Die Bogenschützin: Roman (German Edition)
Gefangenen gemacht?«
» In der Tat. Seit du ihn gefällt hast, ist er ohne Bewusstsein, aber er atmet.«
Jung-Friedrich räusperte sich und nahm umständlich seinen Helm ab. » Cord, mein Vater wird gewiss zufrieden mit Euch sein. Und natürlich wird Euch Euer Ross würdig ersetzt. Wenn es nach mir geht, jedenfalls.«
Das Letzte fügte der Junge ein wenig hastig hinzu, als wäre er keinesfalls sicher, dass sein Vater seine großmütige Zusage unterstützen würde.
Cord lächelte, obgleich er Jung-Friedrich seine Zweifel nachfühlen konnte. » Ist schon recht. Euer Vater wird wissen, was richtig ist.«
Kurfürst Friedrich residierte nicht auf der Spree-Insel vor den Mauern Cöllns, wo sein Sohn Johann plante, seine Burg zu bauen, und wo die wichtigsten Gäste untergebracht waren. Stattdessen hatte er seine prächtigen Zelte auf dem weitläufigen Lagerplatz aufgeschlagen, den Cöllns Schwesterstadt Berlin auf ihrer Seite der Spree zur Verfügung stellte.
Wilkin begleitete Jung-Friedrich nach ihrer Ankunft zu dessen Vater und wurde Zeuge, als er ihm berichtete, was sich auf ihrer Reise zugetragen hatte. Ob es an Wilkins Anwesenheit lag oder am ehrlichen Naturell des Jungen: Er verhehlte seinen Fehler nicht und sprach die Wahrheit. Statt sich zu verteidigen, bat er seinen Vater um Verzeihung dafür, dass er sich leichtfertig in Gefahr gebracht hatte. Der schwieg zu der Verfehlung seines Sohnes, was den Knaben ebenso zu bedrücken schien, wie harte Worte es vielleicht getan hätten.
Wilkin wusste, dass es andere Fürsten gab, die nun ihn und die Männer des Geleitzuges beschuldigt hätten, den ihnen erteilten Auftrag schlecht erfüllt zu haben. Kurfürst Friedrich dagegen sprach ihm durch ein kurzes Nicken seinen Dank aus und begann sogleich Fragen zu stellen, um einen Hinweis auf die Urheber des Überfalls zu finden. Er war hocherfreut, als er von Cords Gefangenem erfuhr, und ordnete dessen Befragung für den kommenden Tag an.
Als der Kurfürst wenig später Wilkin aus seinem Zelt entließ, wagte Jung-Friedrich trotz seiner Beschämung noch einmal das Wort zu ergreifen. » Vergebt mir, Vater, aber ich muss Euch noch um etwas bitten. Cord– Ihr wisst, der Bastard des Kaspar Gans zu Putlitz– Er… Ich versprach… Er hat sein Ross eingebüßt, weil er mir half. Werdet Ihr ihm Ersatz verschaffen?«
Der Kurfürst blickte aus dem Zelteingang über die dicht bevölkerten Wiesen und schwieg eine Weile, als hätte er den Jungen nicht gehört, dann wandte er sich an Wilkin. » Glaubst du, mein junger Herr von Torgau, dass dein Freund es zu schätzen und sich geziemend zu verhalten wüsste, wenn man ihn zum Ritter schlüge? Mich dünkt, der edle Teil seiner Abstammung bewährt sich in ihm. Selbstverständlich würde es im Vorfelde gewisser Klärungen bedürfen. Ich setze daher dein Stillschweigen voraus.«
Wilkins Herz schlug schneller vor Freude. Nichts wünschte er Cord mehr als die verdiente Gnade, endlich den Makel seiner unehrlichen Geburt auf diese Weise hinter sich lassen zu dürfen. » Er wäre hocherfreut und wüsste die Würde so gut zu tragen wie mancher von höherem Stande.«
Der Kurfürst nickte bedächtig, dann verzog er ein wenig seinen Mundwinkel und sah seinen Sohn an. » Der Mann bekommt sein Pferd, Friedrich. Nun geh und wasch dich, bevor du deine Mutter und deine Geschwister begrüßt. Du bist schwarz im Gesicht. Später erzählst du mir von Polen. Begleite ihn, Wilkin.«
Froh hinkte Wilkin mit dem erleichterten Jung-Friedrich aus dem Zelt. Am liebsten wäre er geradewegs zu Cord gegangen, um ihm von seinem Glück zu berichten, doch dazu war es in der Tat zu früh. Sollten mächtige Männer Einwände gegen dessen Schwertleite äußern, würde der Kurfürst seinen Entschluss vermutlich ändern, und die Enttäuschung wäre schmerzhaft.
Jung-Friedrich schien ganz in Gedanken versunken zu sein und schwieg ausnahmsweise, sodass Wilkin seine Blicke ungestört schweifen lassen konnte. Er stolperte mit seinem schmerzenden Bein ungeschickt über eine Unebenheit im zerstampften Erdboden, als er in einiger Entfernung Johann von Quitzow entdeckte. An seiner Seite schritt eine junge Frau, so schön wie eine Lichtgestalt. Er ahnte, wer sie war, konnte es jedoch nicht glauben. Diese Ausstrahlung von Anmut und Demut, ja, reiner Weiblichkeit, wollte nicht zu seiner Erinnerung an Hedwig von Quitzow passen. Die Jungfer neben Johann trug ein hellblau schimmerndes Damastgewand mit höchst sündhaften
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