Die Blutnacht: Roman (German Edition)
zweiten Wachmann stieß er das Schwert schräg durch den Hals und durchtrennte ihm die Sehnen und Adern. Der erste und letzte Wachmann war der, der auf ihn hatte einschlagen wollen. Tannhäuser ließ die Armbrust fallen, packte den Speerschaft, zog den Mann zu sich hin, stieß ihm das Schwert in den Bauch und drehte es herum. Dann ließ er den Schaft los, drückte mit der Linken auf die stumpfe Seite der Klinge, schlitzte den Mann bis zum Schritt auf und ließ ihn fallen.
Tannhäuser winkte Hugon herbei.
Der lächelnde fünfte Mann kroch noch herum. Der Mann, auf den Tannhäuser geschossen hatte, keuchte auf allen vieren und spuckte Blut. Tannhäuser schnitt ihnen die Kehle durch. Er schleuderte das Blut von der Klinge und steckte das Schwert in die Scheide. Er zog den Bolzen aus dem Rücken des Toten. Er lud die Armbrust erneut und lehnte sie an die Wand.
Er schleifte zwei der Toten durch einen Toreingang. Ihre Leichen glitten durch den Mehlstaub, das Fett und das Wasser, mit denen die Brücke bedeckt war. In regelmäßigen Abständen brannten Laternen, aber er konnte das andere Ende der Brücke nicht sehen. Das Geräusch der Räder hallte von der Überdachung der Brücke wider. Tannhäuser erreichte die erste Wassermühle. In einer Lücke zwischen den Gebäuden war die Brücke zum Fluss hin offen. Mit einer Kettenwinde konnte das Mühlrad je nach Wasserstand des Flusses hochgezogen oder heruntergelassen werden. Über Leitern hatteman Zugang zu den Getrieben, über die das Wasser die Mühlsteine antrieb. Das Getriebe war entkoppelt, sonst wäre der Höllenlärm unerträglich gewesen. Tannhäuser sah, wie sich unten das Mühlrad drehte. Er warf die Leichen ins Wasser. Sie wurden in der Gischt hin und her geworfen und zermalmt wie blutige Lumpenpuppen und versanken.
Er wiederholte diese Arbeit.
Schließlich zerrte er den letzten toten Wachmann herbei und warf ihn in den Fluss.
Er legte eine Pause ein und lehnte sich an die Winde. Schweiß rann ihm übers Gesicht und über das verkrustete Blut auf Brust und Bauch. Er war der völligen Erschöpfung nahe. Seine Füße, seine Knie und sein Rücken schmerzten. Seine Finger waren steif. Er dachte an Carla. Sie musste noch viel erschöpfter sein als er. Er rollte mit dem Kopf.
Als er sich abwandte, sah er einen Müller in einer staubigen Schürze, der ihn zwischen den Flügeln einer zweiflügligen Tür her entsetzt anstarrte. Tannhäuser starrte zurück, und die Tür schloss sich.
Der Wagen rumpelte auf die Brücke.
Tannhäuser ließ ihn außer Sichtweite der Straße anhalten. Er packte die Speere und Hellebarden mit dem Schaft voraus auf die Ladefläche. Er fügte auch noch die Laterne hinzu. Tannhäuser nahm an, dass mindestens drei weitere Milizmänner am anderen Ende der Brücke Wache halten würden. Die Laternen, die über ihnen hingen, würden dafür sorgen, dass er sie zuerst sehen würde.
»Grymonde, ich nehme die Pistole. Grégoire, die Schweineohren sind gar. Bring das Brot und einen Weinschlauch. Wartet auf mein Zeichen. Dann kommt schnell, aber passt auf, das Fett ist glitschig.«
Tannhäuser überprüfte die Zündpfannen und lud beide Läufe der Pistole. Die Mühlräder würden die Schüsse übertönen. Er steckte sich die Pistole mit der Linken wieder hinten in den Gürtel. Er nahm von Grégoire den Weinschlauch entgegen, stürzte einen guten Viertelliter herunter und reichte dem Jungen den Wein zurück.
»Hugon, du kommst mit.«
Er nahm seine Armbrust und zog das Schwert. Er ging die Brücke entlang.
Bei der nächsten Lücke zwischen zwei Mühlen schaute er sich den Fluss genauer an und sah einen Abschnitt der Schiffsbarriere. Hauptsächlich kleine Lastkähne und die Masten von zwei Fischerbooten. Er bemerkte, dass an den Kais an beiden Ufern die Gräueltaten weitergingen. Vergewaltigungen und Mörderbanden. Schade, dass da diese Barriere war. Er ging weiter durch lichtgelbe und schwarze Pfützen. Die Brücke bebte unter seinen Schritten.
»Hugon, wie viele Wasserräder sind es?«
»Zwölf. In zwei Brückenbögen sind keine, damit Schiffe durchfahren können.«
»Warte hier, wo du immer noch den Wagen sehen kannst. Auf mein Zeichen rufst du sie.«
Tannhäuser ließ ihn zurück. Er sah keine Wachen. Er trat in den letzten dunklen Bereich der Brücke. Oben über der Ausfahrt hing eine Laterne, und am Boden flackerte eine Fackel, die in einem Eimer steckte.
Eine Gestalt tauchte auf, die Halbpike vorgestreckt.
»Was gibt’s Neues?«, rief
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