Die Botin des Koenigs reiter2
Wanda besiegt. Er hatte mit ansehen müssen, wie die Liga ihren Weg durch seine Legionen erzwungen und seine Großmagier irgendwie neutralisiert hatte.
Er hatte zugesehen, wie sie seine Offiziere geschlagen hatten – Lichant, Terandon und Varadgrim. Mirdhwell war von seinem eigenen Sohn getötet worden.
Alessandros hatte seine Kraft durch den Schwarzen Stern wachsen lassen.
Er hatte vorgehabt, das Schlachtfeld zu säubern, selbst wenn es bedeutet hätte, seine eigenen Legionen zu dezimieren. Ein und für alle Mal hatte er seine Kräfte auf eine Weise nutzen wollen, wie es einem Gott zustand.
War er denn nicht Gott selbst, der die Macht über Leben und Tod in Händen hielt?
Aber wieder hatte man ihm den Sieg entrissen. Irgendwie hatte diese Dämonin Ambriodhe es geschafft, König Santanara von Eletia unbemerkt in seine Nähe zu bringen. Santanara hatte ihm den Schwarzen Stern entrissen und ihn gegen ihn gewandt – er hatte nicht die Kunst eingesetzt, sondern den Stern wie eine gewöhnliche Waffe verwendet.
Tief war der Stern gefallen – ein Gegenstand von hinreißender Schönheit, Alessandros’ Meisterstück. Er war vom Himmel gestürzt, und eine seiner scharfen Spitzen hatte sich in Alessandros’ Brust gebohrt.
Scharfer Schmerz, dann Dunkelheit und Schlaf.
Der Wald lag einen Augenblick lang still und schweigend da, dann schien er zu explodieren.
Eine Flutwelle von Zorn raste durch die Bresche, brach den reparierten Teil auf und ließ mehr und tiefere Risse im Wall entstehen. Bäume barsten zu Splittern und töteten mehrere Soldaten in der Nähe.
Der Zorn fegte wie ein Unwetter durch den sacoridischen Wald, und alle Vegetation, die er berührte, verwelkte und verging.
Irgendwo auf dem Weg verschwand ein gesamtes Dorf, und der Bruchzweigfluss kehrte seine Richtung um. Schiffe aller Größe, von den kleinsten Fischerbooten bis zu schweren Handelsschiffen, kenterten auf hoher See.
In Sacor wurden Menschen, die sich auf dem Gewundenen Weg befanden, zu Stein.
In der Burg begann es zu schneien.
DAS GEDÄCHTNIS DES STEINS
Alton war körperlos und spürte weder Schmerz noch Krankheit, weder Hunger noch Durst. Er brauchte hier keine Nahrung.
Seine Seele und sein Bewusstsein drangen durch die Poren des Granits. Zuerst hatte er Angst, hier in diesem grauen Nichts gefangen zu sein, so reglos wie Stein, unfähig, sich zu bewegen oder frei zu schweben. Er hatte sich in Stein verwandelt, reglos und tot. Das Gefühl war so, als sei er lebendig begraben, in dem Wissen, dass es kein Entkommen gibt, noch während die Erde auf den Sarg geschaufelt wird.
Dann erklang Karigans beruhigende Stimme wieder und erinnerte ihn daran, sich zu entspannen, damit er tiefer gehen, eine andere Ebene seiner Existenz im Stein finden konnte. Er folgte ihrem Rat, und als er sich beruhigt hatte, spürte er, wie er zwischen schimmernden kristallinen Strukturen schwebte. Sie waren kompliziert und gleichzeitig vollkommen, der Stoff, aus dem die Sterne gemacht sind, wie die Wohnungen der Götter im Himmel.
Als er so durch den Stein floss und drang, bemerkte er das Gedächtnis des Steins. Jeder Block wusste von flüssigem Magma und eisigen Schichten und von der ersten Berührung der aufgehenden Sonne, die die Kälte der Nacht verscheuchte. Der Granit erinnerte sich an den kühlen Schatten des Waldes und das Tosen des aufgewühlten Meers. Er erinnerte sich
an den schmerzhaften Biss des Gefrierens und Tauens und an die Risse, die der Wechsel der Temperaturen bewirkte.
Der Stein erinnerte sich an Geschöpfe, die über ihn hinweghuschten, und daran, von Menschen gebrochen worden zu sein. Er hatte aus seiner langen Lebensspanne viele unwichtige Geschichten zu erzählen, Geschichten vom Verwittern und der Kälte scheinbar endloser Winter. Die Erinnerungen riefen keine Gefühle hervor, sie waren einfach da wie die Worte in einem Buch, aber im Stein selbst gefangen.
Diese Geschichten hallten in Alton wider, aber er musste sich losreißen, denn er befürchtete, dass auf diese Weise eine Million Jahre vergehen könnte, ohne dass er es bemerkte. Und schließlich hatte er hier etwas zu tun.
Er sank in eine noch tiefere Schicht des Bewussteins im Wall, und diesmal fand er Energien, die nicht zu dem eigentlichen Wesen des Steins passen wollten. Er war nicht die einzige Seele hier.
Ein Chor von Stimmen sang in Harmonie, und er kannte diese Stimmen, denn sie hatten ihn in seinen Träumen heimgesucht. Ihre Töne vibrierten durch sein Wesen, durch den
Weitere Kostenlose Bücher