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Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition)

Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition)

Titel: Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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welche Prioriäten unter diesem Pontifex maximus gesetzt wurden: Die Borgia und ihr Staat gingen über alles! Neu war allerdings, dass sich Alexander und Cesare nicht mehr bemüßigt fühlten, diese Umfunktionierung des Papsttums auch nur im Geringsten zu verschleiern.

13. Der Ausbau des Familienstaats
    Etwas mehr Verstellungskunst als in den inneritalienischen Angelegenheiten war in Sachen Türkenkrieg nötig. Auf ein gemeinsames Vorgehen der christlichen Mächte gegen das im Ostmittelmeer unaufhaltsam vorrückende Osmanische Reich drängte vor allem Venedig, nach Ludwig XII. der wichtigste Verbündete der Borgia. Als «gemeinsamer Vater aller Christen», wie sich die Päpste zu titulieren pflegten, konnte sich Alexander VI. diesem Anliegen nicht verschließen. Wollte er sich nicht offen kompromittieren, musste er sich zumindest pro forma für diesen Vorschlag erwärmen.
    Doch gelegen kam ihm die Initiative der Lagunenrepublik zu einem neuen Kreuzzug absolut nicht. Cesare Borgia war im Herbst 1500 mit über siebentausend Mann zur Eroberung der «Rest-Romagna» vorgerückt und hatte die Städte Pesaro und Rimini kampflos eingenommen. Giovanni Sforza, Lucrezias Ex-Ehemann, und Pandolfo Malatesta hatten ihre Städte verloren gegeben und ihr Heil in der Flucht gesucht. Doch vor Faenza kam Cesares Siegeszug ins Stocken. Der achtzehnjährige Astorre Manfredi war entschlossen, das Erbe seiner Väter zu verteidigen. Dabei kam ihm der Wintereinbruch mit Eis und Schnee zu Hilfe. Unter diesen Umständen war an eine Erstürmung der befestigten Stadt nicht zu denken, Cesare musste seine Truppe in die Winterquartiere schicken. Wie schlagkräftig sie während dieser Zwangspause bleiben würde, musste sich zeigen.
    Cesare verfügte nicht nur über eigene Söldner und französische Kompanien, sondern auch über Hilfskontingente, die die Orsini und andere mächtige Familien des Kirchenstaats wie die Vitelli, die Stadtherren von Città di Castello, geschickt hatten. Die Armee der Borgia war also heterogen zusammengesetzt, ihre Loyalität daher nicht über jeden Zweifel erhaben. Was sich militärisch einstweilen nicht bewerkstelligen ließ, versuchte Alexander VI. nun mit politischen Mitteln zu erreichen. Er bot Astorre ein Kardinalat als Gegenleistung für den Verzicht auf seine Herrschaft an. Die hohe kirchliche Würde war zum Allzweckinstrument der Familienpolitik geworden. Doch der junge signore lehnte dankend ab. Die Offerte flößte ihm kein Vertrauen ein.
    Währenddessen lavierte Alexander VI. in Sachen Kreuzzug. Gegenüber dem venezianischen Botschafter betonte er in bewegten Worten, wie sehr ihm diese heilige Unternehmung am Herzen lag und dass er sich am liebsten selbst an die Spitze der christlichen Heeresmacht stellen würde. Doch als ihn der spanische Botschafter kurz darauf beim Wort nahm, war von einer solchen persönlichen Initiative keine Rede mehr. Nun hieß es, er werde mit von der Partie sein, wenn die Könige von Frankreich und Spanien ihre Herrscherpflicht erfüllten und mit gutem Beispiel vorangingen. Aus der Sicht der Diplomaten waren das offenkundige Ausflüchte. Vorwürfe der katholischen Majestäten ließen nicht lange auf sich warten. Als selbsternannte Vormünder schalten sie Alexander VI. wegen seiner Winkelzüge wie einen Schuljungen. Als spanischer Papst müsse er dem Vorbild seines Onkels Calixtus nacheifern und mehr Engagement im Kampf gegen die Ungläubigen an den Tag legen. Doch von diesem Tadel ließen sich die Borgia nicht beirren. Zwar erhielt Venedig die Erlaubnis, seinen Klerus mit einer außerordentlichen Kreuzzugssteuer zu belegen, und der Papst ließ auch in Rom eine solche Abgabe einziehen, aber das Resultat fiel bescheiden aus; mit gut 45.000 Dukaten schlug gerade einmal ein Drittel der Summe zu Buche, die aus dem Verkauf der zwölf Kardinalate erlöst worden war.
    Der eigentliche Kreuzzug der Borgia fand in ihrem eigenen Heiligen Land, der Romagna, statt. Dort musste Astorre Manfredi im April 1501 vor der Übermacht der Feinde kapitulieren. Mit eiserner Disziplin hatte Cesare sein Heer zusammengehalten. Astorre und seinem Bruder versprach er freien Abzug, um sie nach der Übergabe der Stadt unverzüglich in den Kerker zu werfen. Ein Jahr später wurden beide erwürgt aus dem Tiber gezogen. An den Höfen der Halbinsel reagierte man mit nacktem Entsetzen: So sprangen italienische Fürsten nicht mit ehrenvoll besiegten Gegnern um! Das waren die Sitten brutaler Barbaren! Diese Reaktion

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