Die Blutlinie
gekommen, weil ich ihn gejagt habe. Weil ich das tue, was ich tue. Er hätte es auf jeden Fall getan, ob ich ihn verspottet hätte oder nicht. Verstehst du, was ich sagen will?«
James antwortet nicht.
»Worauf ich hinauswill, James, ist Folgendes: Es spielt überhaupt keine Rolle, was ich zu Jack Junior sage. Dieser Mörder hat es auf uns abgesehen, Punkt. Wir sind seine Beute. Du möchtest seinen Opfertypus wissen?« Ich deute in den Raum. »Sie sind alle hier versammelt.«
Er sieht mich lange an, bevor er antwortet. Als er es tut, geschieht es wortlos. Er schließt die Augen und nickt. Mehr nicht.
»Entschuldigung angenommen.«
Er wendet den Blick ab, räuspert sich. Alle haben schweigend zugesehen. Angespannt. Es ist, als säßen wir alle gemeinsam auf einer heißen Ofenplatte und warteten darauf, wie ein Maiskorn zu zerplatzen und zu verbrennen. Die komplexe Maschine, die mein Team ist, scheint sich festzufahren, kann jeden Augenblick zerreißen und explodieren.
Ich weiß, dass die eigentliche Ursache für diesen Stress Jack Junior ist. Doch ich sorge mich, dass wir anfangen, unsere Wut aneinander auszulassen. Ich habe mich stets als die Achse empfunden, auf der sich die Zahnräder meines Teams drehen. Wenn ich die Achse bin, ist Callie der Antrieb. Sie ist es, die das Rad über gleich welchen Untergrund vorantreibt. Ihre Mätzchen, ihre Witze, ihre Neckereien und ihr unbarmherziger Humor halten uns zusammen. Ihr Fehlen erzeugt eine Art Vakuum, und wir sind kurz davor, dieses Vakuum dadurch aufzufüllen, dass wir einander an die Kehle springen.
»Weißt du, was das Erste ist, das Callie bei unserem Kennenlernen zu mir gesagt hat?«, frage ich ohne Einleitung. »Sie sagte: ›Gott sei Dank! Du bist keine Liliputanerin!‹« Ich muss grinsen bei dem Gedanken daran. »Sie hat mir erzählt, sie habe gehört, dass ich nur eins siebenundfünfzig groß sei, und sie habe sich nicht vorstellen können, wie groß das ist. Sie habe gedacht, ich sei eine Zwergin.«
Alan lacht auf, als er das hört; ein leises, trauriges Lachen. »Weißt du, was sie zu mir gesagt hat? Sie hat gesagt: ›Meine Güte, ein Riesenneger!‹«
»Hat sie nicht!«, rufe ich.
»Doch, das hat sie, ehrlich.«
Wir alle verstummen, als Alans Handy klingelt, und sehen zu, wie er es ans Ohr nimmt und lauscht. »Tatsächlich? Kein Witz? Danke, Gene.« Er legt auf, sieht mich an. »Die Abdrücke des in Polizeigewahrsam genommenen Verdächtigen stimmen mit denen überein, die wir vom Bett in Annies Wohnung genommen haben. Außerdem haben wir seine DNS zum Vergleich. Davon weiß er allerdings nichts … Er hat sich die Lippe aufgeschlagen während des Kampfes, den er euch bei seiner Festnahme geliefert hat. Barry bot ihm ein Taschentuch an, damit er sich das Blut abwischen konnte.«
Ich grinse. »Clever.«
Alan beugt sich vor, sieht mich an. »Er ist also einer der Mörder, Smoky. Ganz sicher, einhundert Prozent. Vielleicht können wir es noch nicht eindeutig beweisen, doch wir sind ganz nah dran. Was möchtest du jetzt tun?«
Alle sehen mich an, dieselbe Frage in ihren Augen. Was willst du jetzt tun? Die Antwort ist einfach.
Wir töten ihn und fressen ihn auf?, fragt mein Drache.
In gewisser Hinsicht, ja, denke ich.
»Einer von uns geht zu ihm und führt das Verhör unseres Lebens. Wir brechen ihn weit, weit auf, Alan.«
KAPITEL 49
Wir stehen zusammen mit Barry im Observationsraum und blicken durch den Einwegspiegel auf Robert Street. Er sitzt am Tisch und ist an Händen und Füßen mit Handschellen gefesselt.
Es überrascht mich ein wenig, wie unscheinbar er aussieht. Er hat braune Haare und ein hartes, kantiges Gesicht. Seine Augen blicken heiß und wütend, während er ansonsten entspannt wirkt. Er starrt uns durch den Spiegel hindurch an.
»Ziemlich cooler Typ«, sagt Alan. »Wissen wir schon mehr über ihn?«
»Nicht viel«, räumt Barry ein. »Sein Name lautet Robert Street. Er ist achtunddreißig Jahre alt, Single, war nie verheiratet, hat keine Kinder. Arbeitet als Kampfsportlehrer im Valley.« Barry sieht mich an, nickt in Richtung meiner immer noch geschwollenen Lippe. »Das haben Sie ja bereits am eigenen Leibe erfahren.«
»Haben Sie seine Adresse?«, frage ich.
»Ja. Er wohnt in einem Apartment in Burbank. Anhand seiner Fingerabdrücke, die wir in der Wohnung Ihrer Freundin gefunden haben, können wir einen Durchsuchungsbefehl erwirken. Ich habe bereits einen meiner Leute damit beauftragt.«
»Wer führt das Verhör?«,
Weitere Kostenlose Bücher