Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
Vom Netzwerk:
Niedergeschlagenheit.
»Was ist, Direttore?«
    »Ich bedaure zutiefst, gnädige Frau...«
    Er griff zu seinem Taschentuch, tupfte
auf der Stirn herum.
    Frau Ada wurde aufmerksam. »Ist etwas
nicht in Ordnung, Signor Voltesi?«
    »Durchaus nicht, gnädige Frau, es ist...
es ist formal alles in Ordnung, absolut in Ordnung... nur«, er wandte sich an
Cigaglia, voll echter Verzweiflung, »nur... ich habe gestern nach unserem
Gespräch sofort alle Unterlagen kommen lassen...hier sind sie... ich habe...«
    Cigaglia stieß den Kopf nach vorn. Sein
Gesicht wurde kantiger. »Signor, können wir ohne Umschweife erfahren, worum es
sich handelt?«
    »Gewiß, gewiß, caro Dottore! Ich hätte
Sie gern schon informieren können, aber ich hielt es für besser, die Mitteilung
persönlich vorzubringen... vergeben Sie mir...« Er holte tief Atem. Seine Hände
öffneten einen Ordner. »Herr van Noringen hat am siebenundzwanzigsten Juli
seine gesamten Wertpapiere veräußert. Am selben Tage hat er sein Bargeld
abgehoben und das Konto gelöscht.«
    Doktor Cigaglia sah die Gestalt des
Direktors in einem matten Nebel verschwimmen. Er vernahm keinen Laut im Zimmer,
bis er eine Stimme hörte. Es war seine Stimme. »Am siebenundzwanzigsten Juli?«
fragte er heiser. »Einen Tag vor seinem Tode?«
    »Einen Tag vor seinem Tode«,
wiederholte Signor Voltesi.
     
     
     

VIII
     
    Die Augen des Doktors quollen aus den
Höhlen. Er sah aus, als wollte er sich auf den Direktor stürzen.
    »Ich bedaure unendlich, meine
Herrschaften«, stotterte Voltesi, »ich konnte nicht ahnen... Ich habe
selbstverständlich angenommen, Sie wüßten...« Seine Stimme brach.
    »Mein Mann hatte mir nichts gesagt«,
flüsterte Ada. »Auch nichts zu Ihnen, Carlo?«
    »Nicht ein Wort!« sagte Cigaglia
scharf. »Ich bin äußerst überrascht von dem, was ich hier höre. Würden Sie mir
einige Fragen beantworten, Herr Direktor?«
    »Aber bitte, bitte!« Signor Voltesis
Taschentuch war ein feuchtes Knäuel. »Ich bin zu allen Auskünften...«
    Cigaglia Hand schnitt ihm das Wort ab.
»Wann war Herr van Noringen hier?«
    »Am Vormittag, zur üblichen
Geschäftszeit.«
    Cigaglia wandte sich zu Ada. »Sie
können sich erinnern?«
    Sie hatte ratlose Augen hinter dem
Schleier. »Am siebenundzwanzigsten? Das war der Tag, bevor Corry... bevor er...«
Sie stockte, bedeckte die Augen mit der Hand. Die Männer warteten. Frau Ada hob
den Kopf, sah Cigaglia mit leerem Blick an. Sie nickte ein paarmal, bevor sie
weitersprach. »Doch... ich erinnere mich... am Vormittag... er sagte, er hätte
eine Kleinigkeit zu erledigen... er war auch bald zurück... hat mir Pralinen
mitgebracht...«
    Doktor Cigaglia schien nicht gewillt,
auf ihre Ergriffenheit Rücksicht zu nehmen. »Fuhr er allein?«
    »Ja... er wollte allein fahren... Stasi
ist dageblieben...«
    »Kam Ihnen das nicht ungewöhnlich vor?«
    »Eigentlich nicht... er ist immer mal
allein gefahren... um in... Übung zu bleiben, sagte er...« Cigaglia fixierte
den Direktor. »Sie haben selbst mit ihm gesprochen?«
    »Jawohl, Dottore. Der Prokurist hat
mich informiert... es handelte sich immerhin um eine größere Transaktion...«
    »Kam Herr van Noringen oft hierher?«
    »Im Gegenteil. Höchst selten. Auch die
Kontenbewegung war äußerst gering, das Ganze schien mir mehr als Daueranlage
gedacht...«
    Doktor Cigaglia schleuderte die
entscheidende Frage: »In Anbetracht der Umstände stehen Sie wohl nicht an, uns
die Höhe des Kontos anzugeben?«
    »Aber durchaus nicht, durchaus nicht!«
Signor Voltesi schien froh, in der fatalen Situation etwas tun zu können. »Die
gnädige Frau ist Erbnachfolgerin... außerdem ist das Konto gelöscht...« Seine
kurzen Finger fuhren auf dem Papier entlang. »Herr van Noringen besaß Anteile
der Schweizerischen Bankgesellschaft... ferner Aktien der Badischen Anilin...
Soda... Fiat-Papiere, ein kleinerer Post... ja...«
    »Die Summe!« bellte Doktor Cigaglia.
    »Die Summe... jawohl. Wir haben das
gesamte Paket veräußert für... warten Sie... für neunhundertundfünfzigtausend
Franken!«
    Die Zahl hallte in Cigaglias Kopf
wider. Wortlos blickte er Frau Ada an. Sie hielt die Augen geschlossen. »Die
Papiere lagen hier im Tresor?«
    »So ist es, Dottore.«
    »Wie hoch belief sich das Girokonto?«
    »Fünfundsiebzigtausend Franken.«
    »Es wurde ebenfalls abgehoben?«
    »Ebenfalls.«
    »Eine Million fünfundzwanzigtausend
Franken«, murmelte Cigaglia. »Am Tag vor seinem Tod. Was zum... was hat das

Weitere Kostenlose Bücher