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Die Blutlinie

Die Blutlinie

Titel: Die Blutlinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyn
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der Hand gehalten hat. Es war überraschend, schnell.«
    »Trotzdem, es war früher Abend. Wie hat er verhindert, dass sie schreit und die Nachbarn alarmiert?«
    Ich nehme den Ordner an mich und überfliege die Fotos. Ich zeige auf eine Aufnahme vom Esstisch. »Hier.« Das Bild zeigt ein aufgeschlagenes Schulbuch, Mathematik. Wir drehen uns um und sehen zum Tisch. »Er steht weniger als drei Meter entfernt. Bonnie hat hier gesessen, als Annie die Tür aufgemacht hat.«
    Er nickt begreifend. »Er hat das Kind in seine Gewalt gebracht und damit die Mutter kontrolliert.« Er stößt einen leisen Pfiff aus. »Wow. Das bedeutet, er ist direkt in die Wohnung gestürmt. Kein Zögern.«
    »Wie ein Blitz. Er hat ihr keine Sekunde Zeit zum Überlegen gegeben. Ist reingestürzt, hat die Tür zugeworfen, Bonnie geschnappt, ihr wahrscheinlich eine Waffe an den Hals gehalten …«
    »… und zur Mutter gesagt, dass das Kind sterben würde, wenn sie schreit.«
    »Ja.«
    »Sehr entschlossen.«
    Geh weg, Regen. Geh weg.
    James schürzt nachdenklich die Lippen.
    »Die nächste Frage lautet: Wie lange hat es gedauert, bis er zur Sache kam?«
    Hier ist die Stelle, wo es wirklich anfängt. Wo wir nicht länger den schwarzen Zug betrachten, sondern aufspringen. »Da ist eine Reihe von Fragen.« Ich zähle sie an den Fingern ab. »Wie lange hat es gedauert, bis er mit ihr angefangen hat? Hat er ihr gesagt, was er mit ihr vorhat? Und was hat er mit Bonnie gemacht? Hat er sie gefesselt? Hat er sie gezwungen zuzusehen?«
    Wir blicken beide zur Wohnungstür, während wir überlegen. Ich kann es sehen, vor meinem geistigen Auge. Ich kann ihn spüren. Ich weiß, dass es James genauso geht.
    Es ist still im Flur, und er ist aufgeregt. Sein Herz hämmert in seiner Brust, während er darauf wartet, dass Annie ihm öffnet. Eine Hand ist erhoben, um ein zweites Mal zu klopfen, die andere hält … was? Ein Messer?
    Ja.
    Er muss ihr irgendeine Geschichte erzählen, und er hat sie sich viele Male zurechtgelegt. Irgendetwas Einfaches … beispielsweise, dass er ein Nachbar aus dem darunterliegenden Stockwerk ist und eine Frage hat. Irgendetwas, das sich normal anhört.
    Sie öffnet die Tür, nicht nur einen Spaltbreit. Es ist früher Abend, die Stadt ist wach. Annie ist zu Hause, im Innern eines gesicherten Apartmenthauses. Alle Wohnungslichter brennen. Sie hat keinen Grund, sich zu fürchten.
    Er kommt durch die Tür, bevor sie reagieren kann, eine unaufhaltsame Gewalt. Er schiebt sich in die Wohnung, stößt Annie um, schließt die Tür hinter sich. Er springt zu Bonnie, reißt sie an sich und setzt ihr das Messer an die Kehle.
    » Ein Laut, und deine Tochter stirbt … «
    Annie unterdrückt den instinktiven Schrei, den sie bereits auf den Lippen hatte. Der Schock ist vollkommen. Alles ist viel zu schnell gegangen, um zu reagieren. Sie sucht immer noch nach einer rationalen Erklärung. Vielleicht ist sie in einer Show mit einer versteckten Kamera, vielleicht erlaubt sich ein Freund einen Scherz mit ihr, spielt ihr einen Streich, vielleicht … verrückte Ideen, doch jede auch noch so verrückte Idee wäre besser als die Wahrheit.
    Bonnie starrt zu ihr hoch, die Augen voller Angst.
    Annie hat in diesem Moment wahrscheinlich akzeptiert, dass es kein Streich war. Ein Fremder hielt ihrer Tochter ein Messer an die Kehle. Das war REAL.
    » Was wollen Sie? « , lautet ihre erste Frage. Sie hofft, mit dem Fremden verhandeln zu können. Dass er weniger will als sie töten. Vielleicht ist er ein Einbrecher oder ein Vergewaltiger. Bitte, o bitte, denkt sie, lass es keinen Pädophilen sein.
    Mir fällt etwas ein. »Sie hat eine leichte Schnittwunde am Hals«, sage ich.
    »Was?«
    »Bonnie. Sie hat eine leichte Schnittwunde, an der Kehle.« Ich berühre meinen Hals. »Hier. Es ist mir aufgefallen, als ich im Krankenhaus war.«
    Ich sehe, wie James darüber nachdenkt. Sein Gesicht wird grimmig. »Er hat sie mit dem Messer geschnitten.«
    Wir können natürlich nicht sicher sein. Aber es fühlt sich richtig an.
    Der Fremde ritzt Bonnie mit der Messerspitze die Haut an der Kehle auf. Nichts Ernstes, doch genug, um ein paar Blutstropfen austreten zu lassen. Ein Keuchen. Genug, um zu zeigen, dass er es ernst meint, und um Annies Herz angstvoll stocken zu lassen.
    » Du tust, was ich dir sage « , befiehlt er. » Oder deine Tochter stirbt ganz langsam. «
    Und damit war es bereits vorbei. Bonnie war seine Geisel, und Annie war in seiner Gewalt.
    » Ich mache alles, was

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