Die Boten des Todes
Konserven, die
Adrian für alle Fälle eingelagert hatte, den großen Öltank für die Heizung,
eine Waschküche und einen Trockenraum.
»Sehr schön«, sagte Ada.
»Aber es ist niemand hier.«
»Das war vorauszusehen, mein Kind. Auf
jeden Fall haben wir unseren Drink verdient. Gehen wir.«
Er verriegelte die Kellertür wieder.
Sie gingen zurück. In der Bar roch die warme Nachtluft ganz schwach nach
Alkohol. Adrian lehnte die Flinte in eine Nische.
»Ein Whisky wäre gut«, sagte Ada.
»Ganz deiner Ansicht.«
Adrian fand noch Eis in dem kleinen,
holzverkleideten Kühlschrank. Er goß den puren Whisky auf die Würfel.
Nach sanftem Schütteln reichte er
seiner Frau ihr Glas. Beide tranken ziemlich viel. Sie sahen sich an und
lächelten. Adrian atmete tief.
»Das entspannt. Ich muß gestehen, daß
die Aufregung mich doch etwas mitgenommen hat. Aber leider ist die Frage noch
nicht geklärt, wie dieses Buch auf meinen Nachttisch und dieser Sarg vor meine
Tür gekommen ist.«
»Was kann es nur bedeuten?«
»Ich weiß es nicht, mein Kind. Es muß
ein Fremder im Hause gewesen sein — noch bis vor ganz kurzer Zeit.«
»Aber wir haben nichts gefunden!«
»Das beweist uns nicht das Gegenteil.
Er kann durch ein Fenster entkommen sein...«
»Sie waren alle geschlossen!«
»Wir haben sie nicht einzeln geprüft,
meine Liebe. Außerdem kann der Betreffende einen Nachschlüssel zu einer der
Türen haben. Ich werde morgen bei Tageslicht noch einmal alles genauestens
untersuchen.«
»Adrian — wenn er noch im Hause ist?«
»Das glaube ich kaum. Seine Arbeit war
getan mit den beiden Scherzen. Ich sehe nur nicht den Zweck...«
Ada kreischte so plötzlich, daß er sich
Whisky über seine Knie goß. »Adrian — ich habe es! Ich habe es!«
Herr van Noringen betrachtete seine
Frau aufmerksam. Nichts von Mißbilligung war in seinen Zügen. Er griff zum
drittenmal in dieser Nacht nach seinem Schnupftuch und wischte den Whisky von
seinem Morgenrock.
»Was hast du, mein Kind?«
»Die Lösung! Das Buch, der Sarg! Das
ist Irmela! Es kann nur Irmela Zirli sein! Das ist ihre Art, Hochzeitsgeschenke
zu machen. Sie hat doch nur ihr kriminalistisches Zeug im Kopf, vom Morgen bis
zum Abend! Sie hat sich für uns etwas Besonderes ausgedacht!«
Herr Adrian saß aufrecht und dachte
scharf nach. »Du könntest recht haben, mein Kind. Mehr noch. Du hast recht.
Niemand außer ihr könnte auf solche Ideen kommen. Den ganzen Tag schon hat sie
von Morden und Mordmethoden geredet.«
»Wie ist sie bloß hereingekommen?«
»Das, meine liebe Ada«, sprach Herr
Adrian mit Nachdruck, »werde ich morgen erfahren. Ich werde mich in geziemender
Form für ihre Scherze bedanken.«
»Sei nicht zu streng mit ihr! Sie meint
es nicht böse.«
»Das glaube ich dir gern. Aber sie hat
uns allerhand von unserer Nachtruhe gestohlen — den Schreck nicht gerechnet.«
Ada trank schmunzelnd. »Aber eigentlich
war es doch ganz lustig — findest du nicht?«
»Leidlich. — Immerhin — dein Scharfsinn
hat das Problem gelöst. Ich glaube, wir können uns beruhigt niederlegen.«
Sie leerten die Gläser. Adrian nahm die
Flinte an sich. Gemeinsam löschten sie die Lichter im Erdgeschoß. Oben auf dem
Flur glimmten die Lampen gleichmäßig. Vor der Tür zu Adrians Schlafzimmer lagen
der Sarg und das beschädigte Skelett, wie sie es verlassen hatten.
»Dieses Beweisstück werde ich
aufheben«, sagte Adrian. Er hob Adas Kinn mit zwei Fingern in die Höhe. »Und
nun wollte ich noch ein bißchen zur gnädigen Frau kommen. Darf ich?«
Ada nickte verschämt.
»Ich bringe nur die Flinte fort.«
»Ich wärme das Bett«, hauchte Ada.
Herr Adrian blickte ihr liebevoll nach,
wie sie den Gang hinunterhuschte. Dann betrat er sein Zimmer und durchquerte es
rasch. Vor dem Koffer in seinem Salon entspannte er den Hahn des Gewehres und
zog das Magazin heraus.
Klickend fielen die Patronen in seine
Hand.
Dann setzte sein Herz aus und schlug
erst nach einer endlosen Weile weiter.
Von drüben, von Adas Zimmern schrie es.
Einmal, noch einmal, dreimal, durchdringend und spitz durch die Mauern.
Ada schrie.
Kalter Frost breitete sich über Herrn
Adrians Körper.
III
Es vergingen viele Sekunden. Adrian
vermochte nicht, sich zu bewegen. Die Schreie waren verstummt.
Dann wich der Schreck von ihm. Mit
zitternden Händen versuchte er, die Patronen in das Gewehr zurückzubringen. Es
war nicht möglich. Sie fielen auf den Teppich und rollten zwischen die
Weitere Kostenlose Bücher