Die Botin des Koenigs reiter2
sofortiges – und erfreuliches – Mitgefühl ein. Yates hängte ihr galant seine Jacke um, und Justin goss ihr noch eine Tasse Tee ein.
»Vergiss den Tee«, sagte sie. »Und gib mir diese Drachenschuppen. «
Justin nahm die Tüte vom Tisch und reichte sie ihr. Karigan verdrehte genießerisch die Augen, als sie in die Schokolade biss und die Cremefüllung ihr auf der Zunge schmolz. Meister Grantler, der beste Konditor der Stadt, war tatsächlich ein Könner.
Als Yates jedoch versuchte, ihre Füße warm zu reiben, hätte sie beinahe die Schokolade auf ihn gespuckt. Sie war schrecklich kitzlig.
»Hör auf! Hör auf!«, rief sie lachend, und Tränen liefen ihr über die Wangen.
Yates’ Grinsen war teuflisch. »Ich liebe es, eine Frau flehen zu hören.« Aber er ließ ihren Fuß los, denn er wollte sie nach diesem Morgen mit Drent nicht weiter quälen. Sie hatten selbstverständlich alle die Schauergeschichten über Drent gehört,
die Karigan ebenfalls kannte, aber sie hätten nie geglaubt, dass er sie so quälen würde, wo doch ihr Arm verletzt war. Karigan brauchte ihnen nicht einmal die blauen Flecken zum Beweis zu zeigen.
Osric kam zurück und verkündete mit großer Geste: »Euer Bad erwartet Euch, Mylady.«
Justin versetzte Yates einen Ellbogenstoß. »Hat er bei dir Unterricht genommen?«
Sie halfen ihr aus dem Sessel und gingen mit ihr den Flur entlang.
»Ich kann schon noch allein gehen«, sagte sie.
»Aber wir möchten dich eskortieren«, erwiderte Yates.
Und so schritt sie mit einem Reiter auf jeder Seite und Osric an der Spitze dieser kleinen Prozession zum Badezimmer, und nur Tegan blieb zurück und starrte weiter in den Regen hinaus.
Als sie das Badezimmer erreichten, warf Karigan einen Blick auf das dampfende Wasser, betrat das Zimmer und schloss die Tür vor den Nasen ihrer eifrigen Helfer.
»Aber Karigan«, rief Yates, »brauchst du nicht unsere Hilfe?«
»Ha!« Sie schob den Riegel vor und hörte ihre heiteren Proteste vor der Tür, während sie die nasse Kleidung auszog. Als sie in den Zuber sank, ließen sie sie in Frieden. Im heißen Wasser war sie sich nur noch ihrer wehen Muskeln bewusst, die sich jetzt ein wenig entspannten, und des Regens, der aufs Dach trommelte.
Ein Klopfen riss sie aus dem Halbschlaf. Sie ignorierte es und kehrte zu ihrem Traum zurück, in dem das Badewasser zu einem spiegelnden See wurde und Sternschnuppen Schnurrhaare in den Himmel zeichneten.
»Mhm …« Sie ließ sich tiefer ins Wasser sinken, sodass es
ihr bis ans Kinn reichte. In ihrem Traum schaute sie in den See, um ihr Spiegelbild zu sehen, aber es war nicht ihr Gesicht, das sie erblickte. Es war eine Frau mit löwenhaften Zügen und wildem hellbraunem Haar …
»Karigan«, sagte das Spiegelbild.
Das Klopfen wurde nachdrücklicher. Karigan öffnete die müden Augen. Das Spiegelbild war immer noch dort im Badewasser. »Karigan!«, sagte es mit Maras Stimme.
Sie keuchte und schlug ins Badewasser, sodass es über den Rand des Zubers spritzte. Mit laut klopfendem Herzen und nun hellwach erkannte sie, dass dieses Spiegelbild nur ein Überrest aus ihrem Traum gewesen war. Es musste so sein.
»Karigan, soll ich die Männer die Tür einschlagen lassen?« Eindeutig Mara.
»Was ist denn?«, fragte Karigan.
»Der Hauptmann hat ein paar Botengänge für dich.«
Karigan stöhnte. Das bedeutete, wieder hinaus in den Regen zu müssen. Sie seufzte und warf einen Blick auf den nassen Haufen schlammiger Kleidung, die sie auf den Boden geworfen hatte. Sie bat Mara, ihr trockene Sachen zu bringen, und dann stemmte sie sich aus dem Zuber. Sie hatte lange genug im Wasser gesessen, dass ihre Haut sich runzelte, aber das Bad hatte Wunder für ihre Muskeln gewirkt.
Als sie sich abgetrocknet hatte, war Mara auch schon mit der frischen Uniform da.
»Osric hat mir erzählt, dass Drent dich heute früh ordentlich getriezt hat«, sagte sie.
»Das tut er doch immer.«
Auf dem Weg nach draußen blieb Karigan noch einmal im Gemeinschaftsraum stehen. Justin und Yates saßen immer noch über das Spielbrett gebeugt – Justin hatte schon die Hälfte seiner Infanterie verloren. Osric war weg, und Tegan
saß nun in seinem Sessel und starrte mit trostloser Miene ins Feuer.
Karigan fragte sich, was mit ihr los war, als Garth triefnass zur Tür hereingestürzt kam. Das Haar klebte ihm am Kopf, und Regenwasser tropfte von seinem Kinn. Er schüttelte sich wie ein nasser Bär.
Dann strich er das Haar zurück und sah sich im
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