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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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Höllenfenstern, üppiger Schleppe und ebenso verwerflichen, weiten Hängeärmeln. Ein Netz mit zartem Schleier bedeckte ihr geflochtenes Haar. Sie musste den Vergleich mit keinem Edelfräulein scheuen, dem er je begegnet war. Wenn sie ihre Sitten so sehr verfeinert hatte wie ihr Äußeres, dann würden sich auf diesem Turnier die ledigen Ritter um ein Zeichen von ihr drängen. Wenn es nach ihm ging, würde er ihnen zuvorkommen und der Erste sein, der sie darum bat. Er bedauerte nur, dass er wieder einmal zu abgebrannt war, um ihr ein Geschenk zu kaufen, als Dank für ihren geheimnisvollen Botendienst.
    Doch höchstwahrscheinlich würde sie gar nicht mit ihm sprechen wollen, so, wie er sie damals behandelt hatte.
    » Eine schöne Jungfer«, bemerkte Jung-Friedrich neben ihm und machte ihm damit bewusst, dass er beinah stehen geblieben war, um Hedwig anzustarren.
    Er räusperte sich. » Zweifellos.«
    Neugierig musterte der Junge ihn. » Habt Ihr eigentlich eine Braut, Wilkin?«
    » Nein. Noch nicht.«
    » Warum? Ihr seid so viel älter als ich, und ich bin schon seit drei Jahren verlobt. Euer Vater ist doch auch kein unbedeutender Mann. Will er Euch nicht gut verheiratet sehen?«
    » Ich nehme an, dass mein Vater keine passende Braut für mich gefunden hat. Er sprach noch nie mit mir darüber.«
    » Ach so. Und wollt Ihr Euch nicht selbst darum kümmern? Es kann angenehm sein, glaubt mir. Ich mag meine Anverlobte. Hedwig ist sehr freundlich und hübsch anzusehen. Und es macht mich stolz, wenn sie neben mir in die Kirche geht oder einen Saal betritt.«
    Es verwirrte Wilkin, dass Jung-Friedrich von Hedwig sprach, bis ihm einfiel, dass die polnische Prinzessin denselben Namen trug. » Die Schöne dort heißt ebenfalls Hedwig, Friedrich. Ist das nicht ein lustiger Zufall?«
    Jung-Friedrich schüttelte lächelnd den Kopf. » Nein, Wilkin. Ich bin sicher, das ist ein Zeichen. Kommt sie vielleicht als Braut für Euch infrage?«
    Wilkin lachte. » Bedauerlicherweise wohl nicht. Nun lasst uns eine Gelegenheit zum Waschen finden, bevor Eure Mutter ärgerlich über die Verzögerung wird. Sie erwartet Euch gewiss sehnlichst.«

    Cord war bester Stimmung, seit es nicht mehr seine Aufgabe war, auf den jungen Helden aufzupassen, der möglicherweise der nächste polnische König werden würde, falls das kleine Brüderchen seiner Braut nicht das Mannesalter erreichte. Vor Berlin angekommen, machte er im Handumdrehen das Zelt seines Vaters ausfindig. Bei seinem Eintreffen spielte dieser eben mit Cords zehnjährigem Halbbruder Achim Armdrücken.
    Cord war seinem spät geborenen Halbbruder ebenso wie seinem Vater Kaspar seit drei Jahren nicht begegnet, doch der Kleine erinnerte sich sofort an ihn. » Cord ist da«, schrie er, schnappte sich ein Holzschwert und stürmte auf ihn zu. Mit einem gezielten Griff entwand Cord dem Knaben das Spielzeug, hob ihn hoch, warf ihn über seine Schulter und gab ihm einen Klaps auf den Hosenboden.
    Lachend und schreiend versuchte sein Fang sich loszustrampeln, bis Cord ihn unsanft fallen ließ.
    Er hatte es Achim nie nachgetragen, dass er die Stelle einnahm, die er selbst gern eingenommen hätte. Der Kleine war Kaspars legitimer Sohn aus zweiter Ehe und damit dessen Erbe. Als er geboren worden war, hätte Cord neidisch sein können, doch es hatte für ihn längst keinen Zweifel mehr daran gegeben, dass sein Vater ihm selbst diesen Rang niemals zu verschaffen beabsichtigte. Sein Stolz bewahrte ihn davor, Achim mit unnützer Missgunst zu behandeln. Was ihn an diesem Tag allerdings betroffen machte, als Achim sich an ihn hängte, als hätte er ihn vermisst, war die plötzliche Erkenntnis, dass er selbst schon einen Sohn in diesem Alter hätte haben können.
    » Herr vom weichen Moos der grünen Lichtung, willkommen«, begrüßte sein Vater ihn mit seinem üblichen Spott.
    Ebenso spöttisch verneigte Cord sich gegen ihn. » Voller Vorfreude darauf, deinem neuen Landesherrn zu huldigen?«, fragte er und klemmte sich Achim, der nicht aufhörte, an ihm herumzuzerren, unter den Arm.
    Kaspar nickte. » Es wird doch Zeit, dass einmal wieder etwas Unordnung ins Land einkehrt, mein Junge. Weißt du, wie sie Johann von Hohenzollern nennen? Den Alchimisten. Es scheint, er vertut seine Zeit mit dem Zusammenbrauen geheimnisvoller Suppen. Wie lange, glaubst du, wird dieser grüne Knabe die Brandenburger Dickschädel damit in Schach halten? Du Kammerdiener musst doch am besten wissen, wie der Kurfürst darüber denkt.

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