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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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erfuhr ich von seiner Frau
andeutungsweise einiges über gewisse testamentarische Bestimmungen für den Fall
des Todes beider Ehegatten... Sie werden verstehen, daß ich unter den gegebenen
Umständen nicht weiter in sie gedrungen bin — sie war äußerst erschöpft und
ruhebedürftig. Sie empfahl mir, mich an Sie, Doktor, oder aber an Frau Zirli zu
wenden. Signor Cigaglia... Sie waren der juristische Berater des Verstorbenen.
Sie sind der Vollstrecker des Testamentes, wohl auch eine Art
Vermögensverwalter...«
    »Berater!« verbesserte Cigaglia. »Nur
Berater.«
    Er fühlte Irmelas Blick auf sich ruhen.
    »Gut«, sagte Stalacarro. »In Anbetracht
dessen, daß zwei unaufgeklärte Mordfälle vorliegen, werden Sie sicher mit mir
einer Meinung sein, daß es besser ist, sich nicht an die juristische
Schweigepflicht zu klammern, sondern mich kurz, aber klar über die testamentarischen
Verfügungen zu informieren.«
    Cigaglia hielt den Blick des Hauptmanns
einige Zeit aus, dann sah er auf den abgewetzten Boden des Büros.
    Irmelas tönende Stimme fuhr in die
Stille. »Na los, mein Lieber! Das ist doch gar kein Geheimnis! Ich persönlich
finde es ungeheuer interessant, unter die Hauptverdächtigen zu geraten!«
    Doktor Cigaglia sah sie kurz mit
schmerzerfülltem Augenaufschlag an. Dann wandte er die Augen dem Hauptmann zu.
»Alleinerbe des Hauses, des Grundstückes, des beweglichen Eigentums und des
gemeinsamen Vermögens ist Frau van Noringen.« Er wartete. Stalacarro wartete.
Irmela sah amüsiert in die beiden Gesichter.
    »Dann ist da noch«, fuhr Doktor
Cigaglia langsamer fort, »dann hat noch jeder ein Privatkonto zur eigenen
Verfügung. Die Höhe dieser Konten ist mir nicht bekannt. Die Bestimmung lautet
so, daß nun auch diese privaten Vermögenswerte des Verstorbenen auf Frau van
Noringen übergehen.« Er schwieg und setzte sich aufrecht.
    »Weiter!« sagte Stalacarro freundlich.
    Doktor Cigaglia lockerte den Kragen
etwas mit dem Zeigefinger. »Sie meinen...«
    »Ja.«
    »Im Falle des Todes von Frau van
Noringen«, sagte Cigaglia, »geht der gesamte Besitz zu gleichen Teilen an Frau
Zirli und mich über.«
    »Auch das Geld der Privatkonten?«
    »Auch das.«
    Frau Zirli lächelte faunisch über dem
schwarzen Kostüm. »Nun, Hauptmann... was sagen Sie? Ein herrliches Motiv,
nicht? Jahre muß man warten, bis so etwas einmal auftaucht. Sind wir nicht
nette Mörder, der Doktor und ich? Und das in Ihrem Büro!«
    Stalacarro verzog sein Windhundgesicht
in einer Weise, die nicht erkennen ließ, ob er lachte oder unangenehm berührt
war. »Ich gebe zu, es kommt nicht alle Tage vor, Gnädigste.« Er sah Cigaglia an
und sprach mit genüßlicher Betonung. »Und wenn der Mörder seine... hm... seine
Arbeit fortsetzen sollte... und einer von Ihnen wäre der nächste auf seiner
Liste... wie ist es dann, Doktor?«
    Cigaglia räusperte sich krächzend. »Für
diesen Fall sind keine Bestimmungen vorgesehen. Das wäre... äh... eine Frage
der persönlichen letzten Verfügungen.«
    Er rutschte auf seinem Stuhl herum. Das
Büro schien ihm zu eng zu werden. Stalacarros Stimme verriet Rücksicht. »Sie
verzeihen mir eine letzte, etwas indiskrete Frage, lieber Doktor. Ich stelle
sie nur im Interesse der Aufklärung des Mordes an Ihrem Freund. Es ist meine
Pflicht, jedes mögliche Motiv ins Auge zu fassen. Käme eine Heirat zwischen
Ihnen beiden in Betracht?«
    Cigaglia starrte ihn an. Sein Kehlkopf
arbeitete heftig. Sein Gesicht färbte sich etwas dunkler.
    Irmela lachte schrill auf. »Eine
Heirat! Was für ein Gedanke! Herrlich! Oh, Hauptmann, Sie sind eine
Romanfigur!«
    Stalacarro lächelte ihr zu.
    »Besten Dank! Ich hoffe, Sie nehmen mir
diesen Eingriff in die Intimsphäre nicht übel. Könnte ich auch Ihre Ansicht
hören, Signor Cigaglia?«
    Der Doktor straffte sich, als säße er
vor einem Angeklagten. »Ich kann versichern, Hauptmann Stalacarro«, sprach er
mit Würde, »im Namen von Frau Zirli wie in meinem, daß ein derartiger Plan
niemals erwogen wurde.«
    Stalacarro sah ihn an, nickte
ernsthaft. Er stand auf. »Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Erläuterungen,
Doktor Cigaglia. Auch Ihnen, gnädige Frau. Ich werde alles tun, um in dieser
unglücklichen Angelegenheit weiterzukommen.«
    Cigaglia nahm den Zylinder von den
Knien und erhob sich. Irmela schüttelte dem Hauptmann mit kräftigem Wedeln die
Hand. »Es war sehr interessant, Hauptmann. Wirklich eine Aufheiterung nach der
tristen Veranstaltung. Seien Sie

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