alan ist so hilflos, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Lediglich Elaina und Bonnie wirken ruhig, was mich erstaunt. Immerhin wurden sie eben gerade angegriffen. Man kann vorher nie sagen, wie viel Kraft einzelne Menschen aufzubringen imstande sind, wenn so etwas geschieht.
    Ich rieche den sterilen Geruch, höre das leise Rauschen und Piepen, das jedes Krankenhaus erfüllt. Sonst ist alles still. Wie in einer Bibliothek, in der die Menschen bluten und sterben.
    Ich gehe zu Bonnie und setze mich neben sie. »Wie geht es dir, Schatz?«
    Sie sieht mich an, nickt, schüttelt den Kopf. Es dauert ein paar Sekunden, bis ich begreife. Es geht mir gut, nein, du musst dir keine Sorgen um mich machen, sagt sie mir.
    »Gut«, murmele ich.
    Die Tür des Wartezimmers fliegt auf, und AD Jones marschiert herein. Er sieht aus, als wäre er außer sich. »Wo ist sie? Ist sie okay? Was ist passiert?«, will er wissen.
    Ich stehe auf, gehe zu ihm. Klickediklack höre ich meine Schuhe auf den Steinfliesen des Fußbodens, mit jenem Teil von mir, der immer noch benommen und taub ist. »Sie ist im OP, Sir.«
    Er sieht mich lange an. »Wie geht es ihr?«
    »Die Kugel ist in den oberen Bereich der Brust eingedrungen. Neun Millimeter. Keine Austrittswunde. Sie hat eine Menge Blut verloren, und sie wird einer Notoperation unterzogen. Das ist alles, was wir wissen.« Kurz und prägnant, denke ich. Sauber, glatt und effizient. Ich unterdrücke eine Anwandlung von Hysterie, die in mir aufsteigen will wie Schaumblasen im Wein.
    Er sieht mich an, und sein Gesicht wird rot. Ich erschrecke wegen des Ausmaßes an Wut in seinen Augen, weil ich mit diesem Mann niemals Wut verbunden hätte. Sie dämpft den Irrsinn, der in mir schäumt. »Wie lange ist sie bereits im OP?«, will er wissen.
    »Zwei Stunden.«
    Er wendet sich von mir ab, eine plötzliche Bewegung. Geht ein paar Schritte. Wirbelt herum, zeigt mit dem Finger auf mich. »Hören Sie zu, Smoky, hören Sie verdammt gut zu! Ich habe zwei tote Agenten und einen dritten auf dem Operationstisch. Keiner von Ihnen, und damit meine ich absolut keiner von Ihnen, wird von jetzt an allein bleiben. Und falls das bedeutet, dass einige von Ihnen zusammen schlafen müssen, bis diese Sache vorbei ist,

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