Die Blutnacht: Roman (German Edition)
Kopf bis zum Schwanz lichterloh brannte. Japsend und mit vor Schrecken geweiteten Augen landete das Tier auf den Fliesen, scharrte und schlitterte mit wild zuckenden Muskeln durch klirrende Scherben und schleppte sich jaulend den Flur entlang.
Carla zog sich weiter zurück, als ein zweiter brennender Hund durchs Fenster geflogen kam.
Sie konnte das Kiefernpech riechen, mit dem man den Hund eingeschmiert hatte. Der Gestank nach brennendem Fell und Fleisch drehte ihr den Magen um. Sie spürte, wie Antoinette sich an ihre Röcke klammerte, hörte das Schluchzen des Mädchens. Als der zweite Hund sich in Schmerzen wand und wieder auf die Füße rappelte, kehrte der erste, von lodernden Flammen umgeben, mit jämmerlichen Schreien in den Eingangsflur zurück. Die beiden prallten aufeinander, knurrten einander an und schienen kampfbereit, kamen dann aber rasend schnell die Treppe hinauf. Altan Savas trat sie zur Seite, dass die Flammen um seine Stiefel züngelten. Er stellte sich mit ausgebreiteten Armen schützend vor Carla und Antoinette.
Während die flammenden Hunde ihr Feuer im Wohnzimmer verbreiteten, führte Altan Carla und Antoinette in den Flur, wo sie sich in eine Ecke flüchteten. Carla rang im Schwefeldunst um Luft.
Noch mehr Hunde tauchten auf.
Diese Hunde brannten nicht, waren aber beinahe genauso in Panik. Man warf sie vorne und hinten durch die Fenster im Erdgeschoss ins Haus. Sechs Hunde? Acht? Straßenköter von unbestimmter Rasse, klein, aber voller Energie. Sie rasten in irrwitzigem Getöse hin und her, laut bellend vor Angst, Schrecken und Verwirrung.Aus dem Wohnzimmer oben hörte Carla Stimmen, die mit den Hunden um die Wette schrien, beteten, flehten.
Auch Altan Savas blieb davon nicht unberührt. Sein Kopf zuckte hin und her, und seine Augen wurden glasig, als erwartete er, dass Scharen von Dämonen aus den Wänden auftauchen würden.
Carla schlug ihm fest auf die Wange. Altan zwinkerte und kam wieder zu Sinnen.
»Danke, Madame.«
Er stellte sich neben die Tür und beobachtete, wie sich die Scharniere immer weiter lockerten. Aus der Dunkelheit oben erschallten erneut Schreckensschreie. Plötzlich fuhr Carla zusammen, als die Tür nach innen flog und auf den Boden krachte. Ein Mann kam gleich hinterher, denn er hatte das Gleichgewicht verloren, als der Schwung seines letzten Hammerschlags ihn mitgerissen hatte.
»Allahu akbar.«
Altan Savas hieb ihm das Schwert in den Nacken und hätte ihm den Kopf abgetrennt, hätte er nicht das Schwert durch das spritzende Blut wieder herausgezogen, um den zweiten Hammerschwinger zu erwischen. Innerhalb eines Herzschlags stach Savas ihn vier Mal mit Dolch und Schwert in Bauch, Brust und Hals und machte dann einen Schritt zurück, während er auf die Straße blickte. Drei Gestalten lagen, von Pfeilen durchbohrt, im Schmutz, einer noch winselnd, den blutenden Leib mit Armen umschlingend. Altan hatte sie wohl vom oberen Fenster aus beschossen, während Carla Gambe spielte. Etwas pfiff an ihrem Ohr vorbei, und der Aufprall hallte im Flur wider. Aber Carla hatte keinen Schuss gehört.
Altan lehnte sein Schwert an den Türpfosten, steckte den Dolch in den Gürtel, nahm den Bogen von der Schulter, legte einen Pfeil ein, und seine Bewegungen waren so schnell und präzise wie Carlas Finger auf ihrer Gambe. Auf der anderen Straßenseite konnte Carla eine Gestalt ausmachen, die mit einer Schleuder über Kopf zum Wurf ansetzte. Sie wich zurück, drehte das Gesicht zur Wand. Wieder kamen das Pfeifen und dann das Krachen des Steins. Altan Savas sprang in die Türöffnung, der Bogen spannte sich, der Pfeil wurde ausgerichtet. Dann ließ Altan ihn über seinen Daumenring aus Elfenbein sausen, und Carla musste einfach um den Türpfosten herumschauen.
Der Schleuderschütze war in die Knie gegangen, hielt die Hände vor die Brust, aus der Blut sprudelte wie Wein aus einem Schlauch. Der Pfeil bebte in den Holzstreben des Gebäudes zehn Fuß hinter ihm. Der Mann fiel aufs Gesicht und regte sich nicht mehr.
Altan hatte schon wieder einen Pfeil eingelegt, zielte auf etwas, das Carla nicht sehen konnte. Doch im letzten Augenblick duckte er sich wieder ins Haus, und Carla wich in den Schatten zurück, als die breite Spitze des Pfeils in ihre Richtung schwenkte. Altan riss den Bogen hoch über ihren Kopf und dann wieder herunter.
Er versuchte es zumindest.
Später fragte sie sich oft, ob dieses Ausweichen ihn das Leben gekostet hatte.
Hinter ihr knirschte Glas. Dann kam das
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