Die Blutnacht: Roman (German Edition)
Mann gegeben«, sagte Estelle. »Einem reichen Mann in einem reichen Haus in einem reichen Bett.«
»Ich habe ihn gesehen, wie er den Soldaten gesagt hat, dass sie Grymonde die Augen ausstechen sollen«, sagte Hugon.
»Er hat die Affen sterben lassen«, sagte Grégoire.
Grymonde wandte Tannhäuser den Kopf zu.
»Gib ihn mir. Gib ihn uns.«
Tannhäuser sagte: »Fühle das Seil um seine Brust.«
Grymonde tastete danach. Er grunzte.
»Vielleicht brauchen wir seine Zunge noch, damit er uns Dinge erzählen kann, die er weiß und wir nicht. Aber er wird nicht mit uns im Wagen fahren. Er wird kriechen.«
»Kriechen?«
»Ich binde ihn unter dem Wagen an die Wagenachse. Denkt drüber nach.«
Tannhäuser beobachtete, wie Christian nachdachte.
»Lass ihn kriechen«, sagte Estelle.
Grymonde sah es auch bildlich vor sich, aus der Höhe, in die ihn Schmerzen und Opium getragen hatten. Er begann zu lachen.
Christian starrte auf den Dreck, der die Straße bedeckte. »Exzellenz, bitte …«
Tannhäuser warf ihn unter den Wagen. Er hielt die Luft an und hockte sich hin. Er führte die Enden des Seils unter der Vorderachse hindurch und verknotete sie. Er stand auf und atmete weiter. Luzifer schnüffelte an Christian und pisste ihm auf den Kopf.
»Mein Infant«, sagte Tannhäuser.
»Ich bin hier.«
Tannhäuser nahm ihn beim Arm. Er führte den blinden Riesen nach hinten zur Ladefläche. Er nahm ihm die Partisane aus der Hand und legte sie auf die Planken.
»Setz dich hierhin, in die Öffnung, mein Infant. Unsere Kinder sind hinter dir. Wenn jemand versucht, von hinten auf diesen Wagen zu steigen, ohne dir seinen Namen zu sagen, gehört er dir.«
»Er gehört mir.«
»Du hast gesagt, die Karten sind im Spiel.«
»Das habe ich. Das sind sie. Carla hat sie gezogen.«
»Welche Karten?«
»Das kann nur sie dir sagen. Aber ich habe etwas Besseres. Weißt du, was sie zu mir gesagt hat?«
Tannhäusers Schulter schmerzte, als die größte Pranke, die er je gesehen hatte, sie packte.
» Ich habe schon vor langer Zeit alles, was ich habe, auf Mattias gesetzt .«
»Ich danke dir, mein Infant.«
»Wir haben alle gewürfelt. Jetzt sind die Würfel bei dir.«
Tannhäuser ging zu Clementine.
Er schaute Grégoire an. Er dachte an Juste.
» Audentes fortuna juvat .«
Grégoire schnalzte mit den Zügeln, und der Wagen setzte sich knarrend in Bewegung.
Als sie auf die Gefahr und die Seine zurollten, brüllte Grymonde.
»Bringt mir den Kinnbacken eines Esels!«
TEIL V
SCHRECKLICHES
SCHLACHTFELD
KAPITEL 30
W ENN DIES DAS P ARADIES IST
Die Müllerbrücke lag kaum hundert Schritte von den Folterkammern und Gefängnissen des Grand Châtelet entfernt. Tannhäuser sah keine Geschäftigkeit an den Toren dieser Festung. Die Polizei hatte sich von den Massakern ferngehalten. Eine intelligente Strategie. Wenn sie keine Verantwortung übernahmen, konnte man sie nicht verantwortlich machen, wie immer die politischen Geschicke sich schließlich wendeten. Die Miliz hatte die Kontrolle der Brücken übernommen. Sollte die Polizei bemerken, dass eine nicht bewacht war, würde sie sich vielleicht nicht einmal einmischen; so lauteten vielleicht sogar ihre Befehle. Inkompetenz ihrer Konkurrenten konnte ihnen nur gefallen.
Die oberen Geschosse der Wassermühlen, die die ganze Brücke entlang standen, schlossen die Müllerbrücke gegen den Himmel wie einen Tunnel ab. Beim Aufgang zur Mühle sah Tannhäuser ein Kohlenfeuer und davor schattenhafte Gestalten. Drei. Im Licht einer hängenden Laterne sah man, dass sonst niemand dort war. Nachtwache in einer Stadt, wo niemand außer den eigenen Kameraden sich vor die Tür wagte. Eine langweilige Aufgabe, die man wahrscheinlich langweiligen Männern übertrug. Er durfte ihnen nicht die Gelegenheit geben, zum Châtelet zu fliehen. Er durfte sie auch nicht durch den Tunnel in die Cité entkommen lassen.
Er hatte den Karren in einer Seitenstraße zurückgelassen. Als er zurückging, schaute er nach Westen zum Fluss hinunter. Auf der Höhe des Louvre-Turms sah er zwei Boote auf der Seine.
Auf dem Fluss würde er weiter und schneller von Paris fortkommen als auf der Straße nach Norden. Es würde auch für Carla eine bequemere Reise werden. Sie konnten bis zum Ärmelkanal fahren. Noch besser, sie konnten in Elbeuf Ruderer anheuern, die sie die Eure hinauf nach Chartres befördern würden. Carla konnte wieder zu Kräften kommen. Dann ein Ritt von ein, zwei Tagen zur Flèche, über die mächtige
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