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Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition)

Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition)

Titel: Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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tot, doch der übel zugerichtete Prinz überlebte. Dank Lucrezias aufopferungsvoller Pflege kam er täglich mehr zu Kräften; dabei wich ihm seine Gattin nicht von der Seite. Offensichtlich befürchtete sie, dass die Mörder ihr Werk vollenden wollten und einen zweiten Anschlag planten. Alexander VI. und Cesare aber wuschen vor der Öffentlichkeit ihre Hände in Unschuld. Der Papst zeigte sich von der Gewalttat bestürzt. Cesares Erklärung klang sogar noch glaubwürdiger: Als Auftraggeber des Anschlags hätte er sich nicht mit halben Sachen zufrieden gegeben. Andererseits war schwer zu erkennen, wer außer den Borgia Vorteile aus der Beseitigung des beliebten Prinzen ziehen sollte. Für Vater und Sohn hingegen lagen sie auf der Hand: Lucrezias Hand war wieder frei, und das nächste Mal würde sie noch gewinnbringender vergeben werden.
    Am 18. August 1500 machte Cesare zum Entsetzen seiner Schwester kurzen Prozess: Er ließ den Rekonvaleszenten im Vatikan töten, und zwar nach eigenen Angaben in Notwehr. Er behauptete, sein Schwager habe mit einer Armbrust auf ihn geschossen, als er in den Vatikanischen Gärten spazieren ging, doch sein Ziel verfehlt. Ihn daraufhin umbringen zu lassen, war ein Akt des legitimen Selbstschutzes. Diese Version der Ereignisse, wie sie der Papst selbst kurz darauf dem neuen venezianischen Botschafter Paolo Capello erzählte, erschien schon den Zeitgenossen unglaubwürdig. Dass Alfonso sich von Cesare bedroht fühlte, ist zwar plausibel, weit weniger hingegen, dass er so unüberlegt in die Offensive gegangen sein soll. Von einem überlebenden Cesare musste er blutige Rache befürchten, und wenn er ihn tötete, waren seine Überlebenschancen auch nicht günstiger. Lucrezia zeigte sich vom gewaltsamen Tod ihres geliebten Mannes zutiefst betroffen. Als Zeichen der Trauer und des Protests zog sie sich nach Nepi zurück; in Briefen, die sie dort verfasste, gab sie ihrem Kummer beredt Ausdruck.
    Alexander VI. und Cesare bereiteten unterdessen einen zweiten, noch viel durchschlagenderen Eroberungszug in der Romagna vor. Dafür waren die politischen Vorbereitungen erfolgreich abgeschlossen. Venedig hatte dem unablässigen Drängen Alexanders VI. endlich nachgegeben und den Manfredi in Faenza sowie den Malatesta in Rimini seinen Schutz entzogen. Nachdem der Papst kurz zuvor noch mit dem Botschafter der Republik gehadert und finstere Drohungen ausgestoßen hatte, fiel sein Dank jetzt umso überschwänglicher aus: Venedig habe sich um die Borgia unsterbliche Verdienste erworben, die ganze Familie sei der Serenissima auf ewig verpflichtet. Der gewiefte Diplomat berichtete von diesen Gefühlsaufwallungen nicht ohne skeptische Untertöne. In seinen Augen war die Freude des Pontifex maximus ohne Zweifel echt, doch auf die großen Versprechen, die er in dieser Euphorie machte, sollte man sich lieber nicht verlassen. Das zeigte sich schon daran, dass die Beteuerungen des Papstes, in der Schuld der Republik zu stehen, nahtlos in neue Forderungen übergingen. Die Serenissima sollte Cesare in ihren Adel aufnehmen und darüber hinaus unter ihren Schutz stellen. Was den schutzbefohlenen raccomandati in der Romagna entzogen worden war, sollte jetzt den Borgia zuteil werden. Und damit nicht genug: Kurz darauf ersuchte der Papst Venedig um eine condotta , ein Militärkommando, für seinen Sohn. Damit traf er unübersehbar Vorsorge für den Fall seines Todes, wie von venezianischer Seite aufmerksam registriert wurde. Hinter dem dröhnenden Imponiergehabe von Vater und Sohn verbargen sich Zeichen der Schwäche. Für sie hing alles davon ab, die neu gewonnene Herrschaft in der Romagna zu festigen. Die Zeit, ein eigenes Territorium zu gewinnen und zu sichern, drängte für die Borgia mehr denn je.
    Um dem bevorstehenden Kriegszug gegen Faenza und Rimini Nachdruck zu verleihen, besorgte Alexander VI. die dafür nötigen finanziellen Mittel auf die inzwischen übliche Art und Weise. Er verkaufte Kardinalsämter, und zwar gleich im Dutzend. Unter den Meistbietenden war mit Giorgio Cornaro auch ein venezianischer Patrizier. Wie alle anderen erfolgreichen Kandidaten zahlte er den Kaufpreis – 15.000 Dukaten, davon zwei Drittel in bar, der Rest in Juwelen – am 28. September 1500 direkt an Cesare Borgia. Nach der finanziellen Transaktion leisteten die neuen Purpurträger nicht dem Papst selbst, sondern seinem Sohn den Treueid. Diese Zeremonien sprachen allen geheiligten Bräuchen Hohn und zeigten ein weiteres Mal,

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