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Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Blutnacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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es, dass wir oben zwei Mädchen haben?«
    »Ja, das haben sie gesagt, aber wer bist du?«
    Der Mann erhob sich auf ein Knie, und Tannhäuser schnitt ihm die Kehle von einem Ohr zum anderen durch. Der Kerl hielt noch eine Hand dazwischen, und ein Finger flog davon. Das Blut spritzte, und er fiel in seine eigene Blutlache. Er gab keinen Laut von sich, den draußen jemand hätte hören können. Tannhäuser zerrte ihn auf den Flur, wo seine Halswunde jeden erschrecken würde, der zur Tür hereinkam.
    Er stieg die Treppe hinauf. Er hörte ferne Schreie aus den Nebenhäusern, aber keine aus den Obergeschossen. Er wünschte Pascale und Flore natürlich keinen Grund zum Schreien, aber die Stille ängstigte ihn. Oben an der Treppe führte ein Flur in die andereRichtung, dann an zwei Türen vorbei zur nächsten Treppe zum obersten Stockwerk. Linkerhand ging der Flur zu einem Hinterzimmer mit einem Rahmen, in dem keine Tür mehr war.
    Tannhäuser schaute die Treppe hinunter, weil er dort ein Geräusch gehört hatte. Die Haustür rappelte bereits gegen die eingeklemmte Pike. Jemand hämmerte mit der Faust dagegen. Gedämpfte Schreie schallten von der Straße herein. Tannhäuser stürzte sich auf die offene Tür des Hinterzimmers.
    Als er sie erreichte, erschien ein Mann, den das Hämmern unten aufgeschreckt hatte. Seine Hände waren leer. Auf seinen Zügen zeigte sich keine Beunruhigung, bis Tannhäuser ihm den Dolch in die Eingeweide rammte und ihn bis zum Brustbein aufschlitzte. Der Mann stieß nur noch einen heiseren Seufzer aus. Sein Atem stank. Er klammerte sich an den letzten Lebensfaden, und Tannhäuser warf sein ganzes Gewicht auf die Klinge und trat ein paar kleine Schritte zurück. Der Sterbende taumelte mit, und Blut und Galle ergossen sich über die Schürze. Der Mann brach mit so viel Schwung zusammen, dass er die oberste Treppenstufe erreichte.
    Tannhäuser drehte sich um und warf ihn die Treppe hinunter.
    Der Mann rutschte von der Klinge, polterte stumm nach hinten und packte mit den Händen in einem letzten Krampf nach seinen Gedärmen, die ihm aus dem Bauch quollen. Inzwischen war der Angriff auf die Haustür heftiger geworden, und der Schaft der Pike wurde Schlag für Schlag weiter unter dem Gehäuse des Schlosses hervorgeruckelt. Tannhäuser sah noch einmal im Hinterzimmer nach. Dort war sonst niemand. Er schritt zur nächsten Tür. Sie stand halb offen. Er schob sie auf. Auch hier war niemand. Dann barst die Haustür krachend nach innen auf.
    Er hörte entsetzte Schreie. Er hörte atemlose Flüche. Er hörte, wie die Männer einander fragten, ob sie nicht besser Verstärkung holen sollten.
    Tannhäuser trat die dritte Tür auf.
    Eine Küche. Zwei Männer befanden sich darin.
    Einer war vor wenigen Momenten mit einem Teller voller Äpfel und Käse aus der Speisekammer gekommen. Er trug einen Brustharnisch. Tannhäuser stach ihm den Dolch bis zum Heft in die Achselhöhle. Er drehte die Klinge um, ließ sie aber stecken und schautenur zu, wie der Mann schreiend in die Knie sank. Als sich der zweite Mann von einem Stuhl am Tisch erhob, auf dem ein Helm und zwei Kurzschwerter lagen, zog Tannhäuser die Bogensehne halb zurück und ließ sie los. Der Mann zuckte zusammen und schnellte den linken Arm vor. Der Pfeil drang durch seine Handfläche und nagelte sie ihm an die Brust. Er fiel auf den Stuhl zurück und starrte auf den Pfeilschaft.
    Tannhäuser legte den Bogen und zwei Pfeile auf den Tisch und packte eines der beiden Schwerter. Der vom Pfeil durchbohrte Milizmann schrie plärrend um Hilfe. Er hob den rechten Arm, um sich zu verteidigen. Tannhäuser holte beidhändig mit dem Schwert aus und hieb oberhalb des Ellbogens auf den Arm ein. Das Schwert hatte eine unerwartet scharfe Klinge. Nun waren aus den Rufen des Mannes hilflose Schreie geworden. Tannhäuser stopfte ihm ein Geschirrtuch in den aufgerissenen Mund.
    Er packte den Mann bei dem durchbohrten Arm und zerrte ihn vom Stuhl hoch und quer durch den Raum. Der erste Mann war noch auf allen vieren, japste nach Luft und starrte auf die Blutlache auf dem Boden. Tannhäuser stieß den Einarmigen an die Wand neben der Tür. Dabei war die Hand ein gutes Stück über den Pfeilschaft auf die Fiederung zugerutscht, und die Spitze des Pfeils war beinahe ganz in die Brust des Mannes eingedrungen. Tannhäuser zog ihm das Geschirrtuch aus dem Mund. Roter Schaum quoll hervor.
    »Wo sind die beiden Mädchen?«
    »Oben.« Er schaute schluchzend auf seinen Armstumpf. »Sie

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