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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Möbel.
Herr Adrian suchte zitternd und ächzend danach. Die Zeit verstrich. Seine
Waffe, sein einziger Schutz, war unbrauchbar.
    Dann dachte er an Ada und an ihre
Schreie. Er mußte ihr helfen, auch ohne Patronen. Mit wilder Verzweiflung
packte er das Gewehr am Lauf und stürzte zum Flur. Er mußte zu Ada.
    Es war nicht mehr nötig. An der Tür des
Schlafzimmers prallte er mit ihr zusammen. Sie hing bebend an seinem Hals.
    »Du lebst«, stieß Adrian hervor. »Dank
dem Himmel! Ich dachte schon...«
    Ihre Tränen flössen durch seinen
Morgenrock. »Oh, Adrian! Es war furchtbar!«
    »Was, mein Kind? Was war es?«
    »In meinem Bad... oh...« Die Stimme
versagte ihr. Es war nichts mehr herauszubringen, außer Schluchzen und Tränen.
    Herr van Noringen handelte. Er führte
sie mit sanfter Gewalt in sein Arbeitszimmer und drückte sie in einen
Polstersessel. Dann suchte er erneut nach den Patronen. Er brachte acht Stück
in den Lauf. Das würde genügen. Er warf einen entschlossenen Blick auf Ada. — »Bleib
hier, mein Kind! Ich bin gleich zurück!«
    Sie hatte ihr Taschentuch auf die Augen
gepreßt und gab keine Antwort.
    Adrian betrat den Flur. Ihm fiel ein,
daß er es wohl zum zwanzigsten Male tat in dieser Nacht, aber der Gedanke wurde
schnell verdrängt durch die Überlegung, was ihn in Adas Badezimmer erwarten
könnte.
    Irgendein neuer Schabernack von diesem
dreimal verfluchten Teufelsweib, der Zirli, dachte Herr Adrian mit Ingrimm.
    So war es auch.
    Er stieß mit dem Flintenlauf gegen die
Tür des Bades. Mit dem ersten Blick erkannte er, daß es wieder nichts zu
erschießen gab. Von der oberen Halterung der Handbrause hing ein Männchen in
die Badewanne herab.
    Es war eine Puppe mit schlaffen
Sägemehlgliedern, in der Uniform eines abruzzischen Räuberhauptmanns. Das
Antlitz grinste ebenso fröhlich, wie es das des Skelettes im Sarg getan hatte,
obwohl das Räubermännchen mit einer Schlinge um seinen Hals aufgehängt war, als
wäre der Henker eben erst weggegangen.
    Herr Adrian betrachtete das Gebilde mit
Widerwillen.
    Er stieß ihm die Mündung des Gewehrs in
den Bauch, aber das Männchen grinste fröhlich weiter. Jetzt bemerkte er einen
Zettel auf der Brust der Puppe, und zum dritten Mal sah er die groben
Buchstaben und den roten Strich.
    SIE WERDEN IHREM MANN BALD NACHFOLGEN!
    »Unglaublich!« knirschte Herr van
Noringen. Er packte die Puppe und riß sie herunter. »Eine bodenlose
Unverschämtheit!«
    Mit weiten Schritten marschierte er zu
seinen Räumen zurück. Ada saß, wie er sie verlassen hatte.
    »Ich muß sagen, Ada — deine liebe
Freundin mit ihrem vortrefflichen Humor...«
    Ada richtete die feuchten Taubenaugen
auf ihn. Ihre Brust bebte. »Adrian — du Lieber — es tut mir so leid, daß ich
dich deswegen erschreckt habe — aber ich öffnete die Tür, und da... dieses
widerwärtige Ding!«
    Erneut brach ihr die Stimme.
    »Beruhige dich! Die Hauptsache ist, du
bist heil und gesund. Hast du den Zettel gelesen?«
    »Zettel?«
    Adrian drehte die Puppe herum. »Hier!
Die gleiche Schrift wie auf meinem! ›Sie werden Ihrem Mann bald nachfolgen!‹
Die Dame tut so, als wenn ich schon tot wäre!«
    »Ich habe nichts gesehen«, sagte Ada
mit ängstlicher Stimme. »Ich habe die Tür gleich wieder zugeworfen.«
    Herr Adrian war ehrlich empört. »Du
wirst zugeben, meine Liebe, daß das zu weit geht! Entschieden zu weit! Ich muß
mir sehr überlegen, ob ich deiner verehrten Frau Zirli nicht für immer das Haus
verbiete!« Er brach ab und erstarrte. Ein Gedanke schoß durch sein Gehirn wie
eine Kugel. »Der Boden!« Herr Adrian schlug sich klatschend gegen die Stirn.
»Wir haben den Boden vergessen! Sie muß noch hier sein! Diesmal entkommt sie
mir nicht!«
    Er stürzte zur Tür hinaus, bevor Ada
ein Wort erwidern konnte.
    Im Laufen entsicherte er die Büchse.
Neben dem Kaminzimmer, an der Treppe zum Erdgeschoß, war die Tür, hinter der
die Bodentreppe lag. Adrian stürmte die Treppe empor, ohne das Licht
einzuschalten. Der Schimmer vom Flur her genügte ihm, und oben war ein zweiter Schalter.
Am oberen Ende der Treppe hielt Herr Adrian inne. Es war doch dunkler als er
angenommen hatte. Er tastete vergeblich nach dem Lichtschalter, seine
aufgeregten Finger fanden ihn nicht. In aufwallendem Zorn legte er die Flinte
auf die Dunkelheit an und rief: »Hände hoch, wenn jemand da ist! Kommen Sie
hervor, Frau Zirli! Das Spiel ist aus!«
    Es blieb still in der gefährlichen
Dunkelheit. Herr Adrian nahm all seinen Mut

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